Tödliche Recherche
der Straße zum Schloß Burgau gesehen worden.“ Küpper blickte wieder betrübt zu Bahn. „Ich hab’s leider erst am Freitagabend erfahren.“ Er erklärte: „Wie Sie vielleicht wissen, wohnt meine Mutter im Altersheim an der Von-Aue-Straße. Sie war wach in der Nacht und hat aus dem Fenster geschaut. Sie hat gesehen, wie ein Mann alleine in Richtung Niederau ging. Ein Mitbewohner hat ihr dann später gesagt, gegen ein Uhr sei er durch lauten Lärm geweckt worden. Da seien zwei Männer grölend in Richtung Schloß gelaufen. Einer habe den anderen untergehakt“, schilderte Küpper seine Recherche.
Aber man wisse ja, wie die älteren Herrschaften sind, fügte der Bernhardiner mit einem gequälten Lächeln hinzu. „Man hört ihnen nicht oder zu spät zu oder glaubt ihnen nicht.“
„Das paßt doch genau“, meinte Bahn aufgeregt. Sein Puzzle war fertig geworden.
„Nach meiner Überzeugung ist die Sache so gelaufen: Nach der Pressekonferenz der SPD hat Walter versucht, Schramm zu bestechen. Zehntausend Mark hat er ihm geboten, wenn er positiv über ihn und die SPD schreibt. Schramm hat in seiner zurückhaltenden, redlichen Art den Bestechungsversuch sofort Taschen gemeldet. Taschen hat ihn daraufhin aus dem Spiel genommen. Aber nicht etwa, um der SPD zu zeigen, daß die Zeitung über alle Zweifel erhaben ist, und um Schramm aus der Schußlinie zu nehmen, sondern um sich selbst für das schmutzige Spiel Hofberichterstattung gegen Bares vorzuschlagen.“ Bahn blickte den Kommissar an, der verständnisvoll nickte.
„Schramm hat dann am Wahlabend gesehen, wie Walter Taschen das Schmiergeld überreichte. Am Montagmittag stellte er Taschen zur Rede. Schramm schlug vor, die Sache am Abend nach dem Redaktionsstammtisch zu besprechen. Er nahm Schramm mit nach Hause, füllte ihn dort mit Alkohol ab und brachte den Volltrunkenen statt zum Wagen zum Schloß Burgau. Ein leichter Schubser und das kalte Wasser tat den Rest.“
Bahn endete und schaute den Kommissar an. Er sah keinen Grund, Küpper über das Geschäft zwischen Thea und Kurreck aufzuklären.
„So wird es wohl gewesen sein“, bestätigte Küpper. „Aber wir werden es nicht beweisen können.“
Mit trüben Augen blickte er Bahn an. „Für läppische zehntausend Mark muß ein junger, aufrichtiger Mensch sterben. Das ist schlimm.“
Bahn ergänzte: „Es ist noch schlimmer. Für läppische zehntausend Mark tötet ein Journalist einen Kollegen, macht eine Schwangere zur Witwe und verkauft die Ehre eines ganzen Berufsstandes.“
Aber Taschen war schon immer raffgierig und hinter dem Geld her gewesen, sagte sich Bahn. Dem genügte nicht nur das beachtliche Informationshonorar des Expreß, er nahm auch noch die zehntausend Mark für seine Bestechung hemmungslos mit. Und selbst aus dem eigenen Tod machte Taschen ein Geschäft, dachte Bahn zynisch.
Denn bei einem Unfalltod zahlt das Presseversorgungswerk die doppelte Lebensversicherungssumme.
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