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Tödliche Saturnalien

Titel: Tödliche Saturnalien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts John Maddox
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die ganzen Bewohner? An der gestiegenen Geburtenrate konnte der Zuwachs jedenfalls nicht liegen, im Gegenteil, viele alte Familien starben aus Desinteresse aus. Die Fruchtbarkeit der Caecilii Metelli war eine ausgesprochene Ausnahme.
    Nein, Rom füllte sich mit Bauern vom Lande und freigelassenen Sklaven. Die Bauern, einst Rückgrat der Gesellschaft, waren bankrott und gezwungen, ihr Land zu verkaufen. Die riesigen, ineffizienten Plantagen, die mit der billigen Arbeitskraft von Sklaven bewirtschaftet wurden, waren ein weiteres Übel, das meine Klasse der Republik aufgebürdet hatte. Die Sklaven wiederum waren die Beute aus zahllosen Kriegen im Ausland. Die Unglückseligen, die auf den Plantagen oder in den Minen arbeiten mußten, schufteten sich zu Tode. Aber viele von ihnen wurden auch für weniger beschwerliche Dienste in Rom eingesetzt, und nur wenige blieben ihr Leben lang Sklave. Die meisten wurden irgendwann freigelassen, und binnen einer, höchstens zwei Generationen erhielten ihre Nachfahren die vollen Bürgerrechte.
    In einer Straße in der Nähe des Viehmarktes sah ich einen aufgeblasenen, wichtigtuerischen Senator samt seinem Gefolge von Klienten paradieren, von denen einige vorausgingen, um dem bedeutenden Mann den Weg zu bahnen. Insgesamt mußten es etwa hundert Personen sein, und auch das war ein Grund für die vielen Sklavenfreilassungen. Eine Möglichkeit, die eigene Bedeutung für alle Welt sichtbar zu dokumentieren, war das Vorzeigen einer großen Klientel, und freigelassene Sklaven wurden automatisch Klienten, gebunden an ihren früheren Herrn durch Dienst- und Anwesenheitspflicht. Wirklich reiche Männer hatten Tausende von Klienten. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, wußte ich zufällig, daß jener Senator (der namenlos bleiben soll, weil seine empfindlichen Nachfahren heute sehr mächtig und einflußreich sind) selbst der Enkel eines freigelassenen Sklaven war.
    Auf dem Viehmarkt selbst wanderte ich zwischen den Pferchen und Käfigen umher, wobei ich vorsichtig darauf achtete, wohin ich trat. Die Luft roch nach massenhaft eingepferchten Tieren und war erfüllt von Blöken, Bellen, Gackern und anderen Geräuschen. Trotz seines Namens wurden auf dem Forum Boarium mit Ausnahme von Opfertieren nur wenig Schweine verkauft. Dafür gab es eine durchaus reichhaltige Fauna von Eseln bis zu Tauben. Man konnte sie lebend oder schon geschlachtet kaufen.
    Neben Metzgern, Bauern und Viehhändlern boten noch zahlreiche andere Händler ihre Waren feil, aber ich war nicht zum Einkaufen hier. Auf dem Forum war mir aufgefallen, daß die Stände der Wahrsager verschwunden waren, zweifelsohne vertrieben von den Censoren oder Aedilen. Das geschah alle paar Jahre, aber sie sickerten immer wieder ein. In der Zwischenzeit mußten sie irgendwo anders ihre Buden aufschlagen, und der Viehmarkt war ein guter Ort, danach zu suchen. Doch ich fand keine.
    Dann beobachtete ich, wie ein Mann einem Ziegenhändler eine Strafpredigt hielt. Er trug wie ich die Tunika eines Senators, doch seine Toga war unverziert. Er hielt seine Hand auf, und der Händler gab ihm mürrisch ein paar Münzen. Da er offenbar Marktgebühren kassierte, mußte es sich um einen plebejischen Aedilen handeln, weil die curulischen Aedilen eine Toga mit purpurfarbenem Streifen trugen.
    »Verzeihung, Aedile«, sagte ich, hinter ihn tretend.
    Er drehte sich um, wobei sein Blick automatisch dem Streifen auf meiner Toga folgte. »Ja, Senator? Womit kann ich …« Im selben Moment erkannten wir einander. »Decius Caecilius! Seit wann bist du zurück?« Er streckte seine Hand aus, und ich ergriff sie, wobei es mir gelang, nicht mit den Zähnen zu knirschen. Es war Lucius Calpurmus Bestia, ein Mann, den ich verachtete.
    »Seit gestern. Dein neuer Rang steht dir, Lucius. Du hast abgenommen.«
    »Ein erbärmliches Amt. Ich habe nie Zeit zum Essen und muß von früh bis spät auf und in irgendwelchen Bauwerken herumklettern, um Übertretungen der Bauvorschriften aufzudecken. Aber es hält mich in Form. Außerdem ist das Amt ruinös, da die Höhe der staatlichen Auslagen vor ungefähr dreihundert Jahren festgelegt wurden und die Preise seither kräftig gestiegen sind. Die Differenz müssen wir aus der eigenen Tasche begleichen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß das Jahr bald vorüber ist.« Dann lachte er jovial. Offenbar hatte er keine Ahnung, wie sehr ich ihn verabscheute. »Wann wirst du als Aedile kandidieren, Decius?«
    »In etwa fünf

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