Tödliche Saturnalien
deutete mein Zögern als Zurückhaltung.
»Wenn du das für mich machst, kannst du von mir haben, was du willst, und als Tribun kann ich eine Menge für dich tun«, beschwor er mich. »Ehrungen, Berufungen, was immer du willst. Ich kann so etwas mühelos durch die Volksversammlungen bringen.«
»Für mich bedarf es keiner Bestechungen, damit ich der Wahrheit auf den Grund gehe«, erklärte ich schwülstig. Doch die Versuchung war groß, und vielleicht reagierte ich deshalb so hochnäsig.
Clodius wischte meinen Einwand mit einer Handbewegung beiseite. »Sicher, sicher. Aber du hättest doch bestimmt nichts gegen ein großzügiges Saturnalien-Geschenk einzuwenden, oder?« Dies war eine durchaus verbreitete Methode, eine Bestechung anzubieten.
Ich zuckte die Schultern. »Wer könnte dagegen etwas einzuwenden haben?« Ich möchte gern glauben, daß ich das nur sagte, weil ich wußte, daß ich den Raum nicht lebend verlassen würde, wenn ich nicht auf seinen Vorschlag einging. Es ist schon vorgekommen, daß Männer im Bad ertrunken sind.
»Das wäre also abgemacht«, erklärte er entschieden. »Gut. Du kannst sofort anfangen. Du mußt natürlich Clodia besuchen. Sie gibt heute abend ein Essen. Du bist eingeladen.«
»Das Ganze kommt ein wenig plötzlich«, sagte ich.
»Ich bin sehr beschäftigt und habe nur wenig Zeit. Und auch du wirst dich sicher nicht lange in Rom aufhalten, oder, Decius?« Der Tonfall, in dem er das sagte, ließ wenig Raum für Widerspruch.
»Nur, bis ich die Umstände von Celers Tod geklärt habe«, erwiderte ich.
»Ausgezeichnet, ausgezeichnet. Das soll natürlich nicht heißen, daß wir unsere Fehde wieder aufnehmen müssen, wenn diese unangenehme Angelegenheit bereinigt ist, aber um ganz offen zu sein, je weniger Freunde von Milo und Cicero sich während meines Tribunats in der Stadt aufhalten, desto glücklicher werde ich sein.« Er klopfte auf meine feuchte Schulter. »Wir sind schließlich Männer von Welt, stimmt’s? Wir wissen, wie Politik funktioniert. Bloß weil man in gewissen Punkten nicht einer Meinung ist, kann man doch in Fragen von gemeinsamem Interesse harmonisch zusammenarbeiten.« Wie alle professionellen Politiker konnte Clodius bei Bedarf ungeheuer charmant sein.
»Ist doch selbstverständlich«, murmelte ich.
»Genau.« Er spritzte sich Wasser ins Gesicht und über die Haare. »Cato und ich beispielsweise können uns nicht ausstehen. Aber im nächsten Jahr werde ich ihm einen äußerst wichtigen Posten anbieten, den ich keinem meiner Freunde anvertrauen würde.«
»Darf ich raten«, sagte ich, »es ist eine Aufgabe, die ihn von Rom fernhalten wird.«
Er grinste breit. »Es spricht doch nichts dagegen, mit einer politischen Maßnahme gleich zwei gute Taten zu vollbringen, oder?«
»Und um welchen Posten geht es?« fragte ich ernsthaft interessiert. Alles, was Clodius als Tribun vorhatte, würde auf die eine oder andere Weise auch meine Familie betreffen.
»Die Annexion von Cypern steht an. Ich werde Cato mit dem außerordentlichen Posten eines Quaestor pro praetore ausstatten, damit er die Abwicklung überwacht und dem Senat dann Rechenschaft ablegt, wobei seine Amtszeit so lange dauern soll, bis die Aufgabe seiner Meinung nach abgeschlossen ist.«
»Eine gute Wahl«, gab ich widerwillig zu. »Die Insel ist strategisch wichtig und wohlhabend. Für die meisten Männer wäre das eine Aufforderung zum Plündern, womit sie unter den Einheimischen jahrzehntelang für böses Blut sorgen würden. Aber Cato ist absolut unbestechlich, auch wenn ihn das nicht sympathischer macht. Er wird jedenfalls für eine korrekte Buchführung garantieren.«
»Genau mein Gedanke«, meinte Clodius.
»Aber eine Versöhnung mit Cicero ziehst du vermutlich nicht in Erwägung?«
Sein Lächeln erstarb, und für einen Moment blitzte der wahre Clodius auf. »Es gibt Dinge, die liegen jenseits jeglicher politischer Zweckmäßigkeit. Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, daß ich ihn ins Exil schicken will, und das werde ich auch tun.«
»Es ist dir doch klar, daß du Rom damit einer der fähigsten politischen und juristischen Köpfe beraubst?« wandte ich ein. »Cicero ist einer der kompetentesten Männer unserer Zeit.«
Clodius schnaubte. Vielleicht hatte er Wasser in die Nase bekommen. »Ach, Decius«, sagte er, »wie die meisten Adeligen lebst auch du in der Vergangenheit. Seit der Diktatur Sullas haben wir ein kurzes Wiederaufleben der alten Republik erlebt, aber das wird nicht
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