Tödliche Saturnalien
ursprüngliche Aufteilung erinnerte, hatte sie Celers Schlaf- und Arbeitszimmer für das jetzige Triclinium geopfert. Sofas und Kissen waren so luxuriös, wie ich sie in Rom noch nie gesehen hatte, nicht einmal in Lucullus’ Villa.
»Alle Achtung, Clodia«, bemerkte ich, »es ist zwar nicht ganz so königlich wie Ptolemaios’ Palast, aber es kommt ihm recht nahe.«
Einige der Gäste bewunderten die Wandgemälde. Sie waren in einem Stil gehalten, der gerade in Mode kam: reich verzierte Säulen auf schwarzem Hintergrund, die seltsam dürr, länglich und gestreckt aussahen. Hier und da ragten kleine Plattformen heraus, auf denen Blumentöpfe und Fruchtschalen standen, die ähnlich länglich wirkten. Alle Säulen hatten manierierte Kapitelle in Form von aufeinander gestapelten Kugeln und herabhängenden Kegeln, was vermutlich verspielt aussehen sollte, auf mich jedoch vage desorientierend und irreal wirkte wie der Anblick von etwas halb Vertrautem, an das man sich nicht mehr genau erinnern kann.
»Decius, hast du den Tribun Publius Vatinius schon kennengelernt?« Sie führte mich zu einem großen, soldatischen Typ, der aussah, als würde er mit dem größten Vergnügen auch die widerwärtigsten Befehle seiner Vorgesetzten ausführen.
»Es ist mir stets eine Freude, einen weiteren Caecilius Metellus kennenzulernen«, sagte er, auf die Allgegenwart meiner weitverzweigten Familie in Rom anspielend.
»Tribun Vatinius war dafür verantwortlich, daß man Caesar das außergewöhnliche prokonsularische Kommando in Gallien übertragen hat«, schwärmte Clodia. Wenn es etwas gab, das sie noch mehr liebte als Luxus, dann war es Machtpolitik.
»Eine in der Tat ungewöhnliche Maßnahme, die Situation in Gallien in den Griff zu bekommen«, bemerkte ich.
»Eine längst überfällige Reform«, behauptete Vatinius.
»Reform? Meinst du, daß wir so etwas jetzt öfter zu sehen bekommen?«
»Natürlich. Wir müssen aufhören, so zu tun, als lebten wir noch in den Zeiten unserer Vorfahren«, erwiderte Vatinius. »Wir haben ein riesiges, weltumspannendes Imperium, aber wir regieren, als ob Rom noch immer ein kleiner italischer Stadtstaat wäre. Ein jährlicher Amtswechsel ist geradezu absurd! Sobald der Amtsinhaber seine Aufgabe oder das Territorium, das er verwalten soll, wirklich kennengelernt hat, ist seine Amtszeit auch schon wieder abgelaufen.«
»Wer würde denn ein Amt wie Quaestor oder Aedile länger als ein Jahr ausüben wollen?« wandte ich ein.
Vatinius grinste. »Da hast du allerdings recht. Nein, ich dachte mehr an die Ämter mit Imperium: Praetor und Konsul, vor allem jedoch Propraetor und Prokonsul. Eine einjährige Amtszeit zur Verwaltung einer Provinz mochte ja noch angehen in Zeiten, als unsere Besitztümer nur ein paar Tagesmärsche von Rom entfernt lagen, aber jetzt ist diese Regelung völlig veraltet. Man braucht allein Wochen, wenn nicht Monate, um die zugeteilte Provinz zu erreichen. Und wenn man sich gerade zurechtfindet, muß man schon wieder abreisen.«
»Meistens wird das Kommando doch für ein weiteres Jahr verlängert«, sagte ich.
»Aber man weiß es nie sicher!« entgegnete er leicht erhitzt. »Und wenn man für ein anderes Amt kandidieren will, muß man alles stehen und liegen lassen und nach Rom zurückeilen, selbst wenn man sich mitten in einem Krieg befindet. Die neue Verfahrensweise ist deutlich besser. Caesar geht nach Gallien mit dem Wissen, daß er fünf Jahre Zeit hat, die Lage zu sondieren und zu einer befriedigenden Lösung zu bringen. Außerdem hat er das Imperium über beide Gallien und Illyricum, so daß er sich, wenn er die Barbaren in die Flucht schlägt, nicht erst mit einem anderen Prokonsul ins Benehmen setzen muß.« Eine der Vorschriften eines Promagistrats besagte, daß das Imperium eines Statthalters nur in der ihm zugeteilten Provinz galt. Wenn er versuchte, es außerhalb seines Amtsbereichs anzuwenden, drohte ihm eine Anklage wegen Hochverrat.
»Eine wohlüberlegte politische Maßnahme«, gab ich zu.
»Glaub mir, so wird es in Zukunft nur noch geregelt werden«, versicherte er. »Außerdem brauchen wir Gesetze, die es einem amtierenden Promagistraten erlauben, auch in Abwesenheit für ein Amt zu kandidieren. Wenn ein Legat anstelle eines Magistraten eine Provinz regieren oder eine Armee befehligen kann, warum sollte er dann nicht in der Lage sein, zu Hause eine Wahlkampagne zu leiten?«
Seine Argumentation klang durchaus vernünftig. Unser altes republikanisches
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