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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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Geologenkongress nicht wie geplant
hatte stattfinden können.

8
     
    Als Eva viele Jahre später ihrer
Kollegin Marianne die Geschichte dieses nächtlichen Intermezzos am Brenner schilderte,
schüttelte diese den Kopf: »Gegen dich ist Alex hoffentlich nie gewalttätig geworden?«
    »Zum Glück
nicht. Nein, das hätte ich nicht zugelassen. Ich hätte ihn sofort verlassen.«
    »Hoffentlich.
Hat er sich bei dir entschuldigt für seinen jähzornigen Ausbruch?«
    »Nein, er
hoffte, ich würde die ganze Sache vergessen. Oder kennst du viele Männer, die sich
entschuldigen können? Den meisten fällt es schwer, einen Fehler zuzugeben.«
    »Das stimmt«,
räumte Marianne ein, »trotzdem verstehe ich dich nicht. Ich hätte es keinen einzigen
Tag mit Alex, diesem Tyrannen, ausgehalten. Du bist doch sonst nicht so schüchtern
und nachgiebig?«
    »Ehrlich
gesagt, ich habe heute auch Mühe, mich zu verstehen. Ich muss immer noch sehr verliebt
gewesen sein, und irgendwie glaubte ich, ich müsste das alles ertragen und durchhalten,
und Alex würde wieder ›normal‹. Seine Nerven, die körperliche Anstrengung in der
Wüste, irgendwelche Probleme aus der Kindheit … Er hatte immer gute Entschuldigungen,
die ich blauäugig glaubte. Andererseits wirkt das Beispiel unserer Mütter bis heute
unbewusst nach: auf einen Mann eingehen, sich an die zweite Stelle setzen, Geduld
und Verständnis aufbringen. Das haben sie uns vorgelebt; die Väter standen in unserer
Kindheit im Mittelpunkt. Oder war das bei euch nicht auch so? Meine Mutter jedenfalls
hat immer Rücksicht auf meinen Vater genommen. Allerdings war er zum Glück nicht
ein Typ wie Alex, er hat seine Macht nie ausgenützt, er blieb ein Gentleman. Ich
musste mich zuerst mühsam von diesem Muster befreien, das hat Jahre, Jahrzehnte
gedauert.«
    »Ich bin
das Gegenteil von dir«, erklärte Marianne. »Ich bin eine Egoistin und erwarte, dass
ein Mann sich auf mich einstellt – nicht umgekehrt. Zugegeben, vielleicht
habe ich deswegen nie einen Lebenspartner gefunden, bin Single und werde dies wahrscheinlich
bleiben. Bist du nach dieser schrecklichen Nacht Alex gegenüber zumindest kritischer
geworden?«, wollte sie wissen.
    »Ein wenig,
ja, aber was nützte es mir?«, erwiderte Eva. »Jedenfalls fühlte ich mich manchmal
stärker als Alex, ich hatte fast ein bisschen Mitleid mit ihm, wenn er sich so kindlich
oder kindisch benahm. Ich musste solche Erlebnisse verdrängen, sonst wäre mir der
Sommer mit ihm verdorben worden – oder ich hätte es aufgeben müssen, an uns als
Paar zu glauben. Wer gibt schon gern eine Liebe auf, von der man geglaubt hat, sie
müsste lange, vielleicht ein Leben lang, dauern?«
     
    Marianne – ja wer ist Marianne?
Sie taucht hier erneut auf als eine Nebenfigur, und es ist Zeit, sie vorzustellen.
Eine spätere Arbeitskollegin von Eva, einige Jahre älter als sie, erfahrener, immer
gut gekleidet, von Kopf bis Fuß gepflegt, mit rötlichem Lockenkopf und schönen,
dunklen Augen. Marianne hatte ein ständiges Problem: ihre etwas üppige Figur, die
nicht zeitgemäß war, die aber zu ihr passte. Sie kämpfte gegen ihr Gewicht, machte
eine Diät nach der anderen und ließ es dann wieder für eine Weile bleiben, denn
sie aß gern gut und mochte ein Glas Wein. Von Wein verstand sie viel.
    Mit Männern
hatte sie große Enttäuschungen erlebt, denn sie bevorzugte erfolgreiche Männer mit
Geld, die ihr teure Geschenke machten – und so waren ihre besten Jahre vergangen,
und sie lebte nach wie vor allein und behauptete längst, sie könnte sich nicht mehr
an einen Mann gewöhnen. Mit einem Partner zusammenleben, die vollen Aschenbecher
und schmutzigen Socken, die Unordnung im Badezimmer, die ewigen Sportsendungen im
Fernsehen – das alles würde sie nicht ertragen.
    Marianne
war großzügig und hatte viel Herz. Sie vergaß keinen Geburtstag ihrer Kolleginnen
und Kollegen, machte allen kleine, sorgfältig ausgewählte Geschenke, schrieb liebevolle
Kärtchen mit ernst gemeinten Wünschen und hörte sich auch die täglichen Sorgen der
Putzfrau an. In ihrem Büro standen immer Blumen, Blumen gehörten zu ihr, und man
konnte ihr keine größere Freude machen als mit einem Strauß Tulpen oder einer Rose.
    Und da Eva
und Marianne Überstunden abzubauen hatten, beschlossen sie Mitte der 70er-Jahre
spontan, zusammen einige Tage nach Südtirol zu fahren, mit dem Auto.
     
    Alex überredete die italienischen
Bekannten nach der Rückkehr aus Prag zu einer Besteigung der

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