Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)
Baronesse,
mehrere Romane und ein Kriminalroman, der ein großer Erfolg wurde. Sie muss eine
faszinierende, originelle Frau gewesen sein, vielseitig und witzig wie ihr Vater.
Beliebt geworden sind etwas frivole Aphorismen von ihr wie: »Ein Mann ohne Fehler
ist kein Mann. Eine Frau ohne Fehler ist langweilig.« Oder: »Die Liebe verändert
die Menschen. Männer werden verrückt, Frauen werden normal.«
Sie starb
1997 in Engelberg, ihrer Wahlheimat.
Eva hätte Felicitas von Reznicek
theoretisch begegnen können, denn einmal – Anfang der 70er Jahre – fuhr sie im Januar
für eine Woche Skiferien nach Engelberg, allein. Warum hatte sie ausgerechnet diesen
Ort gewählt? Sie hätte ebenso gut ins Engadin oder ins Berner Oberland fahren können.
An einem
kalten Sonntag kam sie im Dorf an, das sich weitläufig in der Talmulde erstreckte.
Oben im Dorf fand sie das Hotel, in dem sie ein Einzelzimmer gebucht hatte, und
erhielt an der Réception den Schlüssel. Warum sahen Prospekte immer so attraktiv
aus? Ihr Zimmer mit dem abgewetzten Teppich voller Brandflecken war eng und schäbig,
der Spiegel im Bad gesprungen, sodass ihr Gesicht darin aussah, als wäre es mit
Laubflecken übersät, und die Zentralheizung rauschte viel zu laut, übertönte aber
dafür die Geräusche im Nebenzimmer.
Vom Fenster
aus blickte Eva direkt zum Eingangstor des Benediktinerklosters gegenüber, und dahinter
erhoben sich die eindrucksvollen Felswände des Hahnen, der auch Engelberg heißt,
wie sie erfuhr. Im Kloster, ging ihr durch den Kopf, wäre sie als Gast vermutlich
besser aufgehoben gewesen, hätte sich dort mehr zuhause gefühlt.
Das Skischulbüro,
wo sie sich für einen Kurs anmelden wollte, war sonntags geschlossen, und so spazierte
sie der Straße nach weiter, aus dem Dorf hinaus. Auf dem steinhart gefrorenen Schnee
glitt sie mehrmals aus. Endlich gelangte sie zu einem Übungshang mit einem kleinen
Skilift, Anziehungspunkt unzähliger Familien mit Kindern. Sie sah dem fröhlichen
Treiben, etwas abseits stehend, eine Weile zu, wie durch eine Glasscheibe vom Leben
getrennt. Die Sonne schien bereits nicht mehr, und die Kälte drang durch die Kleider.
Eva stapfte zurück ins Dorf, um sich irgendwo aufzuwärmen. Einmal lag sie plötzlich
der Länge nach auf dem Boden, selber erschrocken über den Sturz, stand rasch wieder
auf, schüttelte den Schnee vom Mantel und schaute verstohlen um sich, aber niemand
schien die Szene beobachtet zu haben.
Das Kloster
lag still da, eine Oase der Ruhe mit Park und Kapelle mitten im Sportbetrieb und
Sonntagsverkehr.
In einem
Café setzte sie sich an einen Tisch mit zwei Familien samt Kindern und wärmte die
eiskalten Finger an einer Tasse Kaffee. Überall müde, quengelnde Kinder, genervte
Väter, erschöpfte Mütter und einige verliebte Pärchen, die nach und nach aufbrachen
und heimfuhren. Eine Stunde später schien das Dorf wie ausgestorben.
Pünktlich
fand sich Eva zum Essen im Speisesaal des Hotels ein. Man führte sie zu einem Einzeltisch.
Nebenan löffelte ein Gast bereits einsam seine Suppe. Hinten im Saal am Fenster
hatte man einige Ehepaare platziert, Schweizer und Engländer. Die junge Frau des
Hoteliers servierte, assistiert von einer älteren Ausländerin. Das Essen war ausgezeichnet
und reichlich, nur verging Eva der Appetit in der fast peinlichen Stille des halbleeren
Saales. Man wagte kaum zu kauen, und die Ehepaare unterhielten sich nur im Flüsterton.
Wenn die Hotelierfrau zwischen den Tischen und der Anrichte hin- und herging, klapperten
ihre Holzsandalen fast unanständig laut auf dem Parkett. Einen Moment hatte Eva
das Verlangen, aufzustehen und zu schreien: »He, Leute, was ist denn los mit euch?
Was hat euch die Sprache verschlagen? Schmeckt euch die Suppe nicht? Prost und guten
Appetit!« Leider duckte sie sich, schwieg, würgte das Essen hinunter.
Und so sollte
das nun eine ganze Woche weitergehen?
Eva kam
sich vor wie in einem Sanatorium für Schwerkranke. Eine Woche Ferien im berüchtigten
Januarloch, allein in den Bergen, in der Kälte – wie hielt man das aus? Vielleicht
besser als mit jemandem, den man nicht mochte, überlegte sie und musste über sich
lachen. Schon wieder hatte sie sich aus lauter Sentimentalität und in Erinnerung
an glückliche Skiferien in der Kindheit schwelgend auf … Berge eingelassen, anstatt
die Finger endgültig davon zu lassen und ans Meer zu reisen.
Tagsüber
ging sie in einen Skikurs für Fortgeschrittene, so gab es zumindest jeden
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