Tödliche SMS (German Edition)
Silkes Eltern darüber gesprochen. Aber ich verspreche Ihnen, es in den nächsten Tagen zu tun. Muss sie sowieso besuchen, schon wegen der Beerdigung.“
„Eilt ja nicht.“
„Trotzdem! Aber ich war die letzten zwei Tage mit Kistenpacken beschäftigt“, entschuldigte sie sich.
„Kein Problem. Lassen Sie sich Zeit. Ich ziehe ja erst Ende November ein.“
Er schnappte sich ein Stück Pizza, biss hinein. „Hat die Polizei die Untersuchungen beendet?“
„Warum?“
„Weil Sie von der Beerdigung sprachen. Das geht doch nur, wenn die Leiche freigegeben wurde.“
„Ach, das meinen Sie. Ja, diese Untersuchungen sind abgeschlossen. Zum Glück“, fügte sie hinzu.
„Weiß man wenigstens schon, wer es war?“
Andrea schüttelte den Kopf. „Nein, nichts.“
„Das Problem ist wahrscheinlich, dass so viele Irre in der Gegend herumlaufen. Man muss nur einmal an einem Sonntag die Zeitung aufschlagen. Mord und Totschlag, wo man hinschaut.“ Er schüttelte den Kopf. „Lauter Narrische!“
War das nicht der Mann, der erst kürzlich davon gesprochen hatte, dass solche Grausamkeiten normalerweise nur in Amerika passierten?
„Wahrscheinlich haben Sie recht“, pflichtete ihm Andrea bei.
„So, jetzt muss ich aber wieder an meine Arbeit. Das hier ist für mich ja erledigt. Hat mich gefreut, Sie getroffen zu haben.“ Er gab ihr die Hand, machte eine leichte Verbeugung. „Wenn ich kann, schau ich am Nachmittag noch mal vorbei. Nur interessehalber.“
„Ja, tun Sie das!“
Gegen sechs Uhr hatte Britta Drehschluss angeordnet. Michael Kogler war nicht mehr vorbeigekommen.
„Hey, hast du Lust essen zu gehen?“ Andrea wirbelte herum. Die Frage kam von Britta, die dicht hinter sie getreten war. Andrea hatte gerade Chris im Gespräch mit seinem Assistenten vor der Linse gehabt und Britta nicht bemerkt.
„Würde mich freuen, dann können wir endlich plaudern. Hast ja viel erlebt in den letzten Tagen.“
Obwohl ihr nicht danach war, Chris auch noch in ihrer Freizeit zu treffen, sagte Andrea zu.
Gegen sieben brachen sie alle gemeinsam auf. Die Kameras, Lichtkoffer und Schminksets waren in den großen Transportern der BELLA Film verstaut worden und wurden von einem Fahrer ins Studio gebracht, der sie am nächsten Morgen wiederrechtzeitig am Set abliefern würde. Als sie auf den Fleischmarkt hinaustraten, roch die Luft wieder nach Schnee. Dichte Wolken standen am Himmel. Würde es heute Nacht schneien?
Andrea beschloss zu Fuß zu gehen, die anderen fuhren mit ihren Autos oder der U-Bahn bis zum Stephansplatz. Aber sie genoss den einsamen Spaziergang an der frischen Luft. Es war ja nicht allzu weit. Die Geschäfte sperrten gerade zu, die Hektik in den Straßen ließ nach, die Menschen fuhren nach Hause und Touristen suchten ihre Hotels oder Restaurants auf.
Sie fand das Lokal mit Hilfe des Stadtplans, den sie immer bei sich trug. Das Gasthaus lag etwas versteckt in einem Durchgang zwischen Naglergasse und Wallnerstraße und hatte vorn einen Platz, der im Sommer als Gastgarten genutzt wurde. Chris hatte es ausgewählt, weil es in diesem Lokal gutes Essen und verschiedene Biersorten gab. Chris mochte keinen Wein, ungewöhnlich für einen geborenen Wiener.
Die Gaststube war düster und voll. Dunkle Tische in einem überfüllten Raum mit zahlreichen Ecken und Nischen. Das Publikum war jung. Ein starker Küchenduft nach traditionellen Wiener Speisen hing in der Luft. Als sie sich nach Britta umsah, bemerkte sie Chris, der die Crew in eine einigermaßen ruhige Ecke am Ende des verwinkelten Raums dirigierte.
Andrea ging auf die Meute zu und nahm neben Britta Platz. Chris bedachte sie mit einem bösartigen Blick. Eine Kellnerin, Anfang dreißig, kam, warf eine gemurmelte Begrüßung in die Runde, teilte währenddessen Speisekarten aus und nahm Getränkebestellungen auf.
Erst als sie das Wasser, die Biere und den Wein zufriedenstellend aufgeteilt hatte, nahm sie einen kleinen Block aus ihrer Schürzentasche und fragte: „Und zum Essen?“
Andrea bestellte Eiernockerln mit Salat. Das hatte sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen. Der Großteil derMannschaft wählte Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln. Filmarbeit war anstrengend und machte hungrig.
Während sie aßen, redete die gesamte Crew aufgeregt durcheinander. Es ging, wie sollte es anders sein, um Einstellungen, Schauspieler und geizige Produzenten. Allmählich lernte Andrea den gesamten Stab kennen. Sie war überrascht, dass sie außer Britta und
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