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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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sich, auf dem Platz erfahren sie Unterstützung. Die Leute werden etwas Nettes sagen und ihnen etwas Essen abgeben, wenn sie es entbehren können. Ich frage mich, ob der Bäcker sie besucht und sein Versprechen gehalten hat, dass meine Schwester immer etwas im Bauch haben soll, zumal Peeta und ich jetzt ja ein Team bilden.
    Es dürfte mittlerweile ziemlich hoch hergehen in Distrikt 12. So spät haben wir äußerst selten noch jemanden im Rennen, den wir anfeuern können. Umso mehr werden die Leute wegen Peeta und mir aus dem Häuschen sein - gleich zwei Tribute, und dann auch noch zusammen! Wenn ich die Augen schließe, kann ich mir vorstellen, wie sie vor den Bildschirmen sitzen und uns anfeuern. Ich sehe ihre Gesichter - Greasy Sae und Madge und selbst die Friedenswächter, die mein Fleisch kaufen -, wie sie uns bejubeln.
    Und Gale. Ich kenne ihn. Er ruft und jubelt nicht. Aber er schaut zu, die ganze Zeit, bei jeder Wendung, und will, dass ich zurückkomme. Ich frage mich, ob er sich das auch für Peeta wünscht. Gale und ich sind kein Paar, aber was wäre, wenn ich ihm diese Tür öffnen würde? Warum hat er davon gesprochen, dass wir zusammen durchbrennen könnten? Einfach nur, um unsere Überlebenschancen fern der Heimat praktisch zu erwägen? Oder steckte mehr dahinter?
    Ich frage mich, wie er die vielen Küsse verdaut.
    Durch eine Ritze zwischen den Steinen sehe ich dem Mond auf seiner Bahn über den Himmel zu. Ungefähr drei Stunden vor Tagesanbruch beginne ich mit den abschließenden Vorbereitungen. Ich sorge dafür, dass Peeta Wasser und das Erste-Hilfe-Set neben sich vorfindet. Etwas anderes braucht er nicht, falls ich nicht zurückkehre, und selbst das würde sein Leben nur um kurze Zeit verlängern. Ich schwanke eine Weile, dann ziehe ich ihm die Jacke aus und streife sie über. Er braucht sie nicht. Nicht bei dem Fieber im Schlafsack, und wenn ich tagsüber nicht da bin, um sie ihm auszuziehen, wird er darin geschmort. Da meine Hände schon steif vor Kälte sind, nehme ich Rues Ersatzsocken, schneide Löcher für die Finger hinein und ziehe sie an. Sie helfen immerhin. Ich packe etwas Essen, eine Wasserflasche und Mullbinden in ihren kleinen Beutel, stecke das Messer in den Gürtel und schnappe mir Pfeil und Bogen. Ich bin schon fast auf dem Weg, als mir einfällt, wie wichtig es ist, das tragische Liebespaar zu spielen. Ich beuge mich über Peeta und gebe ihm einen langen, sehnsüchtigen Kuss. Ich stelle mir die tränenfeuchten Seufzer im Kapitol vor und tue so, als würde ich selbst eine Träne fortwischen. Dann quetsche ich mich durch die Öffnung im Gesteinshaufen hinaus in die Nacht.
    Mein Atem bildet weiße Wölkchen in der Luft. Es ist so kalt wie zu Hause im November, wie in jener Nacht, als ich mich mit einer Laterne in der Hand in den Wald stahl und mich am verabredeten Ort mit Gale traf. Dann saßen wir aneinandergeschmiegt da, nippten Kräutertee aus in Stoff gewickelten Metallflaschen und hofften, dass im Morgengrauen Wild vorbeikäme.
Ach Gale,
denke ich.
Wenn du mir jetzt nur helfen könntest.
    Ich laufe, so schnell ich es wage. Die Brille ist beachtlich, doch ich vermisse immer noch schmerzlich mein linkes Gehör. Ich weiß nicht, was die Explosion angerichtet hat, aber sie muss irgendetwas ganz tief und irreparabel geschädigt haben. Egal. Falls ich nach Hause komme, werde ich so stinkreich sein, dass ich jemanden bezahlen kann, der für mich hört.
    Nachts wirkt der Wald immer anders. Alles ist eigenartig verzerrt, sogar mit Brille. Als wären die Bäume, Blumen und Steine des Tages schlafen gegangen und hätten eine unheilvolle Version ihrer selbst als Platzhalter geschickt. Ich vermeide jede Komplikation, probiere keine neuen Wege aus. Ich folge dem Bach zurück stromaufwärts und dann dem gleichen Weg zurück zu Rues Versteck am See. Nirgendwo deutet etwas auf andere Tribute hin, keine Atemwolke, kein Zittern eines Zweigs. Entweder treffe ich als Erste ein oder die anderen haben sich schon gestern Abend postiert. Es ist noch mehr als eine Stunde hin, vielleicht sogar zwei, als ich ins Unterholz krieche und darauf warte, dass das Blutbad beginnt.
    Ich kaue ein paar Minzeblätter, viel mehr verträgt mein Magen nicht. Gott sei Dank habe ich zu meiner noch Peetas Jacke. Sonst müsste ich nämlich hin und her laufen, um mich warm zu halten. Der Himmel färbt sich neblig grau, und von den anderen Tributen ist immer noch nichts zu sehen. Das ist eigentlich nicht überraschend. Sie haben

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