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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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seine Gewissensbisse verschwanden.
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie Hesters Lippen sich verzogen. Sie hatte seine Miene richtig gedeutet und wusste genau, was in ihm vorgegangen war. Er brummte etwas Unverständliches und bat noch um ein wenig Pflaumenpudding. Falls die Sache sich als zu schwierig erwies oder er die Antwort fand und sie zu schrecklich war, würde er es Martha verschweigen; denn es war besser, mit einem Geheimnis zu leben, das ihrer Phantasie und ihrer Hoffnung Raum ließ.
    Er würde es auch Hester nicht sagen. Sie verstand sich nicht besonders gut darauf, etwas zu verbergen.
    Er nahm noch eine Tasse Tee, dankte den beiden Frauen und verabschiedete sich dann. Ihm blieben noch zwei Tage, um etwas über Zillah Lambert herauszufinden. Danach würde Rathbone seine Niederlage eingestehen müssen, und er könnte mit der Suche nach den beiden missgebildeten Kindern von Samuel Jackson beginnen.
    Zuerst hatte er nicht gewusst, wo er bei Zillah anfangen sollte. Es war vollkommen lächerlich, in der Kürze der ihm verbliebenen Zeit noch etwas in Erfahrung bringen zu wollen. Dann musste er wieder an Mr. Burnhams Bericht über Barton Lambert denken und an den Aristokraten, der die Festhalle bauen lassen und Prinz Albert widmen wollte. Anscheinend hatte Mylords Sohn eine Zuneigung zu Zillah gefasst, und sie hatte sich zumindest für eine Weile auch zu ihm hingezogen gefühlt. Falls es je einen Fehltritt gegeben haben sollte, könnte er durchaus in dieser Richtung liegen.
    Es war nicht einfach, Unterlagen über das geplante Gebäude oder das Ende dieses Projekts zu finden. Er wurde mehrmals abgewiesen, und als er endlich herausfand, was er wissen musste, hatte er mit so vielen Personen gesprochen, dass Lambert einfach von seinen Nachforschungen erfahren musste.
    Was er fand, waren Gerüchte, Klatsch und nur wenige Tatsachen, aber sie hatte in der Tat geradezu unerhört mit Lord Tainbridges ältestem Sohn geflirtet. Möglich, dass die Sache die Grenzen des Schicklichen überschritten hatte, aber niemand wagte zu behaupten, sie habe vielleicht sogar ihre Unschuld verloren.
    Monk konnte nur Vermutungen anstellen, und möglicherweise war Zillah keine Jungfrau mehr. Aber schließlich war das eine rein private Angelegenheit…. sofern man ihr überhaupt Bedeutung beimessen konnte.
    Zu guter Letzt blieb ihm nichts anders übrig, als zu Rathbone zu gehen und einzugestehen, dass er nichts Konkretes in der Hand hatte als Vermutungen. Er grübelte über das Thema Ehe und Schönheit nach und welche Maßstäbe die Gesellschaft an die Tugenden einer Frau anlegte und welche Wertvorstellungen für sie selbst galten.
    Er schob die Hände in die Taschen und überquerte die belebte Straße, indem er sich zwischen Kutschen, Fuhrwerken, einem mit Teppichen beladenen Wagen und einem Kohlenkarren hindurch schlängelte, bevor er auf der anderen Seite auf den Gehsteig trat. Unbewusst beschleunigte er seinen Schritt.
    Als er zu Rathbones Wohnung kam, ließ der Lakai ihn ein.
    Rathbone stand vor dem verlöschenden Feuer und war im Begriff, sich für die Nacht zurückzuziehe n. Er sah müde und unglücklich aus. In seinen Augen flackerte für einen Moment die Hoffnung auf, als Monk eintrat, dann kehrte rasch die Niedergeschlagenheit zurück.
    »Es tut mir Leid«, sagte Monk aufrichtig. Er hatte sich so sehr gewünscht, mit guten Neuigkeiten aufwarten zu können, nicht nur um seiner eigenen Eitelkeit willen, sondern auch für Rathbone und sogar für Melville.
    »Nichts?«, fragte Rathbone.
    »Sie könnte eine Affäre mit Lord Tainbridges Sohn gehabt haben, aber dafür gibt es keine Beweise, nur Spekulationen. Sie könnten damit drohen, etwas Derartiges in der Öffentlichkeit anzudeuten, aber ich bezweifle, dass Sie da mehr erreichen würden, als die Geschworenen vor den Kopf zu stoßen - und Sacheverall dürfte das sehr wohl wissen.
    Rathbone stand am Feuer und starrte in die langsam verglimmenden Flammen. »Ich glaube nicht, dass das viel nutzen würde. Melville ist ruiniert. Sie haben die Zeitung noch nicht gelesen, oder?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    »Nein. Warum?« Monk wurde flau im Magen. »Warum?«, wiederholte er und trat ebenfalls an den Kamin.
    Ohne ihn anzusehen, erzählte Rathbone ihm von Isaac Wolff und von Sacheveralls Beweisen gegen ihn.
    Monk hörte ihm schweigend zu. Es hätte ihn nicht überraschen dürfen, denn diese Dinge hätte er selbst in Erfahrung bringen können. Wenn er es herausgefunden hätte,

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