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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Sur rey Docks… gestern Abend. Sie werden heute mit der Nachmittagsflut auslaufen!«
    »Das Schiff?«, fragte Monk scharf. »Welches Schiff? Sagen Sie bloß nicht, Sie wüssten es nicht! Ich schlage Ihnen die Zähne ein.«
    »Die S-Summer Rose!«, stammelte der Mann. »So wahr mir Gott helfe!«
    Monk ließ ihn los, und er rutschte langsam zu Boden, wo er schluchzend und nach Luft ringend liegen blieb. Monk drehte sich um und stürzte aus dem Raum, rannte quer über den nassen Hof und durch die Gasse. Er hatte noch ungefähr anderthalb Stunden Zeit, bevor die Flut kam. Er hätte sich gern anständige Sachen angezogen und etwas mehr Geld von zu Hause geholt, aber dafür war jetzt keine Zeit mehr.
    Er blieb auf dem schmalen Gehsteig stehen. Es begann zu regnen. Sollte er sich nach rechts oder nach links wenden? Wo war die nächste Durchgangsstraße, auf der er einen Hansom anhalten konnte? Würde er bei dem Regen überhaupt einen finden? Er hatte nur noch sehr wenig Geld bei sich, nicht genug, um jemanden zu bestechen. Es waren zu Fuß gut drei Meilen bis zum Hafen, die Umwege nicht eingerechnet. Aber so viel Zeit hatte er nicht, auch wenn er den ganzen Weg rannte, denn er musste am Hafen noch nach dem Schiff Ausschau halten und dort nach zwei verängstigten Mädchen suchen, die vielleicht gefesselt unter Deck saßen.
    Er wandte sich dem Fluss zu und lief die nächste Gasse hinunter, bis er zu einer breiteren Straße kam. Dort fuhren Rollwagen und Lastkarren und eine einzige geschlossene Kutsche. Ein Hansom war weit und breit nicht zu sehen.
    Er fluchte und rannte weiter.
    Vielleicht würde er auf der Upper Thames Street, der dem Wasser am nächsten gelegenen Straße, eine Droschke finden. Es war zu weit! Er musste sich beeilen. Eine Kutsche würde einen Umweg um den Tower von London machen müssen.
    Er stand am Straßenrand, winkte und rief. Niemand hielt an. Die Wagen fuhren gemächlich in dem immer heftiger werdenden Regen vorbei und spritzten unvorsichtige Fußgänger nass. Monk rannte Richtung Osten. Das Queenhithe Dock lag direkt vor ihm. Auf der rechten Seite befanden sich die Stew Lane Stairs.
    Eine lange Kette von Lastkähnen schob sich langsam flussabwärts.
    Lastkähne! Auf dem Fluss!
    Er lief über die Straße, stieß mit einem Obstkarren zusammen und rappelte sich, von wütenden Flüchen etlicher Fußgänger bedacht, mit einiger Mühe wieder auf. Er rief ihnen über die Schulter hinweg eine Entschuldigung zu und jagte dann den Dowgate Hill hinunter und durch die schmale Abkürzung über die Treppe. Gerade als er die unterste Stufe erreicht hatte, fuhr der letzte Kahn vorbei. Er schrie, fuchtelte mit beiden Armen und bedeutete den Männern an Bord, das Tempo zu drosseln. Dann rannte er los und setzte zum Sprung an. Er schaffte es nur mit knapper Not. Ohne die verzweifelten Bemühungen des Kahnführers wäre er in das eisige Wasser gestürzt. Aber auch so war er von der Taille abwärts tropfnass geworden und zitterte vor Kälte, als der Mann ihn an Deck zog.
    »Was zum Teufel soll denn das bedeuten?«, verlangte der Kahnführer zu wissen.
    »Ich muss unbedingt das S-Surrey D-Dock erreichen!«, stotterte Monk, vor Kälte zitternd. »Vor dem Gezeitenwechsel…«
    »Sie haben Ihr Schiff verpasst, wie?«, fragte der Mann lachend. »Sie werden von Glück sagen können, wenn die Sie überhaupt noch mitnehmen. Wo sind Sie denn versumpft? In ‘nem Hurenhaus oben in Devil’s Acre? Herrgott, Sie sehen ja furchtbar aus! Welches Schiff müssen Sie denn kriegen?«
    »Die S-Summer R-Rose !« Monk stellte fest, dass er sein Zittern nicht unter Kontrolle bekam.
    »Den alten Pott! Da wären Sie aber besser dran gewesen, wenn Sie den verpasst hätten, glauben Sie mir!« Der Kahnführer beugte sich vor und stieß den schweren Staken energisch ins Wasser.
    Monk dachte einen Moment darüber nach, ob er dem Mann die Wahrheit sagen sollte. Vielleicht würde er ihm helfen… vielleicht würde ihn das Ganze aber auch einen feuchten Kehricht scheren. Möglicherweise verdiente er sich ja selbst mit solchen Geschäften etwas nebenbei.
    Sie kamen unter der London Bridge durch.
    Er war es leid zu lügen. »Sie haben zwei junge Mädchen an Bord, um sie in Frankreich zu verkaufen oder wo auch immer man sie von dort aus hinschickt.«
    Der Kahnführer sah ihn neugierig an und versuchte, in seinen Zügen zu lesen.
    »Ach ja? Und was gehen die Sie an?«
    »Ihr Vater ist gestorben, und ihre Mutter hat sie im Stich gelassen. Sie sind entstellt

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