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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sich wieder halb der Galerie zu, als habe er sich zum Sprecher der Zuschauer dort gemacht.
    McKeever seufzte. Er sah Sacheverall voller Abneigung an.
    »Ja, das wissen Sie zweifellos«, sagte er leise. »Aber dies ist eine Gerichtsverhandlung, Mr. Sacheverall, und nicht der Ort für öffentliche Spekulationen und Klatsch.« Er sah Rathbone an.
    »Ich bedaure, Sir Oliver, aber so leidenschaftlich Ihr Plädoyer ist, vor dem Gesetz ist es kein Argument. Wenn Mr. Sacheveralls Mandantin diese Art der Befragung weiterzuverfolgen wünscht, muss ich es gestatten.«
    Rathbone fuhr herum, um Barton Lambert anzusehen, der zusammen mit seiner Frau nicht weit hinter Sacheverall saß. Delphine Lamberts hübsches Gesicht verriet absolute Entschlossenheit. Zuvor, als sie ganz Charme und Eleganz gewesen war, war ihm nicht klar geworden, welche innere Stärke sie besaß. Er war überzeugt davon, in ihr die treibende Kraft hinter diesem Prozess sehen zu können. Sie war es, die wusste, welcher Schaden ihrer Tochter zugefügt würde, wenn sich herumsprach, dass ein junger Mann, der in sie verliebt gewesen war, das Verlöbnis in letzter Sekunde gelöst hatte. Barton Lambert mochte vielleicht Mitleid mit Melville haben. Delphine ganz gewiss nicht.
    Rathbone kehrte zu seinem Platz zurück und machte sich auf das Schlimmste gefasst.
    Und es kam. Sacheverall fragte den Major nach seiner Adresse, und er nannte dasselbe elegante Gebäude, in dem Isaac Wolff wohnte. Er fragte ihn, zu welcher Tages oder Abendzeit die Besuche Killian Melvilles erfolgt seien, soweit er sich daran erinnern konnte. Er fragte, was Melville getragen, wie er aufgetreten sei und wie er sich verhalten habe. Er nötigte den Major zu beschreiben, wie Wolff Melville an der Tür empfangen hatte und kam auch auf die augenfällige Freude zu sprechen, mit der die beiden einander zu begrüßen pflegten. Alle Fragen waren so geschickt formuliert, dass Rathbone keinerlei Einwände erheben konnte. Mehrfach fing er McKeevers Blick auf und sah dessen Widerwillen, aber der Richter war seinerseits fest entschlossen, dem Gesetz Genüge zu tun.
    Als Sacheverall eine Stunde später fertig war und sich mit einem einladenden Lächeln zu Rathbone umwandte, hatte er bewiesen, dass die Begegnungen der beiden Männer einem immer gleichen Muster folgten und dass sie sich regelmäßig über mehrere Stunden erstreckten. Er konnte und wollte nicht mutmaßen, was in Wolffs Wohnung geschah, nachdem sich die Tür geschlossen hatte, aber die Röte seiner Wangen, seine offenkundige Verlegenheit und sein wachsender Ärger machten seine Gedanken transparent.
    Rathbone erhob sich, innerlich aufgewühlt. Er hatte sich selten einem Fall so wenig gewachsen gefühlt, ebenso wie er kaum je auf einen Gegner so wütend gewesen war. Er hatte oft hart gekämpft und häufiger verloren, als ihm lieb war, aber aus besseren Gründen und gegen würdigere Gegner.
    Er verachtete Wyston Sacheverall, nicht deshalb, weil ihm ein leichter Sieg in den Schoß fallen würde, sondern weil der Mann etwas Obszönes an sich hatte, das ihn anwiderte.
    »Major Hillman«, begann er höflich und trat vor den Zeugenstand. »Ich bin überzeugt, Sie wären in dieser Angelegenheit lieber nicht hierher gekommen, und ich würde Sie nicht bedrängen, wenn es nicht absolut wichtig wäre.«
    »Vielen Dank, Sir«, antwortete der Major steif. Er wusste nicht, was er von Rathbone halten sollte, und die Zweifel standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Sind Sie mit Mr. Wolff bekannt? Unterhalten Sie sich mit ihm, wenn Sie sich im Treppenhaus oder auf dem Flur begegnen?«
    »Ja - ja, jedenfalls habe ich das bis jetzt getan.« Hillman war offensichtlich verwirrt.
    »Aber irgendetwas hat jetzt Ihre Meinung geändert?«, hakte Rathbone scheinbar hilfsbereit nach. »Etwas, das heute gesagt wurde?«
    Hillmann wirkte unglücklich. Er stand mit durchgedrückten Schultern und steifem Rücken da, den Blick starr geradeaus gerichtet, als sei er noch beim Militär.
    »Vielleicht kann ich es Ihnen sagen?«, erbot Rathbone sich.
    »Mr. Sacheverall hat eine Beziehung angedeutet, die durch und durch ungehörig wäre, und das würde Ihnen widerstreben?«
    »Das will ich meinen, Sir! Das will ich meinen…« Hillmans Stimme zitterte vor Erregung.
    »Zutiefst widerstreben?«
    Hillmann schürzte die Lippen. »Zutiefst.«
    Sacheverall beugte sich mit einem schiefen Lächeln über den Tisch.
    Die Geschworenen hörten Rathbone wie gebannt zu.
    Melville hatte den

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