Tödliche Therapie
in
Ihren Händen. Wohin soll's gehen?“
Ich gab ihm die Richtung an. Rawlings fuhr schnell,
aber sicher. Ich entspannte mich etwas. Während der Fahrt gab ich ihm eine
Zusammenfassung dessen, was ich über Consuelos Behandlung und den Mord an
Malcolm herausgefunden hatte.
Er schwieg eine Weile und dachte offensichtlich
nach, dann sagte er fröhlich: „Ich vergebe Ihnen. Wenn Sir mir das alles schon
am Mittwoch erzählt hätten, wäre ich der Meinung gewesen, Sie machten viel
Wind um nichts. Ich bin immer noch nicht völlig überzeugt, aber wie die beiden
Typen davongeflitzt sind, das war durchaus verdächtig. Kennen Sie jemanden, der
einen Pontiac Fiero fährt? Seit einiger Zeit hat sich uns ein Wagen dieses
Typs an die Fersen geheftet.“
Ich blickte um. „Oh, das ist Murray. Er hat uns wahrscheinlich
davonfahren sehen und will das Ende der Geschichte nicht versäumen.“
Rawlings bog in die Straße ein, die zu Peters Haus
führte. Peters Maxima war in der Einfahrt geparkt, dahinter ein dunkelgrauer
neuer Mercedes. Quietschend kam Murray hinter uns zum Stehen. „Was, zum Teufel,
soll das bedeuten, Warshawski, mich einfach links liegenzulassen, wenn's
spannend wird?“ schrie er mich ärgerlich an und knallte die Autotür zu.
Ich schüttelte den Kopf. Es war zu kompliziert, um
es ihm in drei oder noch weniger Sätzen zu erklären.
Rawlings stand neben der Wagentür. „Hören Sie auf
damit, Ryerson. Ihre verletzten Gefühle sind im Augenblick nicht wichtig.“
Während wir aufs Haus zuliefen, kam Peppy
angerannt, ihr Schwanz wedelte in der Sommersonne wie eine goldene Fahne. Sie
erkannte mich und bellte freudig, machte kehrt und holte einen Tennisball. Sie
hatte mich eingeholt, als wir an der Hintertür anlangten. Ihre ungetrübte
Lebensfreude schnürte mir einen Moment lang die Kehle zu; ich mußte blinzeln,
streichelte sie und sagte ihr, sie solle draußen bleiben. Rawlings und Murray
folgten mir schweigend ins Haus. Wir betraten die Küche, in der alle möglichen
elektronischen Geräte jungfräulich glänzten. Wir schlichen über den Boden aus
italienischen Kacheln in das gespenstisch ruhige Eßzimmer, an schweren dunklen
Holzstühlen und modernen Plastiken vorbei in den Flur, der zu Peters
Arbeitszimmer führte. Die Tür war geschlossen. Rawlings machte eine
Kopfbewegung auf die Mauer neben der Tür, und ich bezog dort Stellung. Er stieß
die Tür auf und ging an der Wand auf der anderen Seite neben der Tür in
Deckung.
Ich hatte die Smith & Wesson schußbereit in der
Hand und folgte Rawlings ins Zimmer. Als nicht geschossen wurde, kam uns Murray
nach.
Peter saß an seinem Schreibtisch, ebenfalls eine
Smith & Wesson in der Hand. Sie zielte auf Humphries, der in einem
Lehnstuhl vor ihm saß. Peter blickte kurz auf, als wir eintraten, bewegte aber
den Revolver keinen Zentimeter. Sein Gesicht war aschfahl und verzerrt. Er schien
nicht erstaunt über unser überraschendes Auftauchen - er befand sich in einem
Zustand jenseits von Schock und Überraschung. „Oh, Vic, du bist es.“
„Ja, Peter, ich bin's. Das ist Detective Rawlings
von der Chicagoer Polizei. Und das ist Murray Ryerson vom Herald Star. Wir
möchten mit dir über Malcolm Tregiere reden.“
Er lächelte kurz. „Wirklich, Vic? Das freut mich.
Ich spreche gern über ihn. Er war ein guter Arzt. Er wäre zu dem geworden,
was ich hätte sein können - Lotty Herschels Vorzeigestudent in Perinatalogie,
Heiler der Kranken, Beschützer der Armen und Rechtlosen.“
„Halt den Mund, Peter“, fuhr Humphries scharf dazwischen.
„Du bist völlig außer dir.“
„Wenn dem so ist, Alan, fühle ich mich dabei
ausgesprochen wohl. Weißt du, Geld ist nicht alles im Leben. Aber wahrscheinlich
weißt du es nicht. Als Tregiere im Krankenhaus erschien, wußte ich, daß das
Spiel aus war. Er erfaßte mit einem Blick, was wir getan hatten und was nicht.
Aber er war zu höflich, um etwas zu sagen, legte los und tat sein Bestes für
das Kind und das Mädchen. Natürlich war es schon zu spät.“
Peter sprach wie in Trance. Ich warf einen Blick
auf Rawings, aber der war ein viel zu gerissener Polizist, als daß er ein
Geständnis unterbrochen hätte.
„Ich wußte, daß er Dr. Herschel Bericht erstatten
würde, deshalb ging ich zu Alan, um ihm mitzuteilen, daß wir einigen
Schwierigkeiten würden ins Auge sehen müssen. Aber das sollte Alan nicht, nicht
wahr, alter Junge? Natürlich nicht. Damit die zukünftigen Kapitalströme nicht
unterbrochen würden
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