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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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und einen Himbeerkuchen für mich. Als sie zurückkam,
hatte ich meinen Kuchen bereits gegessen und überlegte, ob ich mir nicht auch
noch ihre Torte genehmigen sollte.
    „Klingt plausibel, daß sie den Bericht gesondert
weggeschlossen haben. Aber mir ist etwas eingefallen. Wenn die Akte noch im
Archiv ist, wirst du sie wahrscheinlich nicht finden.“
    „Wieso? Sind sie nicht alphabetisch geordnet?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Die meisten Krankenhäuser
ordnen die Patientenakten nach Nummern. Jeder Patient erhält bei der Aufnahme
eine Nummer. Die letzten beiden Zahlen sind entscheidend, danach werden die
Akten sortiert. Wenn du Consuelos Nummer nicht weißt, wirst du ihre Akte nicht
finden, außer du würdest alle Akten durchgehen, und das würde Wochen dauern.“
    „Wie werden die Nummern zugeteilt? Nach dem Zufallsprinzip
durch den Computer? Dann muß ich das System knacken, um ihre Nummer
herauszufinden. Dazu würde ich länger brauchen, als wenn ich alle Akten
durchginge.“
    Sie nickte. „Ich kenne dich, Vic. Du denkst an
etwas.“
    „Danke Lotty. In meinem derzeitigen Zustand der
Ratlosigkeit bin ich für jeden Zuspruch dankbar.“
    Wir zahlten und fuhren ins Beth Israel. Dank Lotty
konnte ich zu Mr. Contreras, obwohl die Besuchszeit längst vorbei war. Er saß
mit dick verbundenem Kopf aufrecht im Bett und sah sich ein Baseballspiel an.
Bei meinem Anblick hellte sich „eine Miene auf, und er schaltete das Gerät aus.
    „Eine Freude Sie zu sehen, Mädchen. Wie geht's
Ihnen? Ich bin ein ziemlicher Versager, nicht wahr? Sie haben sich auf mich
verlassen, und ich hab's vermasselt. Das hätte auch diese Flasche von Arzt
geschafft, mit der Sie sich angefreundet hab en.“
    Ich ging an sein Bett und gab ihm einen Kuß. „Sie
sind kein Versager. Ich mache mir schwere Vorwürfe, weil ich zugelassen labe,
daß man Ihnen ein Loch in den Kopf schlägt. Bevor Sie in Rente gingen, muß man
Ihnen noch einen Schädel aus rostfreiem Stahl eingesetzt haben, sonst hätten
Sie nicht innerhalb von vierzehn Tagen zwei Schläge auf den Kopf einstecken
können, ohne mit der Wimper zu zucken.“
    Er strahlte übers ganze Gesicht. „Das war nichts im
Vergleich zum Streik von 1958, als man Streikbrecher auf uns letzte. Damals
hatte ich eine Gehirnerschütterung, drei gebrochene Rippen und ein gebrochenes
Bein. Clara war sich sicher, laß sie endlich meine Lebensversicherung kassieren
könnte.“
    Sein Gesicht umwölkte sich. „Ich frage Sie, wie
konnte eine Frau wie Clara ein Kind wie Ruthie auf die Welt bringen? Sie war
die beste Frau, der ich je begegnet bin, und jetzt habe ich diese unglaublich
sauertöpfische und zänkische Tochter. Sie will mich dazu zwingen, bei ihr zu
leben. Behauptet, ich bin nicht in der Lage, für mich selbst zu sorgen und will
jetzt eine gerichtliche Verfügung oder so was erwirken. Oder dieser Joe
Marcano, dieser Waschlappen von Mann, den sie geheiratet hat, soll das für sie
erledigen. Wenn man alt ist, behandeln sie einen wie ein kleines Kind.“
    Ich mußte lächeln. „Vielleicht können Dr. Herschel
und ich Ihnen helfen. Wenn Sie jemand brauchen, der sich eine Weile um Sie
kümmert, dann kommen Sie mit zu mir. Vorausgesetzt, Sie stören sich nicht an
dem schmutzigen Geschirr.“
    „Ich kann das Geschirr für Sie spülen. Als Clara
noch lebte, hab ich im Haushalt keinen Finger krumm gemacht. Hab immer
gedacht, das ist Weibersache. Aber jetzt mach ich das sogar gern, offen
gestanden. Ich koche gern und bin, wie Sie wissen, ein guter Koch.“
    Zwei Schwestern kamen herein, um ihn zu überreden,
endlich zu schlafen. Daß sie zu zweit kamen, war ein Zeichen dafür, daß er zu
den beliebteren Patienten gehörte - Schwestern halten sich immer länger bei den
netten Patienten auf, und wer könnte ihnen das verübeln? Sie machten ihre Spaße
mit ihm, baten ihn zu schlafen, nicht nur zu seinem eigenen Besten, sondern
damit auch die anderen Patienten auf der Station endlich zur Ruhe kämen. Ich
verabschiedete mich, sah noch kurz bei Lotty auf der Neugeborenenstation vorbei
und fuhr nach Hause.
    Vorsichtig schlich ich die Treppe zu meiner Wohnung
hinauf, den Revolver in der Hand. Aber niemand fiel über mich her, die Wohnung
war unverändert. Ich ging ins Bett und hoffte, daß Lottys Vertrauen in mich
gerechtfertigt wäre und mir im Schlaf eine durchschlagende Idee einfallen
würde. Ob meine Hoffnung erfüllt wurde, muß im dunkeln bleiben, denn bevor ich
langsam aufwachen und mich an meine Träume

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