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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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erinnern konnte, klingelte schrill
das Telefon. Ich griff nach dem Hörer und blickte dabei automatisch auf den
Wecker: halb sieben. Ich sollte diesen Sommer wohl mehr Sonnenaufgänge miterleben
dürfen als in den letzten zehn Jahren zusammengenommen.
    „Ms. Warshawski. Habe ich Sie aufgeweckt?“ Es war
Detective Rawlings.
    „Sie haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, von
wem ich lieber geweckt würde, Detective.“
    „Ich bin ganz in Ihrer Nähe und würde gern einen
Augenblick vorbeikommen. Aber ich dachte, ich rufe besser vorher an.“
    „Und deswegen sind Sie die ganze Nacht
aufgeblieben?“
    „Ich war den Großteil der Nacht über auf, aber
nicht nur wegen Ihnen. Sie stehen ziemlich am Schluß meiner Liste.“
    Ich wankte in die Küche und stellte Kaffeewasser
auf, zog Jeans und ein T-Shirt an, und weil schließlich die Polizei ins Haus
kam, auch einen BH. Als Rawlings eintraf, sah man ihm deutlich an, daß er nicht
viel geschlafen hatte. Sein schwarzes Gesicht war grau vor Erschöpfung, und er
trug noch das zerknitterte Hemd vom Vortag.
    Ich zog die Augenbrauen in die Höhe. „Sie sehen
nicht gerade wie das blühende Leben aus. Kaffee?“
    „Nur wenn Sie mir versprechen, daß Sie die Tasse
gründlich gespült haben.“ Er ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Wo waren sie
letzte Nacht zwischen dreiundzwanzig und ein Uhr?“
    „Diese Art von Fragen ist mir die liebste. Sich
ohne besonderen Grund rechtfertigen zu müssen.“ Ich ging zum Kühlschrank, um
etwas Eßbares zu suchen, fand aber nur ein Glas - mit verschimmelten
Blaubeeren, die ich in den Abfall warf.
    „Warshawski, ich weiß, wie Sie mit Lieutenant
Mallory umgehen. Sie spielen den Clown, und er wird rot und spuckt große Töne.
Dazu fehlt mir die Geduld. Und erst recht die Zeit.“
    „Sie wissen gar nichts. Bei der Polizei bekommt ihr
nur schlechte Manieren. Ihr seid so daran gewöhnt, daß die Leute vor euch
zittern und auf alles antworten, wonach ihr sie fragt, laß ihr vergeßt, daß ihr
kein Recht habt zu fragen oder zumindest kein Recht zu fragen, ohne einen Grund
dafür zu nennen. Und wenn euch jemand über den Weg läuft, der seine Rechte :etwas
besser kennt, werdet ihr sauer. Ich werde Ihnen bereitwillig sagen, wo ich
letzte Nacht war, wenn Sie mir einen legitimen Grund nennen können, warum Sie
das interessiert. Im Moment kann ich mir nur vorstellen, daß Sie meinem Ex-Mann
dabei helfen, mich zu verleumden. Oder Sie haben sich in mich verknallt und
sind eifersüchtig.“
    Er schloß die Augen und rieb sich die Stirn, bevor
er einen Schluck Kaffee trank. „Fabiano Hernandez wurde letzte Nacht erschossen.
Der Gerichtsmediziner ist der Meinung, daß es zwischen elf Uhr abends und ein
Uhr früh gewesen sein muß. Ich frage alle, von denen ich weiß, daß sie auf
Kriegsfuß mit dem Idioten standen, wo sie gewesen sind. Also, wo waren Sie?“
    „Eine Bandenfehde?“
    Er zuckte die Achseln. „Kann sein, aber ich glaube
nicht. Sieht nicht danach aus. Er wurde aus nächster Nähe erschossen, als er
diese Kneipe verließ, in der er sich immer rumgetrieben hat - El Gallo.
Jemand, der ihn kannte. Könnte Sergio gewesen sein. Wir haben ihn festgenommen.
Könnten die Brüder des toten Mädchens gewesen sein. Wir sprechen mit ihnen.
Sie haben sich auch nicht besonders gut mit ihm verstanden. Ich möchte wissen,
ob Sie es waren.“
    „Ich geb's zu. In meiner Wut, weil er meine gute
Freundin Dr. Herschel angezeigt hat, habe ich ihn erschossen in der Hoffnung,
daß seine Familie nicht weiß, daß der Prozeß zur Erbschaft gehört und daß sie
ihn auch ohne Fabiano betreiben kann.“

„Machen Sie sich nur lustig, Warshawski. Jemand hat
sich ins Fäustchen gelacht, während wir die ganze Nacht auf waren. Das könnten
Sie gewesen sein. Wenn ich ernstlich annehmen würde, daß Sie ihn erschossen
haben, würde ich im Revier mit Ihnen reden, nicht hier in Ihrer Küche und ohne
Zeugen. Der Kaffee ist übrigens sehr gut.“
    „Danke. Wiener Mischung. Ich war hier und habe
geschlafen. Ein beschissenes Alibi, weil ich allein war. Niemand hat
angerufen.“
    „Sie gehen mit den Hühnern schlafen und stehen mit
ihnen auf? Paßt nicht zu Ihrem Charakter.“
    „Normalerweise nicht. Aber aufgrund des Stresses
der letzten Tage habe ich ein gewisses Schlafdefizit. Ich kam um halb zehn
nach Hause und habe geschlafen, bis Sie mich anriefen.“
    „Sie haben eine Waffe. Welches Fabrikat?“
    „Smith & Wesson, neun Millimeter,
Halbautomatik.“
    Er sah mich

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