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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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Schublade. Ich
holte tief Luft und schlug sie auf. Ich erwartete die Dokumentation eines
Dramas oder Lottys gestohlene Unterlagen, statt dessen belegten ein paar
windige Blätter Consuelos Aufnahme im Krankenhaus: weibliche Patientin
mexikanischer Herkunft, Alter sechzehn, aufgenommen am 29.Juli, bewußtlos und
mit Wehen... Dann folgten medizinische Fachausdrücke, mit denen ich nichts
anfangen konnte. Es waren drei maschinengeschriebene Blätter, anscheinend nach
Peters Diktat und von ihm datiert und unterzeichnet.
    Ich hielt die Akte stirnrunzelnd in der Hand.
Irgendwie hatte ich mehr erwartet. Ich ging ins Vorzimmer zurück und kopierte
die Akte und die Unterlagen über das Krankenhaus.
    Als ich die drei Blätter über Consuelo in die
Aktenmappe zurücklegen wollte, entdeckte ich an der Innenseite der Mappe einen
kleinen Zettel mit der Aufschrift „Notiz von“, in diesem Fall Alan Humphries.
Es stand lediglich eine Telefonnummer darauf, kein Name, keine Adresse, keine
Vorwahlnummer; demnach mußte es ein Chicagoer Anschluß sein. Ich kopierte den
Zettel, legte alles an seinen Platz zurück, schaltete das Kopiergerät und das
Licht aus und machte mich auf den Rückweg.
    An der Korridortür blieb ich einen Augenblick lang
stehen und horchte, ob jemand auf der anderen Seite stand, dann schlüpfte ich
hinaus. Zwei in ein Gespräch vertiefte Schwestern kamen mir entgegen. Sie
nahmen keine Notiz von mir. Ich ging den Gang entlang Richtung
Entbindungsstation. Es war immer möglich, daß Peter bei einer nächtlichen
Geburt assistieren mußte. Lieber auf Nummer Sicher gehen. Ich rief von einem
Telefon in einem Wartezimmer bei ihm zu Hause an. Er meldete sich sofort. Ich
legte auf, ohne etwas zu sagen.
    Ich war nie in seinem Büro gewesen, wußte aber aus
seinen Erzählungen, daß es in der Nähe der Kreißsäle im zweiten Stock liegen
mußte. Ich fand ein Treppenhaus, das hinaufführte. Der Korridor war nur
schwach beleuchtet, ein großes Kopiergerät stand an der Wand. Die vierte Tür
führte in Peters Büro. Es war eine Glastür mit seinem Namen und seinem Titel:
Chefarzt der Entbindungsstation. Ich schloß sie auf und trat ein. Wie bei
Humphries' Büro kam als erstes ein kleines Zimmer für die Sekretärin, nur daß
hier alles in bunten Farben gehalten war und chaotisch aussah. An der Wand
hingen Fotos von strahlenden Müttern und ihren Neugeborenen. Auf einem Poster
flog ein Storch über das Krankenhaus und verkündete, daß es keinen besseren Ort
auf der Welt gäbe, um ein Kind auf die Welt zu bringen.
    Neben dem Schreibtisch der Sekretärin, der mit
Akten überhäuft war, hingen Schlüssel an der Wand. Einer war für „Dr.
Burgoynes Büro“, ein anderer für den Kopierer. An einer Wand standen wie immer
Aktenschränke. Ich warf ihnen einen feindseligen Blick zu, nahm Peters
Zimmerschlüssel und schloß die Tür auf. An der Schwelle endete der
Linoleumboden und das Parkett begann, aber Peters Büro war längst nicht so
opulent eingerichtet wie Humphries'. Ein moderner Schreibtisch, auf dem
ebenfalls Stapel von Akten lagen; davor ein paar schlichte Stühle für
Patienten, dahinter ein gewöhnlicher Drehstuhl. Ein großes Foto seines Hundes
war der einzige persönliche Gegenstand in diesem Zimmer.
    Ich zog wieder die Gummihandschuhe an und
durchsuchte schnell die Akten auf seinem Schreibtisch. Keine enthielt irgendwelche
Hinweise auf Consuelo. Als nächstes machte ich mich an die Schubladen. Peter
schien alles aufzuheben - Erinnerungen an die Babys, denen er auf die Welt
geholfen hatte, Korrespondenzen mit der Pharmaindustrie, Mahnungen seiner
Kreditkartenfirma. In einer Akte, die mit „Persönlich“ überschrieben war, fand
ich seinen vor fünf Jahren unterzeichneten Arbeitsvertrag. Die
Vertragsbedingungen waren erstaunlich - kein Wunder, daß er das Friendship dem
Beth Israel vorzog. Ich legte ihn beiseite, um ihn später zu fotokopieren.
    In der untersten Schublade fand ich seinen Bericht
über Consuelo. Er war handgeschrieben, nahezu unleserlich. Auch als ich ihn
endlich entziffert hatte, wurde ich nicht klug daraus. Die ersten Zeilen
lauteten:
    14.30 Dr. Abercrombie gerufen
    15.00 Beginn der intravenösen Verabreichung von
Mg.sulf.
    Weiter unten war die Geburtszeit des Babys
dokumentiert, die Bemühungen, es wiederzubeleben, sein Tod um 18.10. Dann
Consuelos Tod am nächsten Morgen um halb sechs.
    Ich runzelte die Stirn. Lotty würde es verstehen.
Dann überlegte ich hin und her, ob es besser wäre, das

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