Toedliche Traeume
doch etwas sagen müssen, dann seien Sie gefälligst nicht so schroff und geben nichts von sich, was ihn ängstigen könnte.«
»Warum gehst du nicht auch ins Bett?«, fragte Michael, als er sich zu ihr umdrehte und sie im Sessel sitzen sah. »Ich krieg bestimmt keine Alpträume.«
Seine Augen schimmerten in der Dunkelheit, und sein Körper wirkte steif unter der Decke. Gott, nach allem, was er an dem Tag durchgemacht hatte, wäre es ein Wunder, wenn er die ganze Nacht ruhig schlafen würde, dachte Sophie. Zuerst die Explosion und dann die Aufregung, als Jock ihn überredet hatte, mit ihm nach Schottland zu fliegen. Sophie konnte es immer noch kaum glauben, dass er sich schließlich einverstanden erklärt hatte. »Ich bin nicht müde, mein Schatz, schlaf du nur.«
Einen Moment lang sagte er nichts. »Du machst dir Sorgen, weil wir den Monitor nicht dabeihaben. Und jetzt willst du die ganze Nacht da im Sessel sitzen bleiben und auf mich aufpassen.«
»Es ist ja nur für eine Nacht. Jock hat mir versichert, dass MacDuff einen Monitor besorgt, bis ihr im Schloss eintrefft.«
»Aber das nützt dir heute Nacht nichts. Ich sollte lieber wach bleiben, ich mach dir dauernd das Leben schwer.«
»Du machst mir nicht – Ja, ich weiß, du hast Probleme, aber die haben wir alle.«
»Aber nicht jeder hat solche wie ich.« Er schwieg einen Moment. »Bin ich verrückt, Mom?«
»Nein, du bist nicht verrückt. Wie kommst du denn auf die Idee?«
»Weil ich nicht verhindern kann, dass ich träume. Ich versuch’s und versuch’s die ganze Zeit, aber ich schaff’s nicht.«
»Es würde dir bestimmt helfen, wenn du über deine Träume reden würdest.« Sie beugte sich vor und nahm seine Hand. »Schließ mich nicht aus, Michael. Lass mich dir helfen, gegen die Träume zu kämpfen.«
Er schüttelte den Kopf, und sie spürte, wie er sich zurückzog. »Es wird schon gutgehen. Jetzt, wo ich weiß, dass Grandpa nicht verrückt war, geht es mir schon besser. Oder dass er verrückt war, aber dass es nicht seine Schuld war. Ich hatte immer Angst – Ich hab das einfach nicht verstanden. Grandpa hatte mich lieb, das weiß ich ganz genau.«
»Ja, ich weiß das auch.«
»Aber ich hab einfach nicht verstanden, wie das passieren konnte.«
»Um das zu verstehen, hättest du ein Einstein sein müssen. Ich habe Monate gebraucht, um es zu begreifen, und ich wusste sehr viel mehr als du.«
Er schwieg eine Weile. »Ich weiß ja, dass dieser Sanborne bestraft werden muss, aber ich will nicht, dass du hierbleibst. Ich will nicht, dass du es tust. Er wird dir weh tun.«
»Michael, darüber haben wir doch schon ausführlich gesprochen.«
»Er wird dir weh tun.«
»Das werde ich nicht zulassen. Er wird weder dir noch mir etwas zuleide tun. Und er muss bestraft werden, da hast du recht. Solange er frei herumläuft, werden wir beide niemals in Sicherheit sein.« Solange er lebte, fügte sie in Gedanken hinzu. »Du vertraust Jock doch, oder?«
»Ja.«
»Und er hat dir versichert, dass mir nichts passieren wird. Und dass Royd mich beschützen wird.«
Michael nickte. »Und er war bei den SEALs.«
Gott sei Dank, dachte Sophie. Diesen Teil von Royds Vergangenheit hatte Michael sich besonders gut gemerkt. »Es wird also alles gut werden.«
»Ja.« Unruhig öffnete und schloss er die Hand, die sie hielt. »Glaubst du, der liebe Gott hat Grandpa seine Tat vergeben?«
»Ich weiß, dass Grandma ihm vergeben hätte. Sie wusste, dass es nicht seine Schuld war.«
»Ja, wahrscheinlich.« Er umklammerte ihre Hand. »Und deine Schuld war es auch nicht. Das sollst du nicht immer denken.«
»Schlaf jetzt, Michael. Du hast morgen einen langen Flug vor dir.«
»Wie lange muss ich denn in Schottland bleiben?«
»Das weiß ich nicht. Nicht sehr lange.« Gott, er würde ihr schrecklich fehlen. »Aber wir werden jeden Tag telefonieren.«
»Um wie viel Uhr?«
»Wenn es in Schottland sechs Uhr abends ist.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
Michael sagte nichts mehr, doch sie wusste, dass er nicht schlief. Hin und wieder drückte er ihre Hand.
Schlaf, Michael. Ich bin für dich da.
Er wusste, dass sie immer für ihn da sein würde, egal, was passierte. Erst heute war ihr klargeworden, dass er befürchtet hatte, den Verstand zu verlieren. Aber eigentlich hätte sie es längst wissen müssen. Was war näherliegend für einen Jungen, der seinen Großvater für einen Wahnsinnigen hielt?
Seine Hand entspannte sich. Ob er endlich eingeschlafen war?
Sie
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