Tödliche Unschuld
redegewandt. Sind Sie bereit, mir Ihre Quelle zu enthüllen?«
»Nein, Sir, und dazu bin ich laut Artikel zwölf des Polizeigesetzes auch nicht verpflichtet.«
»Ich kenne die Gesetze, Dallas.« Trotz der drückenden Hitze bewegte er sich weiter leichtfüßig den Bürgersteig entlang. Seine Stimme jedoch wurde etwas angespannter, als er erklärte: »Wenn es zu einem Zivilverfahren kommt, werden sowohl die Gesetze als auch Sie selber auf die Probe gestellt.«
»Das wird ganz sicher nicht passieren. Denn wenn Donald Dukes wegen Verabredung zu Mord unter Anklage gestellt wird, werden seine Anwälte voll und ganz mit seiner Verteidigung beschäftigt sein.«
»Er steckt in dieser Sache drin?«
»Bis über beide Ohren.«
»Und die Mutter?«
Eve schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Sie ist zu passiv. Ich versuche gerade herauszufinden, wie gut Dukes als Programmierer ist. Aber ich bin jetzt schon davon überzeugt, dass er eine Schlüsselfigur in diesem Drama ist. Mit einer geringeren Rolle würde er sich nie begnügen. Bei einer Vernehmung könnte ich ihn brechen. Er ist wütend, er ist arrogant, und er ist rechthaberisch. Außerdem hat er etwas gegen Frauen in Führungspositionen, weshalb er mir würde beweisen wollen, dass er mir überlegen ist. Er sieht Frauen gern an den ihnen traditionell zugedachten Plätzen«, fuhr sie, halb zu sich selber sprechend, fort. »Die Frau war bereits um neun Uhr morgens hergerichtet wie für eine Modeschau. Trug ein blitzsauberes Kleid, darüber eine makellose Schürze, dezenten Lippenstift und hatte sogar schon Ohrringe angelegt.«
»Meine Frau schminkt sich ebenfalls immer vor dem Frühstück.«
»Seltsam. Aber Mrs Whitney lässt sich von niemandem einschüchtern oder Anweisungen geben.« Sie zuckte zusammen. »Das war nicht respektlos gemeint, Commander.«
»So habe ich es auch nicht verstanden.«
»Mir fehlen nur noch ein paar Fäden, damit ich das Paket zusammenschnüren kann.«
»Finden Sie die Fäden, und sorgen Sie dafür, dass möglichst keiner reißt.«
»Ich glaube, dass er den Kontakt zu der Sozialarbeiterin und dem Polizisten, die die Fälle seines Sohnes bearbeitet haben, aufrechterhalten hat. Und ich glaube weiter, dass die beiden ebenfalls in die Sache involviert sind. Wenn ich nur einen dieser Leute knacken kann, habe ich sie alle.«
Sie überquerten nochmals eine Straße und bogen Richtung Westen ab.
»Gehen Sie unbedingt auf Nummer sicher. Ein einziger Fehler könnte reichen, dass wir ins Kreuzfeuer der Medien geraten, und Sie bekämen in dem Fall den Großteil der öffentlichen Schelte ab. Aber nun zu etwas anderem. Es war schön, McNab wieder auf den Beinen zu sehen.«
»Ja, Sir, sogar sehr schön.«
»Aber er wirkt noch sehr zittrig.«
»Ich achte darauf, dass er sich arbeitsmäßig nicht übernimmt, und Peabody …« Rasch presste sie die Lippen aufeinander. Es lag wohl daran, dass sie wie zwei Touristen durch die Straßen liefen, dass sie plötzlich so geschwätzig war. »Peabody springt immer mal wieder für ihn ein.«
»Glauben Sie etwa, ich hätte noch nicht mitbekommen, dass zwischen den beiden etwas läuft?«
Eve starrte unbeirrt geradeaus. »Ich spreche nicht gern darüber. Es macht mich kribbelig.«
»Wie bitte?«
»Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ich kriege jedes Mal dieses Zucken unter meinem rechten Auge, wenn … ach, egal. Detective McNab und Officer Peabody sind zwei vorbildliche Beamte. Ich habe die Absicht, Peabody für eine Beförderung zum Detective vorzuschlagen.«
»Wie lange ist sie inzwischen bei der Truppe?«
»Beinahe drei Jahre, und davon über ein Jahr bei uns. Sowohl ihre Arbeit als auch ihre persönliche Entwicklung sprechen für eine derartige Beförderung. Falls Sie also die Zeit finden würden, sich ihre Akte und meine Bewertung einmal durchzulesen, und falls Sie mit meinem Vorschlag einverstanden wären, könnte sie mit der Vorbereitung für den Test beginnen.«
»Wenn ich die Unterlagen eingesehen habe, gebe ich Ihnen Bescheid. Könnten Sie heute Nachmittag McNab für ein, zwei Stunden entbehren?«
»Ja, Sir, wenn es sein muss.«
»Nadine Furst hat um ein Interview mit ihm gebeten, in dem er seine Meinung zu der Erklärung der Reinheitssucher und zu Ihrem Statement heute Morgen sagen soll.«
»Sie wollen ihn, kaum dass er sich von seinen Verletzungen erholt hat, öffentlich zur Schau stellen? Am Tag des Gedenkgottesdienstes für Kevin Halloway?«
»So etwas nennt man einen Kompromiss,
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