Tödliche Unschuld
Tisch.
Dann dreht sie sich um, und da steht er plötzlich in der Tür. Er sieht entsetzlich aus, wirklich entsetzlich. Seine Nase blutet, seine Augen sind rot unterlaufen. Er hat schrecklichen Mundgeruch und auch der Rest von ihm stinkt, als hätte er in einer Kloake übernachtet. Er sieht aus, als hätte er seit Tagen dieselbe Unterwäsche an. Wenn er sich einbildet, dass sie mit ihm in diesem Zustand in die Kiste geht, hat er sich geschnitten.«
Sie rief die Küche des Apartments vor ihrem geistigen Auge auf. Weiß und silberfarben, vor allem aber rot vom Blut. »Sie sagt etwas zu ihm, etwas, das ein Teenager für clever hält. Dafür kriegt sie eine Ohrfeige von ihm verpasst. Er schlägt so heftig zu, dass sie mit dem Schädel gegen den AutoChef kracht und die Eiscremeschachtel fallen lässt.
Es tut weh. Sie hat sich derart den Kopf gestoßen, dass ein bisschen Haut und Haare an der Tür des AutoChefs hängen geblieben sind. Kurzfristig sieht sie nur noch verschwommen, und das macht ihr Angst. Und ihre Angst wird noch viel größer, als sie sieht, dass Greene das große Silbermesser aus dem Block gezogen hat.
Er geht mit dem Messer auf sie los. Sie hebt beide Hände, und das Messer schlitzt ihr beide Handballen auf. Sie versucht davonzulaufen, und das Blut ihrer Hände spritzt gegen die weiße Wand. Dann erwischt er ihre Schulter. Er stößt nicht von oben zu, nicht in diesem Raum, sondern zieht lange Wunden quer über ihren Körper. Von links nach rechts, von rechts nach links.
Sie schreit, bettelt, weint, versucht ihm zu entkommen. Nur weg. Aber er holt sie immer wieder ein. Schneidet ihr in den Rücken, die Pobacken, die Schultern. Treibt sie quer durch das Esszimmer. Dort schlitzt er sie richtiggehend auf, trifft eine Arterie, und das Blut fängt an zu spritzen. Sie ist bereits so gut wie tot, nur weiß sie es noch nicht. Sie denkt immer noch, sie könnte vielleicht fliehen. Sie schafft es bis ins Wohnzimmer, bevor sie auf dem weißen Teppich zusammenbricht. Kriecht noch ein paar Zentimeter weiter, und dann erst fängt er mit dem Hacken an.«
»Gütiger Jesus«, murmelte McNab.
»Er weiß nicht, wer sie ist, was ihm auch egal ist.« Ausdruckslos starrte Eve auf den Wandbildschirm. »Sie hat aufgehört zu schreien, aber die Schreie in seinem Kopf sind noch immer nicht verstummt. Also schleudert er die Schale mit den Drogen, die ihm auch nicht helfen können, durch die Gegend, schmeißt den Fernsehbildschirm ein, wirft die Tische um und drischt ein paar Mal mit dem Messer auf das Sofa ein. Er muss dem Schmerz ein Ende machen. Er kehrt ins Schlafzimmer zurück, aber er hält es einfach nicht mehr aus. Also stößt er die Terrassentüren auf. Er hat nach wie vor das Messer in der Hand und er sieht aus, als hätte er seinen gesamten Körper mit roter Farbe angemalt.
Er schreit und schreit und schreit. Schreit die Flugzeuge am Himmel an, die Autos auf der Straße, die Nachbarin, die zwei Etagen tiefer auf ihre eigene Terrasse tritt. Sie rennt zurück in ihre Wohnung, schließt sich ein und ruft die Polizei. Aber da ist es schon zu spät. Aufnahme der Terrasse vor dem Schlafzimmer«, wies sie ihren Computer an.
Er lag auf dem Rücken und sah aus, als schwömme er in einem Meer aus Blut.
Er hatte sich das Messer ins eigene Herz gerammt.
»Ich hab’s.«
Da er das Treiben der Kollegen nicht vermissen wollte, hatte sich McNab in einer Ecke des Raumes eingerichtet, in dem Feeney und Jamie in der ihm vertrauten Sprache von Computernarren über die nächsten Arbeitsschritte diskutierten, wobei Roarke gelegentlich einen Gegenvorschlag zusteuerte.
Sie standen dicht davor, den Virus zu kopieren. Und sobald diese Kopie gelungen wäre, könnten sie ein Programm entwickeln, um es zu bekämpfen.
Eve ging zu ihm hinüber. Da man sie hier garantiert nicht brauchen konnte, war sie sich nicht sicher, weshalb sie überhaupt hier war. Es sei denn, um ihren eigenen Gedanken zu entfliehen.
»Hier ist unser Mädchen.« McNab zeigte auf den Bildschirm. »Wie der Portier gesagt hat, kam sie vor zehn Tagen zum ersten Mal mit Greene herein. Der Perversling tätschelt ihr den Hintern, dabei ist er alt genug, um ihr Vater zu sein.«
»Trotzdem ist sie freiwillig mitgegangen.« Eve studierte das Gesicht des Mädchens und nahm das selbstbewusste Grinsen und das Glitzern in Hannahs Augen wahr. O ja. Du hast dir eingebildet, du hättest alles total im Griff. Dabei hattest du keinen blassen Schimmer, auf was du dich mit diesem Typen
Weitere Kostenlose Bücher