Toedliche Verfolgung
hatten. Der Cliff Palace war die größte Felssiedlung in Nordamerika und für sein Alter erstaunlich gut erhalten. Unter normalen Umständen wäre Lissa von der Gegend und den archäologischen Sehenswürdigkeiten hellauf begeistert gewesen, aber da irgendwo in den Menschenmassen vermutlich ein Verräter und Mörder lauerte, hatte sie kaum einen Blick für die Umgebung übrig. Allerdings war sie selbst auch daran schuld, dass sie jetzt hier stand.
Eigentlich hätte sie mit Erin und Gladstone zurückbleiben sollen, aber sie hatte darauf bestanden, mit auf das Plateau zu fahren. Ein Paar Augen mehr waren immer gut – zumindest war das ihre Begründung gewesen. Hawk und Jack kundschafteten die Umgebung aus und behielten den Überblick, während sie in der Menge in Sicherheit blieb. Sobald sie den Verräter ausgemacht hatten – zumindest hofften sie, dass er es sein würde und kein normaler Agent –, sollte Lissa die Parkranger kontaktieren. Sie war sich nicht mehr so sicher, ob die Idee wirklich gut war. Es waren zu viele Menschen hier, wie sollten sie den Mann erkennen?
Andererseits wäre es vielleicht besser, wenn die Datenspeicher einfach an einen guten Agenten übergeben wurden. Jack war derselben Meinung gewesen, vor allem im Hinblick auf Lissas Sicherheit, aber Hawk hatte ihnen klargemacht, dass sie niemandem trauen konnten – erst recht keinem Agenten aus Phoenix. Die Spur des Maulwurfs hatte Hawk schließlich genau dorthin geführt. Lissa rieb mit der Hand über ihre heiße Stirn. Immerhin war Erin in Sicherheit. Zusammen mit Gladstone würde sie in einem anderen Motel auf eine Nachricht von ihnen warten und Hilfe herbeirufen, falls ihr Plan schiefging. Henry hatten sie beim Tierarzt gelassen, da er sich noch erholen musste.
Während Hawk ganz in der Nähe auf dem Plateau war, stand Jack mit einem Fernglas auf der anderen Seite der Schlucht. Sie war nicht besonders breit, aber so weit war Lissa noch nie von ihm entfernt gewesen, seit sie Jack kennengelernt hatte. Am liebsten hätte sie ihn bei sich gehabt und ihre flatternden Nerven durch seine Präsenz beruhigt. Lissa kniff die Augen zusammen und versuchte, ihn zu erkennen. Stand er dort im Schatten einer Pinie? Sie war sich nicht sicher. Erneut wandte sie sich um und ließ ihren Blick über die Touristen gleiten. Sie konnte keinen Mann im Anzug neben der Toilette entdecken. War Fellini vielleicht trotzdem ganz in ihrer Nähe? Ein Schauer kroch über ihr Rückgrat, die Nackenhaare richteten sich auf. Wenn doch nur schon alles vorbei wäre.
Das Motorrad stand ebenfalls auf der anderen Seite der Schlucht. Lissa hatte es selbst dorthin gefahren und war dann in Hawks Mietwagen umgestiegen. Wenn sie den Verräter überwältigten, würden sie ein Transportauto brauchen. Während Marke und Kennzeichen der Harley vermutlich bereits bekannt waren, sah Hawks Wagen aus wie Dutzende anderer auf dem Parkplatz am Cliff Palace. Eine Gruppe japanischer Touristen stand auf dem Sammelplatz für die Tour und redete aufgeregt durcheinander. Trotz ihrer Anspannung konnte Lissa ein Grinsen nicht unterdrücken, als sie zusah, wie einer nach dem anderen vortrat, um sich von seinen Freunden fotografieren zu lassen.
Lissa wollte gerade wieder nach Hawk Ausschau halten, als unerwartet etwas Hartes in ihre Seite gepresst wurde. Verwirrt sah sie nach unten. Eine Pistole! Sie blickte auf, direkt in das Gesicht eines ihr unbekannten Mannes.
Natürlich hatte Fellini mit einer Falle gerechnet und deshalb erst einmal in aller Ruhe das Plateau nach Hawk abgesucht. Sein Verdacht, dass der Agent gar nicht tot war, hatte sich bestätigt. Er hatte ihn sofort entdeckt, mit seiner Größe konnte er sich schlecht zwischen den japanischen Touristen verstecken. Tease hatte er noch nicht gesehen, aber dank einer äußerst interessanten Akte wusste er zumindest, wie sein Gegner aussah, sodass er ihn sofort erkennen würde. Zufrieden lächelnd bewegte sich Fellini weiter auf die Frau zu, die nach dem Bericht mit Tease zusammen war. Da sein Mann in Durango ein Foto von ihr gemacht hatte, war es ein Leichtes, sie auf dem Plateau zu entdecken.
Sie war der Schwachpunkt, die Achillesferse in der Falle, die Hawk ihm zu stellen versuchte. Wenn er die Frau in seiner Gewalt hatte, würde es nicht schwierig sein, die Herausgabe der Speicherkarten zu fordern. Dann würde er mit seiner Geisel flüchten – und niemand würde es wagen, ihn aufzuhalten. Fellini zog seine Waffe aus dem Holster und schob sie der
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