Toedliche Worte
leicht für Sie, eine Ihrer Ermittlerinnen auf eine solche Operation zu schicken. Nach dem, was Sie …«
»Ich mache einfach meine Arbeit, Sir«, unterbrach ihn Carol. »Wenn ich der Meinung wäre, dass meine eigenen Gefühle die Operation gefährden, hätte ich gebeten, mir die Leitung zu entziehen.«
Brandon schien verlegen. »Daran habe ich wirklich keine Sekunde gedacht, Carol. Und auch als wir uns neulich unterhielten, habe ich das nicht gemeint. Ich wollte nur sagen, ich verstehe, dass dies unangenehme Erinnerungen zurückbringt.«
Carol musste sich anstrengen, über die aufkommende Welle von Frustration und Wut die Kontrolle zu behalten. »Bei allem Respekt, Sir, das geht nur mich etwas an.«
Nach diesem Verweis wandte sich Brandon ab. »Sie sagen es. Ist Tony im Haus?«
»Nein, Sir. Dr. Hill meinte, er hätte nichts weiter zu dieser verdeckten Aktion beizutragen. Er deutete an, er sei der Meinung, dass die von mir geplanten Vorkehrungen genügen.« Ganz anders als Sie, dachte sie bitter. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass Tonys Abwesenheit vielleicht gar kein Vorwurf war. Er könnte damit auf seine Weise zum Ausdruck bringen, dass er meinte, sie habe sich im Griff und sei ihrer Aufgabe wieder voll gewachsen.
Er könnte gar nicht weiter danebenliegen, wenn er das meint. Sie war so unruhig wie seit langem nicht mehr. Aber es würde ihr nicht im Traum einfallen, Brandon das merken zu lassen. Sie setzte ein starres Lächeln auf und sagte: »Wenn Sie mich entschuldigen würden, Sir, ich muss DC McIntyre zeigen, dass ich hinter ihr stehe. Es ist Zeit, dass wir uns an die Arbeit machen.«
Brandon trat zur Seite und ließ sie vorbei. »Viel Glück, Carol«, sagte er.
Sie drehte sich schnell noch einmal um. »Wenn wir ihn fassen, wird es nichts mit Glück zu tun haben, sondern mit guter Polizeiarbeit.«
Temple Fields am Abend eines normalen Wochentags.
Die herbe Nachtluft war erfüllt von der beißenden Schärfe der verschmutzten Stadt und reizte die Atemwege. Vor zwei Generationen wäre sie hauptsächlich aus dem Rauch von zigtausend Kohlefeuern entstanden. Jetzt waren es die Abgase der Automobile und der schale Geruch aus Hunderten von gastronomischen Betrieben, von Schnellimbissen bis zu Bistros. Die grelle Neonbeleuchtung sah durch die Linsen der Überwachungskameras verschwommen aus. Die vier Kameras übertrugen alle Bilder in den Überwachungswagen und waren aus verschiedenen Winkeln und Abständen auf Paula gerichtet. Sie war vor dem Hintergrund einer belebten Straße zu sehen, wo alle Gelüste befriedigt werden konnten. Die Leute kauften in dem kleinen Supermarkt an der Ecke ein und gingen in den Pubs, Cafés und Restaurants ein und aus. Alle möglichen Individuen jeglicher Geschlechterkombination, die ihr Geld mit Sex verdienten, trödelten umher und betäubten sich, während sie ungeduldig auf Kunden warteten, mit Alkohol oder Drogen. Autos fuhren langsam vorbei, manche Fahrer suchten einen Parkplatz, andere eine Gelegenheit zum Sex. Allerdings wussten die Fahrer nicht, dass jedes Kennzeichen von noch weiteren, strategisch an den wichtigsten Zufahrtsstraßen postierten Kameras festgehalten wurde. Sollte der Mörder nicht auftauchen, würde jeder dieser so erfassten Fahrer aufgesucht und in einem ermüdenden, zeitaufwendigen Verfahren befragt werden, wobei von jedem angenommen wurde, dass er etwas zu verbergen habe, außer wenn er das Gegenteil beweisen konnte. Die Konsequenzen der Operation von heute Abend konnten sogar Ehen zugrunde richten.
Carol Jordan kümmerte das nicht. Sie wusste, welchen Preis der Leichtsinn manchmal kostete, und hatte wenig Verständnis für die, die sich dieser Gefahr um einer käuflichen Gegenleistung willen aussetzten. Sie starrte auf die Monitore und beobachtete Paula genau. Die junge Beamtin hatte an der Ecke eines kleinen Kreisverkehrs ihr Revier bezogen. Sie hatte durch die Beobachtung von Haltung und Stil der anderen Frauen auf der Straße schnell gelernt und stolzierte jetzt genauso auf und ab wie die anderen. Ein paar Schritte in die eine Richtung, ein Hüftschwung, ein frecher Blick hinüber zum Verkehr. Und wieder zurück zum Anfang.
An ihrem ersten Standort hatte eine andere Frau, deren Platz sie unbeabsichtigt eingenommen hatte, sie zur Rede gestellt. Ein Vorweisen ihres Ausweises hätte die Gegnerin vertrieben, aber damit hätte sie vielleicht auch das ganze Unternehmen gefährdet. Also hatte Paula verhandelt. Für eine Zwanzig-Pfund-Note zog sich
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