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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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die andere Frau zurück. Es war zwar keine große Erpressungssumme, aber Paula klang so bedrohlich, dass die andere Frau sich ohne weitere Einwände ein paar Meter weiter in einer Seitengasse aufstellte. Carol war beeindruckt. Wenn man bedachte, wie nervös Paula gewesen war, dann hatte sie damit ein Bravourstück geliefert.
    »Hat sie gut gemacht«, hatte Jan gesagt. »Das ist einer der Vorteile, dass wir die Zuhälter rausgeschmissen haben. Vor nicht allzu langer Zeit hätte sie innerhalb von fünf Minuten ein Messer an der Kehle gehabt, wenn sie so ’n Trick abgezogen hätte. Aber die Frauen allein kommen einem nicht mit solchen Reaktionen.«
    »Passen sie nicht aufeinander auf?«, fragte Stacey und sah vom Bildschirm hoch, wo sie die Autokennzeichen mit der nationalen Datenbank der Polizei abglich.
    »Bis zu einem gewissen Grad schon. Aber sie sind ja nicht gerade ’ne Gewerkschaft«, sagte Jan sarkastisch.
    Was die Geschäfte der Prostituierten betraf, tat sich an diesem Abend nicht sehr viel auf der Straße. Aber es war noch früh. Wie Jan meinte, würde nach zehn mehr los sein und zwischen Mitternacht und ein Uhr dann der Höhepunkt erreicht werden. Aber Carol hatte schon beschlossen, die Operation um Mitternacht zu beenden. Alle Opfer des Mörders, ob man nun nur die zwei oder alle sechs rechnete, waren zwischen sechs und zehn von der Straße gelockt worden. Dieser Täter mochte offenbar keine Nachtarbeit.
    Bis halb neun hatte bei Paula noch keiner richtig angebissen. Die Gruppe im Überwachungswagen hatte ungefähr ein Dutzend Geschäftsabschlüsse auf der Straße beobachtet, aber keine der Frauen hatte auch nur im Entferntesten wie der bevorzugte Typ des Mörders ausgesehen, also ließ man sie ohne Einmischung weitermachen.
    Plötzlich zeigte Jan auf einen der Bildschirme. »Na, na, na«, sagte sie. »Seht mal, wer da ist.«
    Mit gesenktem Kopf und hochgestelltem Kragen kam unverkennbar die Gestalt Tony Hills die Straße entlang auf Paula zu. Carol beugte sich zum Monitor vor und sah ganz genau hin, als er, ohne auch nur aufzuschauen, an Paula vorbeiging. Dann trat er in das erste Pub, an dem er vorbeikam. Was zum Teufel hatte er nur vor? Einerseits wäre Carol am liebsten aus dem Wagen gesprungen und ihm nachgerannt. Aber andererseits war sie klug genug, da zu bleiben und sich ruhig zu verhalten. Wenn sich etwas tat, war ihr Platz hier, im Mittelpunkt der Operation, und nicht irgendwo auf den Straßen, um sich zu erkundigen, was Tony jetzt vorhatte. Außerdem war es gegen jede Überwachungsregel, dass man aus dem Wagen aus- und wieder einstieg und dadurch die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
    Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als ein Wagen neben Paula bremste und anhielt. »Freieralarm«, rief Merrick. Die Spannung im Van stieg spürbar an.
    Paula beugte sich hinunter, um durch das heruntergedrehte Fenster mit dem Fahrer zu sprechen. Das Auto verdeckte ihr Gesicht, aber die Kamera hinter ihr zeigte, dass sie frei und ungehindert war, und über das Mikrofon hörte man knisternd, aber verständlich die Unterhaltung.
    »Machen wir ’n Geschäft?«, fragte der Fahrer.
    »Was willste haben?«, sagte Paula, und ihre raue Stimme war trotz der schlechten Übertragungsqualität zu hören.
    »Lässt du dir’s von hinten machen?«, fragte der Fahrer.
    »Wenn du das willst, wird’s dich mehr kosten, als du dir leisten kannst. Verpiss dich, perverser Kerl«, fauchte Paula.
    »Verdammte Fotze«, schimpfte der Fahrer, legte den Gang ein und fuhr weiter.
    Paula zog sich vom Rand des Gehwegs zurück. »Ich nehme an, der Preis hat nicht gestimmt.«
    »Gut gemacht, Paula. Nur weiter Courage zeigen«, sagte Carol leise. Alle saßen auf ihren Stühlen und erlaubten sich ein wenig Entspannung.
    »Er sitzt am Fenster«, sagte Jan.
    »Was?« Carol war in Gedanken noch mit Paulas Begegnung beschäftigt.
    »Dr. Hill.« Jan zeigte auf einen der Bildschirme. Undeutlich ließ sich ein Gesicht ausmachen, das möglicherweise Tony hätte sein können. »Hat sich gerade mit einem Glas vor sich hingesetzt, seht mal. Er hat sich einen Platz gesucht, von dem aus er die Straße beobachten kann.«
    »Alles klar, solange er nur da sitzen bleibt«, murmelte Carol.
    Fünfzehn Minuten vergingen, ohne dass etwas passierte, dann sagte Merrick: »Der Typ da. Der ist schon dreimal vorbeigekommen.« Er zeigte mit seinem Stift auf einen untersetzten Mann mittleren Alters mit leichter Glatze, der leicht vornübergebeugt ging. »Er guckt sich

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