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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Fenstern hinauf und war beruhigt, als sie sah, dass alles dunkel war. Sie unterdrückte einen Seufzer und stieg aus. Als sie näher kam, stieg er ab, streckte die langen, steif gewordenen Glieder und richtete sich auf. Sie konnte nicht umhin, ihn zu bewundern. »Das ist aber eine Überraschung«, sagte sie.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass du so lange arbeiten würdest. Aber als ich schon mal ’ne Stunde gewartet hatte …« Er zuckte mit den Achseln und breitete die Arme aus.
    »Ich kann dir keine weiteren Neuigkeiten mitteilen, Jonathan. Wir haben ihn noch nicht definitiv identifiziert und kennen auch die Todesursache nicht …«
    »Ich bin nicht gekommen, weil ich mehr Informationen möchte«, sagte er. »Ich bin gekommen … na ja, ich konnte einfach keine Ruhe finden. Die ganze Sache ging mir ständig im Kopf herum, und ich dachte, wie viel schlimmer es für dich sein muss und dass es uns vielleicht beiden helfen könnte, wenn …«
    Er sah ihren Gesichtsausdruck und wollte sich schon abwenden. »Aber offensichtlich hab ich mich getäuscht.«
    »Nein, nein«, sagte sie hastig. »Ich war nur bestürzt, sonst nichts. Ich bin nicht daran gewöhnt …« Sie verstummte.
    »Dass man dich als Mensch betrachtet?«
    Sie seufzte. »So etwas in der Art. Jetzt, da du schon mal da bist, willst du auf’n Drink reinkommen?«
    Er schien unentschieden. »Es ist spät, du willst wahrscheinlich schlafen.«
    »Beides stimmt, aber was ich vorher tun wollte, war, mir ein sehr großes Glas Wein einzuschenken. Du kannst mir gerne Gesellschaft leisten.«
    »Wenn du sicher bist?«
    Carol schüttelte mit gespieltem Ärger den Kopf. »Müssen wir die kostbare Zeit, in der wir etwas trinken könnten, damit verschwenden, dass wir hier herumstehen und darüber reden?«
    Sie hatte gemeint, die Decken in ihrer Wohnung seien relativ hoch, aber Jonathan hatte kaum ein paar Zentimeter Spielraum. Er setzte sich hastig, sah sich im Wohnzimmer um und lächelte. »Du wohnst noch nicht lange hier, was?«
    Carol verzog das Gesicht. »Sieht es so ungemütlich aus?«
    »Das nicht, aber es liegt nichts herum. Ich kann eine Wohnung in drei Tagen so zurichten, dass sie wie das Wrack der Hesperus aussieht.«
    »Ich bin nicht besonders unordentlich«, sagte Carol. »Aber davon abgesehen, hab ich mein Durcheinander in der Londoner Wohnung.« Sie ging zum Kühlschrank und fragte dabei über die Schulter. »Weißwein oder Bier?«
    »Wein, bitte. Hast du denn vor, deine Londoner Wohnung zu verkaufen?«, rief er ihr nach.
    Carol kam mit der Flasche und zwei Gläsern zurück. »Ich bin noch nicht sicher. Im Moment habe ich das Gefühl, sie legt mich zu sehr fest.« Sie reichte Jonathan ein Glas und goss den Wein ein. Dann schaltete sie den CD-Player an, legte Arvo Pärts Alina ein und setzte sich neben ihn. Da sie genügend Abstand zu ihm hielt, fiel das nicht als bedeutungsvoll ins Gewicht. Die sanften Töne von Klavier und Geige machten es leicht, eine Unterhaltung zu beginnen.
    »Wie kannst du das alles nur verarbeiten?«, fragte er.
    »Ich mache einfach den Mund auf und schlucke es runter«, scherzte Carol. »Das ist doch nicht so schlimm, oder?«
    »Du weißt ja, dass ich das nicht meine. Na gut, reden wir über was anderes.«
    »Tut mir leid. Ich bin so an Schnoddrigkeit und schwarzen Humor gewöhnt, dass es manchmal schwer ist, mich davon loszumachen. Du hast stundenlang in der Kälte gewartet, da hast du eine Antwort verdient. Nur hab ich eigentlich keine. Manche Polizisten trinken zu viel. Manche konzentrieren sich so darauf, den Täter zu fangen, dass sie absichtlich das Opfer aus dem Blick verlieren. Manche gehen nach Haus und nehmen ihre Kinder in den Arm. Manche gehen nach Haus und prügeln ihre Frau. Und manche drehen durch.«
    »Und du? Was tust du?«
    Carol starrte in ihr Glas. »Ich versuche, die Wut in positive Energie umzuwandeln. Ich versuche, davon zu zehren, sie zu nutzen, um mich bis zur Erschöpfung und darüber hinaus anzutreiben.«
    »Funktioniert das?«
    Carol spürte am Prickeln der Augen, dass ihr gleich die Tränen kommen würden. »Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß vieles nicht mehr. Dinge, von denen ich dachte, sie seien mir in Fleisch und Blut übergegangen. Jetzt erscheinen sie mir manchmal wie Märchen, die ich mir erzählt habe, um mir im Dunkeln Mut zu machen.«
    Er legte ihr den Arm um die Schultern. Ohne zu zögern rückte sie näher an ihn heran. »Du bist nicht gescheitert. Du bist immer noch ein

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