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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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diesem Morgen, als Paula die Küchentür aufstieß. Ihre Haare waren auf der einen Seite hochgesteckt, ihre Augen vom Schlaf verquollen, und auf dem Revers ihres dunkelblauen Morgenmantels war ein langer Zahnpastaklecks. »Wie zum Teufel kannst du so früh schon so ordentlich aussehen?«, knurrte sie auf dem Weg zum Wasserkocher.
    »Es hat mit dem Rasieren zu tun«, sagte er. »Selbst wenn man sich beschissen fühlt, sieht man besser aus, sobald man sich rasiert hat.«
    »Ich werd’s mal versuchen«, murmelte Paula.
    »Schläfst du schlecht?«, fragte Merrick.
    Paula hustete und goss kochendes Wasser auf den Nescafé. »Wenn ich erst mal von der Arbeit weg bin, ist es in Ordnung. Aber es dauert eine Weile.« Sie schniefte, goss sich Milch dazu und ließ sich ihm gegenüber auf einen Stuhl fallen. Sie streckte die Hand nach seinen Zigaretten aus, aber er schubste die Packung geschickt aus ihrer Reichweite.
    »Das ist gefährlich, Paula. Wenn du anfängst, so früh am Morgen Zigaretten zu klauen, bist du bald wieder bei zwei Päckchen am Tag.« Er drohte ihr mit dem Finger.
    »Grrr«, fauchte sie und zeigte ihm die Zähne. »Ich wusste nicht, dass ich meine Mutter eingeladen habe, hier zu wohnen.«
    »Deine Mutter hätte keine Zigaretten zum Klauen für dich. Was hast du also heute vor?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Vielleicht geh ich in den Fitnessclub oder schwimmen und sehe zu, ob ich eine Massage kriegen kann. Ich muss etwas tun, damit ich mich nach den zwei Abenden, an denen ich mich als Frischfleisch zur Schau gestellt habe, körperlich besser fühle.«
    »Du weißt, dass du das nicht tun musst.«
    Paula sah ihn schief an. »Was meinst du damit?«
    »Ich meine, du könntest sagen, dass es dir reicht. Es macht dich ja ganz verrückt.«
    Paula lachte. »Ja, sicher. Was für ’n idealer Schritt, um meine Karriere voranzubringen.«
    In Merricks Gesichtsausdruck mischten sich Besorgnis und Mitgefühl. »Jordan hätte Verständnis dafür. Sie weiß ja, wie es ist, sie war da draußen vor Ort, als die Fetzen flogen. Sie wird es dir nicht verübeln.«
    »Selbst wenn du recht hättest, wovon ich übrigens nicht überzeugt bin, wäre das nicht mal in Ordnung, wenn Jordan der einzige höhere Polizeibeamte auf der Welt wäre. Wenn ich aufgebe, werde ich immer die Frau sein, die nicht genug Courage hatte.«
    »Besser, als wenn du so gestört wie Jordan wirst.« Merrick studierte die Tischplatte. »Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir dabei etwas passieren würde, Paula.«
    Paula straffte die Schultern. »Du wirst es schon überleben, Don. Es ist nicht deine Sache, sondern meine. Ich behalt die Nerven. Ich pack das schon.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück, dass die Stuhlbeine auf dem gefliesten Boden quietschten. »Du musst aufhören, immer den weißen Ritter spielen zu wollen. Du kannst die Welt nicht retten, Don. Konzentrier dich darauf, dich selbst zu retten.« Sie stand auf und sah auf die Uhr. »Ist es nicht an der Zeit, dass du losfährst? Ist nicht um neun eine Besprechung über Tim Golding?«
    Merrick knurrte: »Zu der Party bin ich nicht eingeladen. Jordan will, dass ich weiter an den Prostituiertenmorden arbeite. Sie will einen frischen Blickwinkel auf Tim Golding.«
    Paula fühlte mit ihm. Sie wusste, mit wie viel Engagement und Energie er die Suche nach dem Jungen betrieben hatte. »Das tut mir leid, Don. Aber vielleicht ist es besser so. Der Fall hat dich wirklich mitgenommen.«
    Er sah mit gekränkter Miene zu ihr hoch. »Du glaubst also auch, dass ich versagt habe?«
    »Natürlich nicht. Wenn sie den Fall jetzt tatsächlich lösen, kann das nur auf der Grundlage deiner Vorarbeit geschehen. Vielleicht hat Jordan recht, vielleicht auch nicht. Aber ich bin mit dir befreundet und bin froh, dass du dich nicht wieder darauf einlassen musst.« Sie beugte sich vor, legte die Arme um ihn, und ihre Brüste berührten seinen Oberkörper. Hastig und verlegen wegen des plötzlichen Aufleuchtens überraschter Begierde in seinem Gesicht wich sie zurück. »Ich seh dich dann bei der Nachmittagsbesprechung.«
    Als sie ging, beobachtete Merrick wohlgefällig, wie ihr Hinterteil unter dem Morgenmantel vibrierte. Er hatte sich zusammengenommen und sich nicht erlaubt, ihren Körper und ihre Haltung beherrschter Sexualität reizvoll zu finden. Aber jetzt fragte er sich doch, ob er Chancen hätte und ob ihr Angebot, er könne im Gästezimmer schlafen, wirklich nur auf der selbstlosen Güte einer befreundeten

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