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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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es so weiterging, würde er sich verspäten, und er hatte das Gefühl, Aidan Hart würde das großes Vergnügen bereiten.
    Plötzlich steigerten die Autos vor ihm aber ohne ersichtlichen Grund ihr Tempo bis nahe an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Tony machte einen Satz nach vorn und stieß ein Dankgebet an den Gott aus, der Bradfields unberechenbaren Verkehrsfluss lenkte. Muss ein bösartiger Kerl sein, dachte er respektlos.
    Tony kam sieben Minuten vor dem Termin in der Klinik an. Er ging gar nicht erst in sein Büro, sondern direkt zur Beobachtungskabine hinter dem Besprechungszimmer. Als er in den Flur trat, stieß er mit einem der Pfleger zusammen. »Entschuldigung«, sagte er und taumelte ein bisschen.
    Der Pfleger fasste ihn leicht am Ellbogen und half ihm, die Balance zu halten. »Schon gut, Doc. Sie sind hier, um Tyler zu sehen, ja?«
    »Stimmt. Er hat sich doch nicht anders besonnen, oder?«, fragte er, plötzlich besorgt.
    Der Pfleger zuckte mit der Schulter. »Wer weiß? Tyler sagt ja nichts. Ihr Chef hat sich gestern Abend an ihm versucht und nichts erreicht.«
    »Dr. Hart hat gestern Abend mit ihm gesprochen?«
    Der Pfleger nickte. »Sobald er die Nachricht bekam, war er hier und sagte Tyler, er könne uns allen doch Zeit sparen und einfach mit ihm reden statt mit Ihnen.«
    Taktik , dachte Tony erbittert. Er will die Anerkennung dafür, Tyler zum Sprechen gebracht zu haben. Er breitete die Hände aus, eine Geste, mit der er seine Unschuld beteuerte, und machte die Tür zum Beobachtungsraum auf. Hart war schon da und saß gemütlich auf einem Sessel, ein Bein auf das andere Knie gelegt. »Schön, dass Sie kommen konnten«, sagte er.
    »Der Verkehr«, sagte Tony. »Nebel.«
    »Ja, ich bin froh, dass ich eine Viertelstunde früher losgefahren bin als normal«, sagte Hart selbstzufrieden. »Na ja, das ist ja ’ne Überraschung, die man in den Kalender schreiben kann. Ich dachte, Tyler hätte Sie in die Schranken gewiesen, als Sie letztes Mal mit ihm sprachen. Und jetzt sieht es so aus, als wolle er noch mehr sagen. Wie haben Sie das geschafft?« Er richtete sich auf und beugte sich vor. Er hätte es wirklich gern gewusst. Aber da Tony jetzt erfahren hatte, dass Hart am Abend vorher versucht hatte, sich vorzudrängen, beschloss er, es ihm nicht zu sagen.
    »Nur mein Charme, Aidan. Einfach mein Charme.« Tony lächelte und ging. Er wartete kurze Zeit im Besprechungszimmer, als sich die Tür öffnete und Derek Tyler hereinkam. Er ging verkrampft und vornübergebeugt, was ihn älter erscheinen ließ, als er war. Der knubbelige kahle Schädel glänzte, als er sich Tony gegenübersetzte, der ihm einen ermutigenden Blick zuwarf. »Hallo, Derek«, sagte er. »Nett, Sie wiederzusehen.«
    Nichts. Aber wenigstens starrte ihn Tyler diesmal an und tat nicht so, als sei überhaupt niemand außer ihm selbst im Raum. Tony streckte die Beine aus, legte sie übereinander und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Es war eine Stellung, die so offen und entspannt war, wie ein harter Plastikstuhl es erlaubte. »Also, worüber wollten Sie sprechen?«
    Nichts. »Gut«, sagte Tony. »Dann fange ich an. Ich glaube, Sie sind fast so weit, dass Sie aufgeben. Sie haben Wort gehalten. Sie sind der Stimme in Ihrem Kopf treu geblieben. Aber jetzt fragen Sie sich, ob das einen Sinn hatte. Wie ich Ihnen sagte, als wir uns schon einmal unterhalten haben, jetzt hat jemand anders Ihre Aufgabe übernommen. Er ist da draußen und tut das, was Sie getan haben. Und er ist schlauer als Sie, weil er noch nicht erwischt worden ist.«
    Tyler blinzelte mehrmals und klimperte mit den Augendeckeln wie ein Leinwandheld. Seine Lippen öffneten sich, und die Zungenspitze fuhr vom einen Mundwinkel zum anderen. Aber er sagte nichts.
    »Ich glaube, die Stimme hat Sie aufgegeben.«
    Tylers Augen wurden schmal, und er rieb seine Daumen gegen die Spitze der Zeigefinger.
    »Weil Sie ihre Befehle nicht mehr ausführen können, oder, Derek? Sie können diese Schlampen nicht mehr von der Straße holen.«
    Tyler schüttelte den Kopf. Er schien frustriert. Dann machte er den Mund auf und stieß mit seiner trockenen, heiseren Stimme die Worte hervor: »Ich weiß, was Sie vorhaben. Sie wollen mir nicht helfen, Sie wollen, dass ich Ihnen helfe. Aber Sie können mir die Stimme nicht nehmen. Sie gehört mir. Ich tue nur das, was sie mir befiehlt. Und solange die Stimme mir nicht sagt, ich soll mit Ihnen reden, kann ich es nicht tun.« Er schob seinen Stuhl nach hinten

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