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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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schließlich gelang es ihm, ihn ins Loch zu stecken. Er drehte ihn um und spürte etwas aufschnappen, zog an der Handschelle und wie durch ein Wunder war seine linke Hand wieder frei.
    Leider auch der Schlüssel. Denn er schoss durchs Zimmer und landete in der Spüle. Ein Klirren von Metall, dann ein hohles Rasseln. »O nein«, stöhnte er. »Nicht ins Abflussrohr.«
    Hastig löste er die Lederriemen der Fußfesseln und rannte zur Spüle. Der Schlüssel war nirgendwo in Sicht, und der offene Rachen des Abflussrohrs schien ihm mit seiner Gier zu trotzen. »Hätte ich’s darauf angelegt, wäre mir das nie gelungen«, murmelte er.
    Er starrte aufs Telefon. »Frauen«, sagte er, hob ab und wählte Carols Nummer. »Du wolltest mich sprechen?«, sagte er, als sie verbunden waren.
    »Ja. Aber nicht hier.«
    »Passt mir. Wie wär’s mit dem Park in Temple Fields?«
    »Warum dort?«
    »Ich muss zum Sexshop«, sagte er. »Ich erklär dir’s, wenn wir uns sehen. In einer halben Stunde?«

    Als Brandon Carols Büro verließ, beschloss er, eine Runde durchs Einsatzzentrum zu machen. Es konnte nie schaden, der Gruppe zu zeigen, dass er sich um ihre Arbeit kümmerte. Während er von Schreibtisch zu Schreibtisch ging, hatte er für jeden ein ermutigendes Wort und zeigte Interesse an den Aufgaben, mit denen sie gerade beschäftigt waren. Dass Sam Evans’ Blick auf ihm ruhte, merkte er nicht.
    Als er sich zu Evans’ Tisch umwandte, gab der Constable gerade Notizen in seinen Computer ein. »Wie läuft’s, Sam?«, fragte er.
    »Es geht nur langsam voran, Sir«, sagte Evans.
    »Woran arbeiten Sie gerade?«
    Evans rutschte auf seinem Stuhl herum und sah verlegen aus. »Ich … äh …«
    Brandon trat hinter ihn, damit er den Bildschirm im Blick hatte. »Sie haben Dr. Aidan Hart überwacht?« Er klang bestürzt.
    Evans räusperte sich. »Nicht offiziell, Sir.«
    »Erklären Sie mir das mal«, sagte Brandon mit einem leicht strengen Unterton.
    »Na ja, wir haben festgestellt, dass Dr. Hart an dem Abend, als Sandie Foster starb, bei ihr gewesen war. Aber für die Zeit nach neun Uhr hat er ein Alibi, und Dr. Vernon schätzte, dass der Überfall erst später war. Deshalb hat DCI Jordan gemeint, damit wäre er aus der Klemme.«
    »Und Sie fanden das nicht?«
    »Ich mache das alles in meiner Privatzeit, Sir«, verteidigte sich Evans. »Ich hatte bei ihm einfach das Gefühl, dass er nicht ganz koscher war.«
    Brandon runzelte die Stirn. »Und?«
    »Er trifft sich mit Prostituierten, Sir. Mindestens zweimal die Woche. Aber nicht mehr in Bradfield. Er geht in die anderen großen Städte.«
    Einesteils hätte Brandon Evans für seine Beharrlichkeit gerne gelobt. Aber er war zu besorgt darüber, dass er die Überwachung ausdrücklich gegen Carols Befehl durchgeführt hatte und was das bedeutete. Was dachte sie sich dabei, einen mutmaßlichen Verdächtigen so leicht davonkommen zu lassen? »Berichten Sie DCI Jordan bei nächster Gelegenheit darüber«, sagte er grimmig. »Gut gemacht, Evans. Es kann nie schaden, seinem instinktiven Gespür zu folgen.« Selbst wenn daraus für Brandon ein weiteres Problem entstand.

    Als Carol bei der struppigen Grünfläche ankam, die sich Stadtpark nannte, war Tony dabei, die Tauben mit Schokolade zu füttern, und rieb sein Handgelenk. Sie sah ihm einen Moment zu, kam dann von hinten heran und berührte seine Schulter. Er fuhr erschrocken herum.
    »Ich weiß, die Antwort wird mir nicht gefallen, aber warum musstest du zum Sexshop?«, fragte sie und ging um die Bank herum, um sich neben ihn zu setzen.
    Er hatte sein Erlebnis für sie schon zu einer Anekdote umgeformt, und als er zur Begründung seines neuerlichen Besuchs im Sexshop kam, kicherte sie hemmungslos.
    »Ich bin also reingegangen, und der Typ hinter dem Ladentisch sah mich komisch an, als wolle er sagen: Ich hatte doch gehofft, Sie nie wiederzusehen. Und ich merkte, dass er mir die Geschichte gar nicht abnahm. Aber endlich erklärte er sich bereit, eine andere Packung Handschellen aufzumachen und mich zu befreien.« Er zog die bedrohlichen Handschellen heraus und ließ sie vor ihr herumbaumeln.
    »Ich glaube, du treibst es mit der emotionalen Einfühlung für deine Profile ein bisschen zu weit.«
    »Meinst du wirklich? Also, du wolltest mit mir sprechen.«
    Plötzlich ernüchtert, stand Carol auf. »Gehen wir doch ein Stück.«
    Tony folgte ihr den Weg entlang, der zur Straße zurückführte. Als Carol nichts sagte, brach er das Schweigen.

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