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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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Laubwäldern mit riesigen Bäumen. Da Tomasetti sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen ignoriert, kommen wir schneller an als erwartet. In Newton Falls biegen wir auf die Interstate 4 Richtung Norden ein, fahren durch Cortland und nehmen dort eine wenig befahrene Bundesstraße nach Buck Creek.
    Fünfzehn Minuten später heißt uns ein Schild zu »Ohios Jagd-Hauptstadt« und ihren eintausendzweihundert Einwohnern willkommen. Als Erstes fallen mir die Bäume entlang der Hauptstraße auf, uralte Rosskastanien, Ahorne und Ulmen mit so dicken Stämmen, dass man die Häuser dahinter fast nicht mehr sieht. Wir fahren durch ein kleines Gewerbegebiet, wo ein riesiger Schotterplatz von den Firmen »Erie Overhead Door« und »Whittle Plastics« gemeinsam genutzt wird und voller Autos und Lastwagen steht, und erreichen schließlich die malerische Innenstadt von Buck Creek, mit Läden in roten Backsteinhäusern und Straßen aus Kopfsteinpflaster. Wir fahren an einem halben Dutzend Antikläden vorbei, zwei Sportgeschäften, einer Bank, die mich an die Zeiten von Bonnie und Clyde erinnert, und dem Verlagshaus der Early Bird Newspaper. Überall hängen Blumentöpfe mit üppigen Petunien.
    An der Ampel biegen wir links ab, kommen an einer gewaltigen lutheranischen Kirche vorbei sowie der Highschool von Buck Creek, der »Heimat der kämpfenden Panther«, und befinden uns schließlich auf einer kurvenreichen Straße stadtauswärts. Hier stehen die Bäume direkt am Straßenrand und bilden mit ihren Kronen ein dichtes Sonnendach, das nur hin und wieder von einem Lichtstrahl durchbrochen wird, der dann über unsere Windschutzscheibe blitzt. Hier ist es kühler, vielleicht wegen der Nähe zum See, und Tomasetti stellt die Klimaanlage aus. Ich öffne gerade das Fenster, als sein Mobiltelefon klingelt.
    Er drückt eine Taste und brummt seinen Namen. »Und wo?« Plötzlich ist er hellwach. »Wir sind auf dem Weg«, sagt er schließlich.
    Er legt auf und wirft mir einen Blick zu. »Willst du zuerst die gute oder die schlechte Nachricht hören?«, fragt er.
    »Fang mit der guten an.«
    »Das war eben der Sheriff. Wir haben unseren ersten Tatort.«
    »Okay, das ist gut.« Besser wäre natürlich, den Täter auf frischer Tat zu ertappen – oder die vermisste Person zu finden –, aber in Anbetracht der spärlichen Informationen ist ein Tatort, an dem sich Beweise sichern lassen, wenigstens etwas. »Und die schlechte Nachricht?«
    »Es gibt Blut, und zwar eine ganze Menge.«
    »Mist.«
    »Jap.«
    »Sonst noch was?«
    »Die Polizei ist vor Ort und sieht sich um. Ich schicke ein Spurensicherungsteam hin.«
    »Wie weit ist es von hier?«
    »Ein paar Meilen.«
    »Das ist der Vorteil von Kleinstädten«, sage ich. »Egal, wo man sich gerade befindet, der Tatort ist nie weit weg.«
    Nach einer Meile biegen wir auf eine schmale Asphaltstraße ab, wo nach circa vierhundert Metern der Streifenwagen des Sheriffs von Trumbull County mit eingeschaltetem Blaulicht auf dem Seitenstreifen steht; zwei weitere Polizeiautos stehen quer auf der Straße und blockieren so beide Fahrspuren. Ein uniformierter Deputy ist gerade dabei, mit orangefarbenen Warnhütchen den Verkehr umzuleiten, ein weiterer wickelt gelbes Absperrband um Bäume und Warnhütchen und riegelt so den Tatort ab.
    Tomasetti parkt in einiger Entfernung auf dem unbefestigten Seitenstreifen. Wir steigen gleichzeitig aus und steuern den nächsten Streifenwagen an.
    Die Luft ist kühl und sauber und erfüllt von Vogelgezwitscher. Der dichte Wald taucht selbst die Mittagsstunden in Dämmerlicht, und dickes Gestrüpp auf beiden Seiten der Straße bildet eine schier undurchdringliche Mauer. Das ganze Gebiet hier ist feucht und schattig und hat etwas von einer riesigen Wildnis – oder einem Ort, an dem schlimme Dinge passieren können, ohne dass je einer davon erfährt. Bis auf das gelegentliche Knistern eines Funkgeräts ist es so still hier, dass ich die Insekten summen höre.
    »Tut mir leid, Leute, aber die Straße ist gesperrt.«
    Ein hochgewachsener Mann in Zivil kommt mit düsterem Gesicht auf uns zu. Er ist um die vierzig, hat einen militärischen Bürstenhaarschnitt und einen gezwirbelten Schnauzbart, der gefärbt aussieht. In den Khakihosen, dem verschwitzten weißen Hemd und dem ledernen Schulterholster mit der Taurus .380 ähnelt er eher der Hollywood-Version eines Privatdetektivs als einem County Sheriff. Ich habe das untrügliche Gefühl, dass die Damenwelt auf ihn steht – und dass

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