Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Kollegin, als sie vom Hof des Präsidiums fuhren. Die Straßen waren trocken, es war kein Neuschnee gemeldet, und die Sonne lachte vom klaren Winterhimmel. Doch in Julia sah es düster aus, ihre Laune war im Keller, und sie hatte keine Lust auf Konversation.
»Hm«, brummte sie und blickte hinaus auf den vorbeifahrenden Verkehr. Die meisten Autos waren unterhalb der Fenster von einem matten Film überzogen, der von spritzendem Schneewasser und Salz herrührte. Andere trugen auf dem Dach eine vereiste Schneeschicht, die sich wohl im Laufe des Tages lösen dürfte, wenn die Sonne das Blech lange genug aufheizte.
»Hallo, sprich mit mir«, vernahm die Kommissarin Hellmers ungehaltene Stimme.
»Was?« Erschrocken fuhr sie herum.
»Ich möchte wissen, was mit dir los ist. Du wirkst, gelinde gesagt, ein wenig übermüdet und überreizt. Dein Glück, dass wir so dicke miteinander sind, sonst hätte ich mir das nicht gefallen lassen, wie du mich vorhin angegangen bist.«
»Ach das.« Julia winkte ab. »Ich konnte ja nicht wissen, ob da irgendein versnobter Spruch kommt, dir traue ich in dieser Hinsicht ja einiges zu.« Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
»Du weißt ganz genau, dass mein Lebensstandard nicht selbstverständlich ist«, erwiderte Hellmer mit ernster Miene, »und ich weiß das auch. Nadine hätte mir seinerzeit auch die kalte Schulter zeigen können, und weiß Gott, wie ich dann heute so drauf wäre.« Er lächelte und winkte ab. »Jetzt mal raus mit der Sprache, was hat dich heute Nacht wach gehalten?«
»Gar nichts, ich habe geschlafen wie ein Stein«, schwindelte Julia. In Wirklichkeit hatte sie bis zwei Uhr wach gelegen, im Dämmerzustand zwischen den Fernsehsendern hin- und herzappend, bis sie endlich vor laufender Mattscheibe eingeschlafen war. »Ich hatte ein langes Telefonat mit meinem Paps, außerdem war Sabine noch da.«
»Erzähl mal, was dein alter Herr zu den Sprüchen gesagt hat«, forderte Hellmer, und Julia fasste das Gespräch kurz zusammen. Sie schloss mit den Worten: »Zwei der drei Zeilen sind also allem Anschein nach salomonische Weisheiten, die erste passt zwar thematisch, stammt aber woanders her. Vielleicht ist sie auch nur dazugedichtet, keine Ahnung. Ach ja, ich habe übrigens heute früh mal rasch an zwei Türen geklingelt und mich erkundigt. Möglicherweise bin ich die Einzige, die diesen ominösen Flyer in der Post hatte.«
»Ist doch wenigstens ein Anfang«, murmelte Hellmer. »Dann laufen wir nicht mit leeren Händen auf – oder leeren Köpfen.«
»Ich möchte vor allem wissen, woher Schumann seine Infos bezieht. Wie hat er sich denn verhalten, als Schreck sich den Laptop vorgenommen hat?«
»Es war recht zäh, denn Schumann ist mit Argusaugen danebengestanden und hat jeden seiner Klicks genauestens verfolgt«, berichtete Hellmer.
»Hätte ich auch nicht anders erwartet«, nickte Julia. »Ein Grund mehr dafür, dass Berger einen Beschluss für seinen Computer erwirken kann, oder? Ich habe ihm gesagt, am besten wäre es, wenn wir den ganzen Laptop gleich einsacken könnten. Ob es Berger passt oder nicht, das hat nichts mit Pressefreiheit zu tun. Hier geht es um die Frage, wer da im Hintergrund agiert.«
»Beziehungsweise, ob jemand agiert«, warf Hellmer ein. »Oder hast du aus Schrecks Computerkeller neue Infos, die du mir vorenthältst?« Er zwinkerte. »Gestern zumindest hieß es noch, man könne nicht feststellen, ob das Foto nun von Schumann selbst stammt oder ob es ihm tatsächlich von einer dritten Person zugespielt wurde, wie er behauptet. Wer weiß schon, welche Aufmerksamkeit Schumann sich durch seine, hm … progressive Berichterstattung erhofft.«
»Daran hat sich prinzipiell nicht viel geändert«, murmelte Julia verbissen und überlegte kurz, wie sie ihren Besuch in der IT-Abteilung am geschicktesten zusammenfassen konnte.
»Ich bin ganz Ohr«, lächelte Berger in die Stille hinein, die nur durch das gedämpfte Brummen des Motors unterbrochen wurde.
»Genau genommen ist es nichts, was wir nicht in groben Zügen bereits wussten«, begann Julia langsam. »So eine Bilddatei verfälschen kann im Endeffekt jeder, sogar ich jetzt, denn er hat’s mir am Bildschirm gezeigt. Foto öffnen, mit dem Wischpinsel oder der Spraydose über die betreffende Stelle fahren, und schon hat man den gewünschten Effekt. Das Gleiche gilt für den Free-Mail-Account, wie erwartet angelegt auf einen falschen Namen, nämlich Petra Mustermann, Hamburg, geboren am
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