Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
ein …«, er lächelte, »… das könnte ich glatt eins zu eins verwenden. Setzen Sie sich doch, ich bin gleich wieder da!«
Hastig durchquerte er das Wohnzimmer und hämmerte kurz darauf klackernd auf seine Tastatur.
»Uns interessieren weder Ihre politische Einstellung noch der Artikel von heute, zumindest interessiert der Artikel nur sekundär«, sagte Julia gereizt. »Aber ich habe in meinem Briefkasten einen Flyer gefunden, der beinahe wortgetreu den Text enthält, den Sie in Ihrem gestrigen Artikel verwendet haben.«
»Ach, das ist nur so ein Flyer, den habe ich auch bekommen«, erwiderte Schumann, während er zu den beiden Kommissaren zurückkehrte.
»Ach? Haben Sie?«, fragte Julia ungläubig. »Das ist interessant, denn dann sind wir bisher die Einzigen. Zumindest in meinem Haus hat ihn niemand sonst in der Post gehabt.«
Schumann runzelte die Stirn und schürzte die Lippen. »Was bedeutet das?« Er rieb sich am Kinn, seine Augen glotzten etwas dümmlich in den Raum, und es wirkte beinahe, als wüsste er tatsächlich nicht mehr darüber als die beiden Kommissare.
»Das würde ich gerne von Ihnen wissen«, bohrte Julia weiter. »Sie verwenden die Textpassage doch. Ich kann das nicht einfach als Zufall abtun, denn es gibt so viele Zitate, warum also ausgerechnet zweimal dasselbe an zwei scheinbar unabhängigen Orten? Woher, sagten Sie, stammt das Zitat? Occupy? Ich dachte eher an König Salomon, aber mein Vater ist Pastor, vielleicht bin ich da ein bisschen vorbelastet. Sie wissen es aber offenbar besser, Occupy, das bedeutet, Sie haben sich mit dem Text auseinandergesetzt. Haben Sie ihn gar verfasst?«
»Hey, Moment, ich lasse mir hier nichts unterstellen!«, erwiderte Schumann patzig. »Ich fand diesen Wisch in der Post, zusammen mit anderer Werbung. Dann erhielt ich gestern eine Mail, in der darauf Bezug genommen wurde. Sie können meinetwegen wieder in meinem Computer herumstöbern, sie ist noch im Posteingang. Sinngemäß stand dort, dass der mächtige Karl von Eisner nun endlich gefallen sei, so wie es das Schicksal vorgesehen habe, und alles Geld habe ihm in der Stunde seines Gerichts nichts genutzt. Da habe ich mich natürlich an diesen Spruch erinnert und das Zitat verwendet, denn wo kein Copyright draufsteht, da bediene ich mich, wenn’s mir in den Kram passt. Natürlich habe ich selbst recherchiert, es gibt schöne Sprüche …«
»Und Ihnen kam es nicht eigenartig vor, dass jemand Sie mit Mails versorgt, der offenbar über ein beträchtliches Insiderwissen verfügt?«, unterbrach Hellmer ihn.
»Und Sie sind auch nicht auf die Idee gekommen, uns eventuell zu benachrichtigen?«, fügte Julia hinzu. »Das ist ein verdammt schmaler Grat. Sie wissen schon, dass wir Ihnen wegen Strafvereitelung ans Leder gehen könnten?«
»Nein und nein«, entgegnete Schumann und wedelte energisch mit dem Zeigefinger. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich in meinem Leben als Journalist schon ganz anderen Gefahren ausgesetzt war. Wenn mich also jemand als Sprachrohr benutzen möchte, dann ist das zuallererst eine persönliche Ehre, und außerdem gehe ich da strikt meinem Berufsethos nach. Ungefilterte Berichterstattung, Sie verstehen? Vom Schutz der Quelle einmal ganz abgesehen. Mal unter uns: Wenn ich zu Ihnen gekommen wäre, Sie hätten mir doch sofort einen Maulkorb verpassen wollen, richtig?«
»Mag sein«, erwiderte Julia. »Aber das ist eben unser Ethos. Wir stellen keine kruden Theorien in den Raum, werfen nicht mit Anschuldigungen um uns und sind auch einigermaßen diskret – den Hinterbliebenen zuliebe. Was glauben Sie denn, wen die Witwe von Eisner eher verklagen würde? Uns, weil wir ein paar Tage länger zur Aufklärung benötigen, da wir erst unsere Hausaufgaben machen, oder Sie, weil Sie in jeder Zeile an den Persönlichkeitsrechten kratzen?«
»Vielleicht wird sie sich ja mit einer Flasche Schampus bei mir bedanken, weil ohne mich die Polizei auch in drei Wochen noch mit leeren Händen dastehen würde«, gab Schumann selbstbewusst zurück.
»Haben Sie auch heute wieder Informationen erhalten?«, fragte Hellmer dazwischen. In diesem Moment vibrierte Julias Handy, und sie verließ für einen Augenblick den Raum.
»Informationen?«, fragte Schumann nach. »Sie meinen eine neue E-Mail?«
»Ja, was auch immer.«
»Nein, bedaure. Aber der Tag ist ja noch jung«, fügte der Journalist geheimnisvoll lächelnd hinzu. »Ich warte einfach mal ab, vielleicht zwitschert mir mein Vögelchen
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