Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
1. Januar 1970. Das ist so altbacken, dass es schon fast wieder originell ist.«
»Allerdings«, pflichtete Hellmer lachend bei.
»Aber etwas ist interessant. In der Fotodatei sind noch sämtliche Informationen enthalten, die eine moderne Digitalkamera dort hinterlässt. Schreck hat mir da so Begriffe um die Ohren geworfen, Metadaten, Exif, GPS-Tag, so etwas in der Art. Kurz gesagt: In der Datei finden sich Aufnahmezeit und Aufnahmeort wieder. Und jetzt halt dich fest, das Foto ist am 31. Dezember um 23.29 Uhr entstanden!«
»Wow«, entfuhr es Hellmer, »vor Mitternacht. Hat Andrea nicht gesagt, dass die Kleine da noch gelebt haben könnte?«
»Es ist zumindest möglich. Fakt ist, dass das Bild unmittelbar nach dem Ablegen in den Container entstanden sein muss, vorausgesetzt, das Datum der Kamera ist korrekt gestellt. Dann könnte es tatsächlich von Laras Mörder gemacht worden sein. Die GPS-Informationen stimmen auch so weit, und laut Schreck gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Bildinformationen nachträglich verändert wurden.«
»Die Frage ist, ob der Urheber des Fotos das nicht bedacht hat oder die Infos absichtlich in der Datei gelassen hat«, überlegte Hellmer laut.
»Womit wir wieder bei der Frage wären, ob Computerprofi oder nicht. Ein Grund mehr, uns Schumanns Laptop zu widmen, denn Schreck konnte in dessen Beisein kaum etwas anderes untersuchen als die E-Mail mit dem Foto.«
»Ich rufe Berger noch mal an«, entschied die Kommissarin, »und mache ihm Dampf. Meinetwegen soll er Schumann als potenziell tatverdächtig ausgeben, Hauptsache, wir bekommen den Beschluss, bevor er zu lange vorgewarnt ist.« Die beiden schwiegen für einen Moment.
»Was mir gerade in den Sinn kommt«, wandte Julia sich schließlich an ihren Partner, »hast du eigentlich bei diesem Psychiater etwas Brauchbares in Erfahrung bringen können?«
»Ob’s brauchbar ist, darüber kann man wohl streiten«, seufzte Hellmer. »Ich habe nur mit seinem Kollegen gesprochen, einem Herrn Rix. Unser Mann ist heute erst nachmittags wieder im Haus. Aber ich habe trotzdem etwas erfahren. Mal sehen, ob es von Bedeutung ist.« Er schürzte geheimnisvoll die Lippen.
»Und das wäre?«
»Dreimal darfst du raten, wo sich unser abgängiger Psychiater neben seiner Praxis in Bad Soden noch betätigt.«
»Das kannst du knicken, denn du verrätst es mir jetzt ohne weiteres Tamtam.«
»Och, nichts gönnst du einem«, gab Hellmer mit einem aufgesetzten Schmollen zurück. »Nun denn: Er arbeitet in Friedrichsdorf, und zwar in derselben Abteilung wie Breyer und Meurer.«
»Ist nicht wahr!«, entfuhr es Julia. »Was wollen wir wetten, Zufall oder keiner?«
»Fragen wir ihn einfach nachher, ich habe uns bereits angekündigt. Es hieß zwar, wir bräuchten einen Termin, und über seine Patienten dürften wir ohnehin nicht sprechen, aber ich habe darauf bestanden. Ab zwölf Uhr dürften wir ihn in der Bad Sodener Praxis antreffen, es sei denn, wir fahren vorher zu ihm in die Klinik.«
»Überlege ich mir noch«, murmelte Julia unentschlossen.
Zehn Minuten später standen sie an Schumanns Wohnungstür.
»Durant noch einmal und Hellmer, Sie erinnern sich«, lächelte Julia kühl.
»Was wollen Sie schon wieder?«, fragte der Reporter mürrisch. Er trug einen schlabbrigen Frottee-Pullover, dazu eine abgewetzte schwarze Cordhose. Julia fragte sich, ob er mit seinem Kleidungsstil etwas zum Ausdruck bringen wollte oder ob es nur eine junggesellentypische Nachlässigkeit war. Nur allzu gerne hätte sie einen Blick in seinen Kleiderschrank geworfen, doch natürlich würde ein Durchsuchungsbeschluss das Schlafzimmer nicht umfassen. Also konzentrierte sie sich rasch wieder auf das Wesentliche und antwortete mit einer Gegenfrage:
»Können Sie sich das nicht denken?«
Dabei zog sie den ausgedruckten Artikel des Vortags hervor und hielt ihn Schumann vor die Nase. »Wir interessieren uns nach wie vor für die Umstände, wie Sie an gewisse Informationen gelangt sind.«
»Ach, das sind doch olle Kamellen«, winkte Schumann verächtlich ab. »Es gibt aber mittlerweile einen neuen Artikel, den ich Ihnen zeigen kann. Wollen Sie ihn lesen? Habe eine nette Portion Marx und Engels eingebaut, nicht diesen abgegriffenen Mist, den Occupy mittlerweile für sich beansprucht. Ich bin kein Kommunist oder so, Gott bewahre, aber mein Großvater hat schon immer gesagt: Hochmut kommt vor dem Fall. Er war Kommunist, doch das ist eine andere Geschichte. Da fällt mir
Weitere Kostenlose Bücher