Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
ergänzte sie: »Immerhin habe ich deinen Göttergatten das halbe Wochenende um mich, so wie es aussieht. Der ist ja im Normalzustand schon kaum erträglich.«
»Prima, kaum daheim und schon habt ihr euch gegen mich verschworen«, kommentierte Hellmer augenzwinkernd. Dann ließ er seinen Blick suchend durch den Raum wandern. »Sag mal, hatten wir etwas Interessantes in der Post?«
»Liegt in deinem Büro«, antwortete Nadine. »Aber lass doch gut sein, das hat Zeit. Heute ist Julia dran.«
Nadine Hellmer war eine unendlich liebenswerte Frau, geduldig, wunderschön, ein ganzes Stück jünger als Frank und alles in allem ungefähr das, was man sich unter einer perfekten Ehefrau vorstellen konnte. Diesen Eindruck zumindest gewann jeder, der sie kennenlernte, doch Julia wusste, dass Nadine viel mehr als das war. Für Schönheit konnte niemand etwas, auch Julia war attraktiv und feminin. Doch gerade dann, so schien es, musste man alle anderen persönlichen Qualitäten besonders unter Beweis stellen, denn die Männerwelt unterschied offenbar nur zwischen hübschen, vollbusigen Dummchen und furchteinflößenden, unbefriedigten Erfolgsfrauen. Hinter Nadine Hellmers Fassade ruhte ein ganzer Fundus an Lebenserfahrung, sie hatte einen trinkenden, dem Absturz geweihten Partner überlebt, an den sie bis zuletzt geglaubt hatte und dem sie nach seiner Rettung großmütig zu verzeihen bereit gewesen war. Dann die Geburt und Pflege einer mehrfach behinderten Tochter, die zeit ihres Lebens auf fremde Hilfe angewiesen sein würde. Es gab kaum eine Frau, deren Lebenskraft Julia Durant mehr beeindruckte, und sie hoffte, nein, sie wusste mittlerweile, dass ihr Partner Frank dieses Geschenk nie wieder so verletzen würde, wie er es vor ein paar Jahren getan hatte.
Als Nadine wieder in der Küche verschwunden war, fragte Julia ein wenig besorgt: »Ich hoffe, wir haben Nadine nicht doch überrumpelt mit unserem Besuch? Immerhin ist das euer zweisames Wochenende.«
»Ach Quatsch«, murmelte Frank kopfschüttelnd. »Ich habe ihr schon Anfang der Woche gesagt, dass der Fall uns bis zur endgültigen Aufklärung noch einiges an Überstunden abverlangen wird. Und ob nun für zwei oder drei zu decken, das macht doch keinen Unterschied. Außerdem hat sie ja ausdrücklich nach deiner Gesellschaft verlangt.«
»Dann geh ihr wenigstens mal helfen, ich komme auch ein paar Minuten alleine klar.«
»Wenn du sehen willst, wie ich mit dem Rührlöffel aus der Küche vertrieben werde, dann bitte«, lachte Frank. »Aber im Ernst, Nadine hat sich so sehr gefreut, mal für uns drei zu kochen, das lässt sie sich nicht aus der Hand nehmen, glaub mir. Nachher beim Abwasch, da übernehme ich dann«, er lachte kurz, »und natürlich erwarte ich dabei deine Unterstützung.«
»Du alter Macho, das überlege ich mir erst noch. Aber sag, wann wollen wir morgen früh im Präsidium loslegen?«
»Hm. Später Vormittag?«, schlug Hellmer unschlüssig vor. »Kommt darauf an, wie viele Flaschen Wein ihr killen wollt. Ich bin da ganz offen …«
»Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich dir böse Hintergedanken unterstellen«, flachste Julia. »Aber wir sollten anpeilen, um zehn im Präsidium zu sein. Das Material ist nicht gerade wenig, und wenn man bedenkt, wie wenig wir in der Hand haben …«
»… dann solltet ihr unbedingt ausgeruht und entspannt an die Sache gehen«, vollendete die leise hinzugetretene Nadine den Satz. »Wenn ihr schon das halbe Wochenende im Büro vertrödelt, lasst uns wenigstens diesen schönen Abend gemeinsam verbringen und an andere Dinge denken, okay?«
»Abgemacht«, nickte Hellmer und erhob sich. »Los, Julia, zu Tisch!«
»So weit bin ich nun auch wieder nicht«, bremste Nadine ihn aus, »aber wir können uns einen Aperitif gönnen. Wie sieht’s aus, Julia?«
»Gerne«, lächelte die Kommissarin, und Frank sagte: »Das ist eine prima Gelegenheit, mich kurz zurückzuziehen und mal einen Blick auf die Post zu werfen.«
»Ach, lass das doch«, widersprach Nadine. »Auf einen Tag mehr oder weniger …«
Doch Frank stand schon im Türrahmen. »Dauert nur fünf Minuten, Ehrenwort«, bekräftigte er und war um die Ecke verschwunden.
Der Fisch schmeckte hervorragend, und das Ratatouille geizte nicht an Knoblauch und einem guten Schuss Wein. Als Beilage gab es Langkornreis, etwas ungewohnt, denn Julia konnte sich kaum daran erinnern, wann sie das letzte Mal Reis gegessen hatte – von zerkochten Zusätzen in
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