Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
wieder ab und ging zum Tisch.
»He, Arschloch, ich rede mit dir!«
Drechsler kicherte leise, es war ein unheimliches, bösartiges Gackern, dann wandte er den Kopf. »Wie kommen Sie darauf, dass ich etwas von Ihnen will?«
»Sie haben mir eins übergezogen und mich gefesselt, was soll das? Wissen Sie überhaupt, was das bedeutet? Die kommenden Jahre können Sie knicken, Sie fahren ein, das garantiere ich Ihnen.«
»Ha, Sie sollten sich mal hören«, erwiderte Drechsler höhnisch. »Die Kommissarin sitzt mit ihrem kleinen Hintern, der übrigens gar nicht unappetitlich aussieht, an einen Stuhl fixiert und faselt davon, mich einzubuchten. Das nennt man wohl Galgenhumor, oder?«
»Wollen Sie mich umbringen? Dann bringen Sie’s hinter sich, denn ich werde hier kein Spielchen spielen.«
»Habe ich auch nicht vor«, entgegnete Drechsler ruhig und verteilte gemächlich eine Handvoll Rasierschaum auf dem Gesicht. »Übrigens, bevor Sie anfangen wie wild rumzuschreien: Ich habe die Kiste hier perfekt abgedichtet, da dringt nichts nach außen. Ha, und selbst wenn«, er wies mit dem Kopf in Richtung Tür, »was glauben Sie, wie oft da draußen jemand vorbeilatscht? Vergebene Liebesmüh, das können wir uns also beide ersparen.«
Verzweifelt schielte Julia in Richtung Tür, sie verdrehte die Handgelenke, spreizte die Finger und versuchte, die Unterarme zu bewegen. Doch der Radius war zu gering, ihre Finger gelangten kaum weiter als bis zu ihren Jeanstaschen.
»Suchen Sie etwas? Vielleicht das hier?«, höhnte Drechsler. Er winkte mit der linken Hand, zwischen den Fingerspitzen hing Julias Handy. »Für wie dumm halten Sie mich? Ich sollte nun wohl beleidigt sein«, murmelte er und griff mit der Rechten ein altmodisches Rasiermesser.
»Ich wäre eine schlechte Polizistin, wenn ich nicht alles versuchen würde«, keuchte Julia, noch immer alle Muskeln angespannt, um die Festigkeit ihrer Fesselung zu testen.
»So schlecht können Sie nicht sein, sonst wären Sie wohl kaum hier. Ich erkenne das an, deshalb habe ich Ihnen vorhin nicht einfach die Kehle durchgeschnitten. Zugegeben, ich war ganz schön perplex, Sie hier vorzufinden, aber wie gesagt, ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen, bevor ich meinen Freund Manduschek besuche. So lange können wir uns also gerne ein wenig unterhalten.« Dann lachte er abfällig und schloss mit den Worten: »Es soll ja niemand dumm sterben.«
»Dumm sterben? So wie Eisner und die Löblers?«
»Oh nein«, lachte Drechsler selbstgefällig, »ich habe mich jedem von ihnen zu erkennen gegeben. Am meisten Spaß hatte ich bei Karl, dem alten Haudegen, er hat gewimmert wie ein geprügelter Hund. Schade, dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte, nachdem er auf den Asphalt geflatscht ist, aber ich konnte mich ja schlecht mit der Kamera zwischen die Leute drängeln. Dafür bin ich bei jeder Gelegenheit über den Fleck gelaufen«, fügte er grinsend hinzu und fuhr mit der Rasierklinge einmal vom Hals nach oben bis kurz unter das linke Auge. Die Bartstoppeln kratzten dabei, danach tauchte er die Klinge ins Spülbecken und wusch sie ab. »Ihre Kollegen haben zwar gut sauber gemacht«, ergänzte er, »aber ich werde die Stelle niemals vergessen.«
»Das wird dann auch alles sein, woran Sie denken, wenn Sie auf vier Quadratmetern vor sich hin vegetieren«, knurrte die Kommissarin. »Hoffentlich war es das wert.«
»Oh, das war es, keine Sorge. Aber Sie haben trotzdem recht, denn wenn ich demnächst in Paraguay am Pool liege, denke ich wohl eher an den netten Ritt, den ich mit Nathalie hatte, bevor ich ihr das Licht ausblies. Oh ja!« Seine Augen weiteten sich lüstern. »Ich habe jede Sekunde davon ausgekostet und werde jetzt noch ganz geil davon, wenn ich nur daran denke.«
Mit einem Ruck wandte er sich um und schritt ein Stück auf Julia zu, es durchfuhr sie heiß und kalt. Oh Gott, wenn du mich hörst …, dachte sie verzweifelt, doch dann blitzte sie auch schon der kalte, lüsterne Blick Arthur Drechslers an. Mit einer weißen, nach Seife riechenden Gesichtshälfte voller Schaum und der anderen, glattrasierten Wange wirkte er wie die Karikatur eines Comic-Bösewichts und auch ebenso abstoßend. Seine Finger wanderten über den obersten Knopf von Julias Bluse, dann den Hals hinauf bis unters Kinn. Angewidert schloss sie die Augen und drehte sich zur Seite, den Schmerz in ihrem Nacken so gut es ging ignorierend.
»Du bist gut in Schuss für eine Frau deines Alters«, hörte sie Drechsler
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