Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
amüsiert und spielte dabei auf den beachtlichen Stapel Mens Health und Readers Digest an, den sie in seinem Badezimmerregal gefunden hatte.
»Gib’s ruhig zu, in euren Frauenmagazinen steht das Gleiche.«
»Mag sein. Aber du weißt ja, dass ich mich nicht gerne in irgendeine Schublade einsortieren lasse.«
»Nein, sicher nicht.« Er schwieg einen Moment. »Ich freue mich sehr, dass du anrufst! Gerade bin ich zur Tür reingekommen und habe an dich gedacht. Das ist wohl Gedankenübertragung, na ja, oder Abendeinsamkeit.«
»Abendeinsamkeit?« Julia ließ gedankenverloren ihren Blick die Decke entlangwandern und folgte den Dampfschwaden, die gemächlich den Raum durchzogen.
»Ich war essen, denn ich hatte keine Lust, mir hier alleine etwas zu kochen. Und auf dem Heimweg habe ich mir dann überlegt, dass knapp vierhundert Kilometer manchmal schon ziemlich weit sind.« Claus seufzte. »Ach was, hör nicht auf mich, das ist schon wieder viel zu überschwenglich, also vergiss es lieber. Wie geht’s dir denn da oben so? Schon wieder bis zum Hals in Arbeit?«
»Na ja, eigentlich hätte ich ja noch frei gehabt«, begann Julia langsam, »aber wir haben in der Silvesternacht eine tote Frau bekommen, nun, genau genommen wurde sie natürlich erst eine ganze Weile später gefunden. Aber ja, um es kurz zu machen, das sieht nach einer ganzen Ecke Arbeit aus.«
»Du Arme. Ich habe dir ja gesagt, häng noch ein paar Tage dran.«
»Du weißt doch, dass das nicht ging. Klar, rückblickend betrachtet, wenn ich das Wochenende noch geblieben wäre, hätte ich nicht gleich einen Tatort gehabt. Doch das ist nicht mein Ding, zumal wir hier ohnehin auf halber Kraft fahren. Ich habe es dir erzählt, Doris, die Kollegin, in Mutterschutz und so.«
»Ich erinnere mich, ja. Aber ein schöner Gedanke war es trotzdem.«
»Ja«, säuselte Julia zurück und lächelte.
Die beiden unterhielten sich noch ein paar Minuten, dann verabschiedeten sie sich, und Julia legte das Telefon neben der Badewanne auf dem Handtuch ab und schlug eine Ecke davon schützend über das Gerät. Sie ließ sich hinabsinken in den noch immer knisternden Schaum, schloss die Augen, und ihre Gedanken kreisten um München … und um Claus. Er hatte es zwar nicht gesagt, und er würde es wohl auch nicht von sich aus sagen. Aber wann immer das Gespräch auf Frankfurt oder ihre Distanz kam, hatte Julia das Gefühl, er warte auf eine Einladung, auf eine Aufforderung oder auf ein sonst irgendwie geartetes Signal von ihr. Doch auch heute hatte Julia es vermieden, das Thema aufzugreifen, und sie grübelte, während sie bis zum Kinn ins Wasser hinabgesunken dalag, darüber nach, warum sie sich nicht zu diesem Schritt durchringen konnte.
Das Badewasser kühlte immer weiter ab, der Lavendelduft lag zunehmend schwer in der Luft, und Julias Gedanken waren zurückgekehrt zum Büro und der laufenden Ermittlung. Sie hatte sich dagegen zu wehren versucht, aber es war stärker als sie.
»Du musst umschalten«, klang der Rat von Alina Cornelius streng mahnend nach, obwohl es schon so lange her war, dass sie ihr diesen gegeben hatte. »Dein Zuhause ist ein Ort für dich, nicht für das Büro und nicht für dein Team. Du allein bestimmst, wer dich dorthin begleiten darf, in Gedanken oder auch real, vergiss das nicht. Ich lese selbst Fachbücher bei mir auf der Couch, nehme auch mal eine Akte mit, das gebe ich zu. Manche Kollegen halten auch ihre Sitzungen zu Hause, das ist jedem selbst überlassen. Aber je klarer du die Grenze ziehst, das kann ich dir aus leidvoller Erfahrung sagen, desto weniger brennst du aus.«
Wieder so ein Vorsatz, dachte Julia, die es um jeden Preis verhindern wollte, dass sie sich nur wegen des neuen Jahres etwas Wichtiges vornahm, um dann damit zu scheitern, wie es den meisten Vorsätzen vorbestimmt war. Aber die Trennung von Beruflichem und Privatem beschäftigte sie ja schon länger, von daher war es legitim, sich ab und an daran zu erinnern.
In ihren weißen Frottee-Bademantel gehüllt tappte Julia wieder in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Mist, stellte sie fest, als sie die gähnende Leere sah und unmittelbar darauf die verschrumpelte Paprika im Gemüsefach. Hättest heute unbedingt einkaufen müssen. Andererseits war es für ein üppiges Mahl ohnehin zu spät, höchstens einen Salat bestellen, überlegte sie, doch wer liefert schon unter zehn Euro, und eine Pizza dazu wäre blankes Gift für die Hüfte. Julia öffnete die angebrochene
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