Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
in Tschetschenien gemacht, und um ein Haar hätte man mich vor ein paar Jahren im Kosovo eingebuchtet und wahrscheinlich im Anschluss verschwinden lassen. Glauben Sie mir …«
»Zum Glauben sind wir nicht hier«, unterbrach die Kommissarin ihn barsch. »Es geht um Ihre Berichterstattung über den Mörder im Bankenviertel, wie Sie es in Ihrem Artikel bezeichnet haben.«
»Da steckt eine Menge Glaube drin, wenn Sie mir diesen Widerspruch gestatten«, entgegnete Schumann spitzzüngig. »Das macht doch einen guten investigativen Journalismus aus, nicht wahr? Man sammelt Fakten und verknüpft diese mit einer Theorie, und zwar mit der, die man für die wahrscheinlichste hält. Entweder trifft man damit ins Schwarze, oder man wirbelt dabei zumindest so viel Staub auf, dass eine andere Wahrheit ans Licht kommt. Wenn Sie mich fragen, ist eines so gut wie das andere.«
»Und Ihre Theorie ist, dass der Direktor eines internationalen Unternehmens eine junge Frau ermordet und danach keinen besseren Ort findet als ausgerechnet den eigenen Hinterhof?«, warf Hellmer ein.
»Das kann man so und so sehen«, erwiderte Schumann. »Ist doch ein prächtiges Argument vor Gericht. Aber Herr Richter«, er verstellte seine Stimme, »ich hätte doch niemals mein Mordopfer vor der eigenen Tür abgelegt.«
»Dies zu beurteilen überlassen wir aber bitte auch dem Richter, wo wir schon beim Thema sind«, gab Hellmer zurück. »Was wir von Ihnen wissen müssen, ist zum einen, auf welche Quellen Sie sich berufen, und zum anderen, woher verdammt noch mal Sie dieses geschmacklose Foto haben?«
»Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich Ihnen meine Quellen preisgebe?«, sagte Schumann entgeistert. »Damit würde ich sämtliche Grundsätze meines Berufes verletzen.«
»Das kann man sehen, wie man will«, widersprach Julia. »Investigativ, um Ihre Wortwahl zu benutzen, arbeiten wir an diesem Fall auch. Nur möchten wir damit eine ordnungsgemäße Aufklärung des Verbrechens und darüber hinaus die Verurteilung des ermittelten Täters erreichen. Berichte wie der Ihrige, und davon werden uns morgen einige um die Ohren schwirren, machen dieses Unterfangen so gut wie unmöglich, weil nun jeder, der über den Fall liest, ein vorgefertigtes Urteil haben wird. Dann bilden sich die üblichen zwei Fronten, die eine für, die andere gegen den Verdächtigen, insbesondere weil es sich um einen prominenten Mitbürger handelt. Schuldig oder nicht, hinterher wird jedes Urteil für einen Großteil der Öffentlichkeit als Farce gesehen. Das alles haben Sie offenbar nicht bedacht, als Sie Ihre ethischen Grundsätze erwähnten, oder irre ich mich?«
»Netter Versuch«, lächelte Schumann, »aber ich kann Ihnen trotzdem nicht helfen.«
»Zu behaupten, nicht zu können, ist hier wohl gleichzusetzen mit nicht zu wollen«, gab Julia zurück. »Aber das ist Ihre Sache. Da Sie augenscheinlich Ihren Zugang zu internen Ermittlungsergebnissen nicht offenlegen wollen, werden mein Kollege und ich eine Ebene höher gehen müssen. Was meinst du, Frank«, wandte sie sich an Hellmer, »die eine oder andere Sanktion dürften wir schon durchbekommen bei dieser Sachlage, oder?«
»Strafrechtlich oder zivilrechtlich?«, gab dieser zurück und gab sich gleich selbst die Antwort. »Na, wahrscheinlich greift beides. Ich rufe gleich mal ein paar Leute an.« Mit diesen Worten erhob Hellmer sich und drehte sich um, gerade rechtzeitig, wie Julia sehen konnte, um ein amüsiertes Grinsen zu verbergen.
»Moment, Moment«, rief Schumann, dessen Gesichtsfarbe um einige Nuancen heller geworden war. »Ich kenne meine Rechte, Sie können da gar nichts machen.« Doch er klang lange nicht mehr so selbstsicher wie zuvor.
»Na ja, nichts würde ich nicht sagen«, widersprach Julia und tat gelangweilt.
»Es ist aber tatsächlich so, dass ich Ihnen nicht helfen kann.«
»Moment, Frank«, sagte Julia, dann wandte sie sich wieder zu Schumann. »Erklären Sie das bitte.«
»Ich habe eine E-Mail bekommen, vorgestern bereits, darin war eine Fotodatei und ein paar Zeilen Text.«
»Von wem und was stand drin?«, wollte Hellmer wissen, der sich wieder neben Julia gesetzt hatte.
»Weiß ich nicht, also den Absender meine ich«, erklärte Schumann, dem mittlerweile Schweißperlen auf der Stirn standen. »In der Mail stand sinngemäß, dass ich, falls ich Interesse an gutem Journalismus habe und den Printmedien eine Nase voraus sein wolle, weiteres Material bekommen könne.«
»Zu welchem Zweck?
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