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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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ihn anzusprechen, ohne sich vorher Mut anzutrinken, und hat es dann bis zu seiner Fußmatte geschafft. Genau diese Magie Medinas ist mein Werk. Als ich ihn entdeckt habe, war er ein Nichts. Aber ich habe sein Potential erkannt und alles darangesetzt, dass auch alle anderen es erkennen. Heute Abend ist mir das gelungen. Und das alles habe ich aus einem einzigen Grund getan: Ich wollte zu Hause bei Anna in Stockholm anrufen und ihr ein Leben anbieten können. Diesen Augenblick hast du mir nun geraubt, Mikael.«
    Es war das erste Mal, dass Victor seinen Schwiegervater mit dem Vornamen ansprach, und er setzte ihn wie einen Dolchstoß in Steens Rücken ein.
    »Du hast mich um den wichtigsten Augenblick meines Lebens gebracht, Mikael. Stürmst hier rein und führst dich auf, als hättest du mich bei etwas Unrechtem ertappt. Du hast mir die Chance genommen, als ein Mann aufzutreten, den Anna lieben kann. Ich weiß nicht, ob ich jemals in der Lage sein werde, dir das zu verzeihen. Mit welchem Recht hast du das getan? Du bist Annas Vater, nun gut. Aber ich bin Annas Mann. Anna hat mich als den wichtigsten Mann in ihrem Leben gewählt, Mikael. Aber du musst immer alles kontrollieren! Du willst Anna kontrollieren, und du willst mich kontrollieren, wie du auch deine Frau kontrolliert hast, bis sie es nicht mehr ertragen hat.«
    »Zieh Annas Mutter nicht in diese Sache hinein!« Steen konnte sich kaum mehr beherrschen. Sein Blutdruck stieg und gab ihm eine ungesunde Gesichtsfarbe.
    »Dann misch du dich nicht in mein Leben ein!« Victor grinste in sich hinein. Steen hing am Haken, er musste ihn nur noch einholen. »In fünf Jahren werde ich mehr Geld haben, als du es dir je wirst vorstellen können. Dann wirst du es bitter bereuen, dich heute Abend in mein Leben gedrängt und den großen Zampano gespielt zu haben.«
    Michael Steen schnappte nach Luft und versuchte, die Kontrolle über sich zurückzugewinnen. »Ich kann das erklären«, sagte er.
    »Ich brauche keine Erklärungen, Schwiegervater.«
    Der Ausgang des Kampfes war jetzt offensichtlich. David hatte den Gnadenstoß ausgeteilt, und Goliath wankte.
    »Die Dinge sprechen für sich.« Victor stand auf und entfaltete sein gesamtes Ego. Als Zeichen dafür, dass das Treffen beendet war, öffnete er die Wohnungstür.
    Michael Steen wusste, dass er verloren hatte. Er wandte sich bittend an seine Tochter. »Kommst du, Anna?«
    Anna sah ihn mit farblosen Augen an. »Ich bleibe hier bei Victor.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich gehöre hierher«, sagte sie leise.
    Victor bekam beinahe Mitleid mit seinem Schwiegervater, als er Annas Antwort hörte. Etwas in dem Gesicht des Mannes verlosch. Steen wirkte mit einem Mal sehr klein und sehr alt, als er sich in den Mantel wickelte, wie zum Trost. Er drehte sich um und wäre auf der Treppe fast gestolpert. Auf das Geländer gestützt, ging er langsam nach unten, Stufe für Stufe, bis die Eingangstür hinter ihm ins Schloss fiel. Es war das erste Mal, dass Michael Steen derart bloßgestellt worden war. Dem mächtigen Diplomaten waren erst die Flügel gestutzt worden, und dann hatte man ihn verjagt wie einen Lausejungen.
    So überzeugend habe ich niemals zuvor gelogen, dachte Victor. Er blickte in Anna Steens verweinte Augen und dachte, dass er sie eigentlich nie wirklich geliebt hatte.
    »Vergib mir und vergib Papa.« Anna klammerte sich an Victors kräftigen Körper. »Er hat es für mich getan, er hat geglaubt, du hättest mich betrogen.«
    »Das Wichtigste ist, dass wir wieder zusammen sind«, hörte Victor sich selbst sagen. Er hoffte, dass es überzeugend klang. Die Gedanken stürmten auf ihn ein, und er suchte händeringend nach einer Lösung für das entstandene Problem. Anna durfte um keinen Preis mit Gina oder James sprechen, ehe er ihnen eingeschärft hatte, was sie sagen sollten.
    Anna riss ihn brutal aus seinen Gedanken. »Du wirst Vater, Victor. Du und ich, wir bekommen ein Kind.«
    Victor überspielte seinen Schock mit einer festen Umarmung, dann streichelte er ihr sanft über die Haare. »Das ist wahrhaftig der bedeutendste Tag meines Lebens.« Innerlich aber tobte er, verfluchte Anna, Michael, Schweden und den Tag, an dem er der Russischstudentin Anna Steen in einem Studententreff in Moskau begegnet war.
    Damals hatte er in ihr das Ticket in die Freiheit gesehen, einen Weg in die Welt jenseits des Eisernen Vorhangs. Jetzt hatte sich das genau ins Gegenteil verkehrt. Sie war ein Klotz am Bein, der ihn daran hinderte, seine neu

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