Tödlicher Applaus
jeden Versuch von Zurückhaltung zunichtemachte. Sie küssten sich, als sie den Korridor entlanggingen, und konnten nicht einmal voneinander lassen, als Tom mit der Schlüsselkarte herumfummelte, um die Tür zu öffnen. Immer wieder blinkte das rote Lämpchen, und die Tür blieb verschlossen. Als er sie schließlich aufbekam, war einer ihrer Absätze abgebrochen und sein Hemd zerrissen.
Kichernd wie zwei Teenager fielen sie auf das breite Hotelbett, das geräuschvoll federte. Vorsichtig knöpfte Tom den obersten Knopf ihres Kleides auf. Dann den nächsten. Jeder Knopf war eine Sprosse auf der Himmelsleiter, auf der er sich Stück für Stück Katjas schönem Körper näherte. Der feine Stoff ihrer Unterwäsche bedeckte ihre Brustwarzen und ihren Schamhügel wie ein durchsichtiger Schleier. Tom dachte an Salomes Tanz und dass er jetzt gleich den siebten Schleier entfernen würde. Er streichelte ihre Brüste, ihren Bauch und ließ seine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten, als ihr Körper sich plötzlich verkrampfte und zu einem Bogen spannte. Sie begann zu weinen wie ein Kind, hemmungslos, die Tränen strömten aus ihren Augen, ihr Gesicht quoll auf. Der Augenblick war vorbei.
Toms Selbstbewusstsein verpuffte. Übrig blieb der tröstende Tom, Trottel-Tom, der trantütige und eingeschüchterte Tom. Er wickelte sich in eine Decke und holte ihr ein Glas Wasser.
»Es tut mir so leid«, sagte sie schluchzend.
Die ultimative Abweisung.
»Glaub mir, das hat nichts mit dir zu tun.«
Das hatte Tom schon öfter gehört. Er hielt das Glas an ihre Lippen und veranlasste sie, ein paar Schlucke zu trinken. Dann stellte er das Glas auf den Nachtschrank und ging zum Sofa, um sich dort sein Nachtlager einzurichten.
»Nein«, sagte sie. »Bleib hier. Ich möchte in deinen Armen einschlafen. Morgen werde ich dir alles erklären. Du bist der netteste Mann, dem ich jemals begegnet bin.«
Tom legte sich vorsichtig neben sie, das Gesicht in ihre Halsbeuge gepresst, teils, um seine Enttäuschung zu verbergen, teils, um ihr so nah wie möglich zu sein. Sie ließ ihn gewähren. Ihre Halsschlagader pochte leicht gegen seine Lippen. Dann wurden die Schläge schneller und energischer. Eine unsichere Hand tastete sich zu der Mulde unter ihrem Haaransatz vor. Sie antwortete, indem sie eine seiner Locken um ihren Finger wickelte und sich fester an ihn schmiegte. Tom atmete tief ein, um den Irisduft von Katjas warmer Haut zu trinken. Das schmerzliche Sehnen, sich mit ihr zu verschmelzen, wurde stärker.
Katja fasste Tom sanft ums Kinn und zog seinen Mund zu ihrem. Tom presste sich an sie. »Fühlst du, wie sehr ich mich nach dir sehne?« Katja nickte und antwortete, indem sie die andere Hand um seine aufragende Liebeserklärung legte. Sie öffnete sich und koppelte sie wie einen Stromkreislauf zusammen, in dem Katjas warmes Yoni Toms hartes Lingam umschloss. Würden sie auch nur einen Augenblick voneinander ablassen, würde die Magie kurzschließen.
Gliedmaßen verflochten sich immer wilder und fordernder, bis sie vom kleinen Tod eingeholt wurden. Sie klammerten sich aneinander und an die Hoffnung, die Zeit in den kurzen Augenblicken unsterblicher Ekstase anzuhalten.
»Bella figlia dell’ amore«, sagte Tom leise. »Schiavo son die vezzi tuoi. Schöne Tochter der Liebe, ich bin ein Sklave deiner Zärtlichkeiten.«
Sie und er, für eine kurze Sekunde von den Göttern geliebt.
»Prostitution in der Oper!«
Tom Hartmanns Handy sandte Elektroschocks durch seine Hirnrinde. Da ein echter Journalist nie bei ausgeschaltetem Handy schläft, hatte er es, noch benommen vom frischen Glück, wieder eingeschaltet und war mit dem Kopf unmittelbar daneben eingeschlafen. Das bezahlte er jetzt mit stechenden Kopfschmerzen, die von seinen Augen bis in den Nacken ausstrahlten, und er stellte fest, dass er den James-Medina-Klingelton allmählich leid war.
Er ergriff das Mobiltelefon und flüsterte: »Tom.«
»Warum flüsterst du?«
»Mein Gott, Cathrine, es ist mitten in der Nacht.« Die Schmerzen wurden stärker, als er das Handy ans Ohr hielt.
»Es steht auf den Titelseiten von zwei Zeitungen, VG und Dagbladet . ›Prostitution in der Oper!‹ Hat die geheimnisvolle Frau mit dem Mord an Medina zu tun?« In Cathrines Stimme schwang wieder der Na-was-habe-ich-gesagt-Ton mit, den Tom so hasste. Er stieg aus dem Bett und ging auf den Flur, um Katja nicht zu wecken.
»Du hast Diskretion versprochen.«
»Das Leck ist nicht bei uns. Das muss von der
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