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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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ohne mit der Wimper zu zucken. »Aber ich bin ja auch nicht tagein, tagaus mit Medinas Groupies unterwegs.«
    »Hatte er feste Prostituierte?«
    »Bitte, Cathrine. Ich weiß viel über seine Auftritte, seine Bühnenpräsenz, aber nicht über sein Sexualleben, jedenfalls nicht die Details, die du wissen willst.«
    »Ich dachte, es läge in deinem Interesse, dass der Schuldige gefasst wird.«
    Tom spürte Cathrines Misstrauen durch das Telefon. »Im Augenblick gilt mein größtes Interesse meinem Bett. Können wir morgen weiterreden?«
    »Bist du allein?«
    »Das geht dich eigentlich nichts an.«
    »Ist sie schön?«
    »Gute Nacht.«
    Tom ging zurück ins Zimmer. Katja war aufgewacht, hatte sich hingesetzt, die Decke bis zum Hals hochgezogen und eine Nachttischlampe eingeschaltet. Sie sah wie ein kleines Mädchen aus, das aus dem Schlaf aufgeschreckt war und nicht wusste, wo es war.
    »Ich friere, wenn du nicht neben mir liegst.«
    Katjas Augen glänzten wie Kristallprismen. Er könnte sich für immer in ihnen verlieren. Tom schmiegte sich an ihren warmen Körper und schaltete das Licht aus. Dann legte er den Mund an ihr Ohr und flüsterte: »E ta, beltade ignota, cinta di chiome bionde! Tu azzuro hai l’occhia … Und du, unbekannte Schöne, bist bekränzt mit blonden Locken! Blaue Augen hast du.« Plötzlich wurde ihm bewusst, dass Medina dies kurz vor seinem Tod gesungen hatte.
    Unten auf der Straße stand im Dunkeln ein Mann und blickte zu dem Fenster hoch, hinter dem gerade das Licht verloschen war. Er warf einen Blick auf das Display seines Handys. Er hatte soeben den Anhang der E-Mail geöffnet, die Tom Hartmann wenige Augenblicke zuvor erhalten hatte. Er seufzte. Jetzt hatte er keine andere Wahl mehr. Er strich sich die blonden Locken nach hinten, steckte die Hände in die Taschen und schlenderte über die Straße davon.
     

Diskret ist der Tod
    Rudi Maier saß mit einer Tasse Kaffee im Frühstückssaal. Er hatte einen Tisch hinter einer Säule gewählt, von wo aus er den Rezeptionsbereich im Blick hatte, ohne selbst gesehen zu werden. Katja durfte keine Gelegenheit bekommen, etwas zu unternehmen, bevor er mit ihr geredet hatte. Rudi wusste, dass Tom Hartmann nach Bregenz wollte, und hoffte, dass Katja nicht mit ihm fuhr. Das würde die Situation unnötig verkomplizieren.
    Eine Gestalt mit struppigen Haaren und Bart und einem leicht verknitterten Leinenanzug trat an die Rezeption. Er wandte sich an den Portier, der gleich darauf zum Telefonhörer griff. Dann schrieb er etwas auf einen Zettel, den er dem etwas vernachlässigt wirkenden Gast reichte.
    Rudi lehnte sich diskret an die Säule und erkannte Tom Hartmanns Profil, als dieser auf den Ausgang zusteuerte. Katja war also jetzt allein im Zimmer. Rudi stand auf und ging zum Fahrstuhl.
    In dem menschenleeren Flur stand ein herrenloser Reinigungswagen mit einem großen, leeren Müllsack. Er schob den Wagen eilig vor sich her, stellte ihn vor Toms Zimmer ab und holte die Schlüsselkarte hervor, die er bereits zwei Tage zuvor benutzt hatte. Er zog sie durch das Schloss. Es blinkte rot. Das versetzte seiner Zuversicht einen ziemlichen Dämpfer, doch dann versuchte er es ganz ruhig noch einmal in die andere Richtung. Dieses Mal leuchtete die Lampe grün auf, und Rudi schlüpfte in den kleinen Vorraum.
    Die Gardinen im Zimmer waren zugezogen. Es roch nach Schlaf und dieser abgestandenen Mischung aus Träumen, Körperausdünstungen und Kohlendioxid.
    »Tom, bist du das?« Katja klang schläfrig.
    Rudi antwortete nicht, trat stattdessen einen Schritt vor, zeigte sich und sagte: »Hallo!«
    Katja stieß einen leisen Schrei aus und zog die Decke bis zu den Schultern hoch. »Du?«
    »Du klingst enttäuscht, Katja.« Rudi zwinkerte ihr zu.
    »Wie bist du hier reingekommen? Ist Tom auch da? Er wollte doch weg?«
    »Nein, Tom ist nicht hier. Tut mir leid, dass ich so aufdringlich bin.« Rudi legte den Kopf zur Seite und sah Katja treuherzig an. »Es gibt da etwas, das du wissen solltest.« Er setzte sich auf die Bettkante und streckte die Beine aus. Sorgsam strich er sich eine Locke aus der Stirn und schob sie hinter das linke Ohr.
    Katjas Unruhe wuchs. Was wollte Rudi in Toms Zimmer? War er ihnen gefolgt? Schon gestern Abend? »Er hat mich gestern Abend zum Essen eingeladen und …«
    »Es ist mir egal, was du nachts machst, Katja. Du bist mir keine Rechenschaft schuldig.«
    Rudis Verhalten verriet nichts. Es saß einfach nur da und betrachtete sie, während er mit der

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