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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
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Ghetto, aber es war eben kein geschlossenes Viertel mehr, und die Gefahren des Stadtlebens lauerten auch hier.
    Guy und Pamela Rossmoyne passten äußerlich perfekt zueinander. Sie waren ähnlich groß und beide schlank, hellhäutig und blauäugig. Pam konnte man ansehen, dass sie früher das glänzende schwarze Haar gehabt haben dürfte, das wir von Lilahs Fotos kannten. Jetzt waren ihre Haare stumpf vom Alter und unnatürlich rot von zu viel chemischer Nachbesserung. Ihre verkniffenen Gesichtszüge sprachen von einem Leben voller Enttäuschungen und Bitterkeit.
    Obwohl die beiden seit Ewigkeiten verheiratet waren, wirkten sie wie Fremde, die zufällig auf denselben Zug warteten. Sie berührten sich nicht und waren auch sonst einander nicht zugewandt. Seit sie in den beiden Sesseln gegenüber vom Sofa Platz genommen hatten, hatten sie nicht einmal mehr einen Blick gewechselt.
    Guy räusperte sich, beugte sich vor und sprach mit leiser, eindringlicher Stimme. »Ich habe mich zu diesem Treffen nur bereit erklärt, weil ich Sie wissen lassen wollte, dass Simon Bayer meine Tochter in den letzten beiden Jahren gnadenlos belästigt hat.«
    Interessant, dass er immer »ich« und »meine« sagte, statt »wir« und »unsere«. Ich sah aber auch schon, warum. Während Guy diese Dinge zu beschäftigen schienen, ließ die Art und Weise, wie Pam ihre Hände betrachtete, darauf schließen, dass ihre Nägel sie mehr interessierten als die Tatsache, dass man ihre Tochter verfolgte. Nach wenigen Minuten hatte ich bereits eine Menge über Lilah gelernt.
    Ich konnte Guy noch nicht verraten, dass Simon tot war, also konnte ich ihn auch hinsichtlich der Belästigungen nicht beruhigen. Da seine Tochter bei dem Mord an Simon die Hand im Spiel hatte, lastete das allerdings auch nicht allzu schwer auf meinem Gewissen. »Das wusste ich nicht«, sagte ich. Obwohl ich ihm glaubte und es auch verstand.
    Guy nickte. »In den ersten sechs Monaten nach dem Prozess kam er jeden Tag her.«
    »Was hat er denn hier getan?«, fragte ich.
    »Er saß einfach nur draußen und hat auf Lilah gewartet. Manchmal hat er auch Briefe für sie dagelassen.«
    »Und was passierte, wenn er sie sah?«, fragte ich und nahm mir vor, mir nach dem Gespräch die Briefe geben zu lassen.
    »Er hat sie nie gesehen«, antwortete Pam. »Sie war nie hier. Sobald sie aus der Untersuchungshaft raus war, ist sie verschwunden.«
    »Wir haben ihm auch gesagt, dass sie nicht hier ist«, sagte Guy. »Er hat uns aber nicht geglaubt. Ein paarmal haben wir die Polizei gerufen, aber die haben nie irgendetwas getan. Sie haben ihn einfach zurückgefahren nach … wohin auch immer.«
    »Wohin ist Lilah denn gegangen?«
    »Keine Ahnung, danach habe ich sie nie gefragt«, sagte Pam unbekümmert.
    Das nahm ich ihr ohne Weiteres ab, so froh, wie sie wirkte.
    »Sie hat schon immer getan, was sie wollte, wann immer und wo immer sie wollte«, fuhr Pam fort. »Da musste man ihr gar nicht reinzureden versuchen.«
    Nicht nur die Worte waren bezeichnend, sondern vor allem auch die Art und Weise, wie sie sie aussprach. Das erinnerte mich an Ricks Bemerkung, dass Pam in vielerlei Hinsicht eifersüchtig auf ihre Tochter sei, und das war tatsächlich aus jedem Satz herauszuhören. Mir fiel auf, dass sich Guy immer abwandte, wenn seine Frau sprach. Die beiden hatten eine vollkommen unterschiedliche Einstellung zu Lilah. Vermutlich galt das auch für alles andere in ihrem Leben.
    »Wann hat Simon denn zum letzten Mal geschrieben?«, fragte ich.
    »Das ist schon eine Weile her«, sagte Guy. »Vor einem Jahr vielleicht?«
    Pam sah ihn scharf an. Es war das erste Mal, dass sie ihren Mann überhaupt wahrnahm. Die Botschaft war aber angekommen.
    »Möchten Sie noch einmal darüber nachdenken?«, fragte ich.
    Guy blickte zur Seite und klammerte sich an die Armlehnen seines Sessels, bis die Knöchel weiß hervortraten.
    »Vor einem Monat?«, sagte er nach einer Weile und blickte an die Decke.
    Ich sah Pam an und wartete auf die Bestätigung.
    Sie nickte kalt.
    »Ich nehme an, Sie haben die Briefe aufbewahrt für den Fall, dass Lilah etwa zustoßen sollte«, sagte ich.
    Dabei sah ich Guy an, denn ich hatte das Gefühl, dass Pam nichts gleichgültiger sein könnte, als wenn ihrer Tochter etwas zustieße. Solange es Pam nicht in ein schlechtes Licht rückte.
    »Ich hole sie«, antwortete Guy. Er verließ den Raum und warf seiner Frau einen verbitterten Blick zu.
    Pam betrachtete wieder ihre Fingernägel. Wir saßen da

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