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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
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um, fuhr zurück und versuchte, sich loszureißen. Ein paar Sekunden später sank John Does Arm hinab, und die Frau riss sich los. John Doe sah ihr noch einen Augenblick nach, dann sackte er in sich zusammen und verschwand aus dem Bild. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau bereits außer Sicht.
    »Das war also der Moment, in dem er erstochen wurde«, sagte ich. »Man sieht aber nicht, wer es getan hat.«
    »Weil unser John Doe den Täter mit seinem Körper verdeckt hat, zumindest aus dem Winkel dieser Kamera.«
    »Außerdem konnte ich auch nicht erkennen, was die Frau getan hat, kurz bevor er zu Boden ging, oder?«
    »Stimmt«, antwortete Bailey. Sie zeigte auf den Bildschirm. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, das Ganze noch einmal abzuspielen?«
    Wir sahen es uns erneut an. »Hier«, sagte ich und tippte auf den Bildschirm. »Er packt ihren Arm, sie hält an, dann kann sie sich irgendwie befreien und dreht sich um. Er steht aber noch.«
    »Richtig«, stimmte Bailey zu. »Er wurde also erstochen, nachdem er bereits losgelassen hatte.«
    »Könnten Sie bitte ein bisschen zurückspulen und das Bild einfrieren?«, fragte ich.
    Die Frau nickte.
    Wieder sah ich, wie der Obdachlose nach dem Unterarm der Frau griff. In dem Moment, als die Frau ihren Arm wegzog, bat ich die Ladenbesitzerin, das Bild einzufrieren. Ich zeigte auf den Bildschirm, wo John Doe immer noch aufrecht stand. »Das lässt es wenig plausibel erscheinen, dass der Messerstecher sie einfach nur beschützen wollte«, befand ich.
    »Obwohl das auch nicht ausgeschlossen wäre«, sagte Bailey. »Wir brauchen Überwachungsmaterial aus einer anderen Perspektive.«
    »Idealerweise solches, das den Messerstecher zeigt«, stimmte ich zu. »Außerdem wäre es schön, diese Frau zu finden. Sie muss irgendetwas gesehen haben.«
    »Stimmt«, sagte Bailey.
    »Warum ist sie aber einfach gegangen, ohne die Sache zu melden?«, fragte ich.
    Bailey schüttelte den Kopf.
    Wir verfolgten die Aufnahme weiter. Unser John Doe verschwand aus dem Bild. Fußgänger strömten vorbei. Irgendwann hielt ein Mann an und blickte zu der Stelle hinab, wo John Doe hingefallen war, dann ging er weiter. Ein paar Minuten später richtete ein junges Mädchen sein iPhone auf die Stelle und lief dann weiter die Straße entlang. Ansonsten teilte sich der Strom der Passanten wie vor einem unsichtbaren Hindernis, um sich gleich dahinter wieder zu schließen. Es bereitete mir physisches Unbehagen, mit anzusehen, wie einer nach dem anderen direkt an unserem John Doe vorbeiging, ohne ihm auch nur einen zweiten Blick zuzuwerfen.
    Der Zeitangabe zufolge lag John Doe zweieinhalb Stunden auf dem Boden, bevor die Polizei eintraf.

10
    C hase schlenderte in ihr Büro und legte mit gespielter Gelassenheit den Speicherstick auf den Schreibtisch. »Wir haben ihn«, sagte er mit einem überlegenen Lächeln.
    Sabrina warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Das werden wir ja sehen«, antwortete sie. Eigentlich hatte sie aber keine Zweifel. Chase war kein Angeber. Beharrlich und brillant, wie er war, hatte er eine nahezu perfekte Erfolgsbilanz. Das war auch der Grund, warum sie ihn zu ihrer rechten Hand gemacht hatte. Das und die Tatsache, dass sie ihm mehr traute als sonst jemandem auf der Welt. Das hieß allerdings nicht viel, da sie praktisch niemandem traute. Sabrina wartete, bis sich Chase auf das bequeme Sofa rechts von ihrem Schreibtisch gesetzt und seine »Tarnung« abgelegt hatte: die Perücke und die falsche Brille. Sabrina war eigentlich keine Freundin von Verkleidungen. Zu oft sah man ihnen auf den ersten Blick an, dass sie Verkleidungen waren, und das zog dann erst recht die Aufmerksamkeit auf sich. Andererseits musste sie zugeben, dass Chase keine andere Wahl hatte. Seine lange Nase, die stechenden Augen mit den unverschämt langen Wimpern und das dicke lockige Haar stellten eine Kombination dar, die selbst bei wenig achtsamen Zeugen einen starken Eindruck hinterließ.
    »Mein Bericht war also brauchbar?«, erkundigte sie sich.
    »Ich weiß nicht, wie du das machst, aber er war perfekt.«
    Sabrina steckte den Speicherstick in den Computer, griff dann zur Fernbedienung und drückte auf einen Knopf. Vor der Fensterwand glitten bodenlange Metalljalousien hinab und schlossen die Nachmittagssonne aus. Das einzige Licht im höhlenartigen Büro kam jetzt noch vom kobaltblauen Schein der Fernbedienung.
    Sie drehte sich mit dem Stuhl zur Wand zu ihrer Rechten und drückte auf einen weiteren Knopf. Ein

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