Toedlicher Blick
East Seventh, vor dem indischen Restaurant ›Kanpur‹, falls Sie das kennen … Man hat vor rund einer Stunde die Leiche einer Frau in einem Müllcontainer gefunden. Wir konnten sie noch nicht identifizieren, aber die Frau war jung, schlank, blond und nackt, und sie ist mit einem Seil oder Kabel erwürgt worden. Hat vielleicht nichts mit Ihrem Fall zu tun, aber der Lieutenant meint, Sie sollten erfahren, dass sie in das Profil der Frauen passt, die Sie da ausgegraben haben …«
»O Gott …«
»… und sie passt zu der Beschreibung von der Frau, die bei Randy Withcomb gewohnt hat. Wir wissen noch nicht mit Sicherheit, ob es sich um diese Frau handelt, aber wir lassen eine Blutprobe nehmen und sollten recht bald Bescheid wissen. Wir sind dabei, einen Nachbarn von Withcomb zu suchen, der sie mal gesehen hat. Einer unserer Jungs hat anscheinend so einen Nachbarn bereits aufgetrieben, aber wir kennen ihren Namen immer noch nicht.«
»Okay.« Lucas dachte einen Moment nach, spürte den Drang, sich wieder hinzulegen. »Gibt es was Interessantes zu sehen, wenn ich jetzt gleich hinkomme?«
»Nun ja, die Leiche, so, wie sie gefunden wurde … Wir wickeln den ganzen Routinekram ab, also dauert’s noch eine Weile. Sie können sich die Aufnahmen vom Fundort ja später ansehen. Aber wenn wir diesen Nachbarn herkriegen …«
»Ehm, hören Sie … Machen Sie erst mal weiter. Ich komme rüber.«
»Sie wissen, wo das ist?«
»Ja. Passen Sie auf, ich gebe Ihnen eine Telefonnummer …« Er nannte dem Cop Dels Nummer, erklärte dann: »Er hat nach anderen Frauen gesucht, die für Randy gearbeitet haben, und vielleicht kennt eine von denen diese Frau – für den Fall, dass der Nachbar sie nicht identifizieren kann.«
»Ist es denn in Ordnung, wenn ich dort mitten in der Nacht anrufe?«
»Oh, zum Teufel, das geht klar«, sagte Lucas. »Del ist Frühaufsteher – ich wäre nicht überrascht, wenn er bereits beim Frühstück sitzen würde.«
Er nahm den Tahoe, weil er im Gegensatz zum Porsche über Halterungen für Getränke verfügte, hielt bei einem Super America, kaufte zwei große Becher Kaffee und eine Packung gezuckerte Doughnuts, und eine halbe Stunde nach dem Anruf des Patrol-Cops bog er in den Parkplatz des Restaurants namens Kanpur ein. Die Rückseite des Gebäudes war nur schwach von zwei entfernten Natriumgaslampen, dem Streulicht von Streifenwagen sowie dem Beleuchtungsstrahl einer Videokamera erhellt. Einige Cops sahen Lucas entgegen, als er den Wagen abgestellt hatte und ausgestiegen war, und ein Sergeant löste sich aus der Gruppe und trat auf ihn zu.
»John Davis«, stellte er sich vor, und die beiden Männer schüttelten sich die Hände. »Sie sieht ziemlich scheußlich aus.« Der Müllcontainer stand an der Rückwand des Gebäudes, und sie gingen darauf zu. »Sie wäre geradewegs im Müllwagen verschwunden, aber der Container war überfüllt, und der Fahrer stieg aus, um ein Paar Müllsäcke mit der Hand in den Stauraum zu werfen, ehe er die Mechanik für den Container in Betrieb setzte.«
»Die Leiche lag also oben?«
»Nicht ganz. Der Fahrer musste mehrere Müllsäcke wegräumen, damit der Deckel des Containers schloss, und da sah er einen ihrer Arme.«
»Aber es ist doch ziemlich dunkel hier«, sagte Lucas.
»Sie haben Scheinwerfer am Truck, um genug zu sehen, wenn sie den Container hochhieven.«
Lucas schaute in den Container. Die Tote war nackt, wie Davis angekündigt hatte. Ihr Gesicht war nicht verzerrt, aber grau; die Augen waren halb geöffnet. Um den Hals verliefen tiefe Würgemale, der Mund war mit Blut verschmiert. Ein Arm verschwand unter den Müllsäcken rechts von ihr. Der andere lag quer über ihrer Brust.
»Es stimmt – sie passt ins Profil der toten Frauen«, sagte Lucas. »Geben Sie mir mal Ihre Taschenlampe.«
Davis reichte sie ihm, und er richtete den Strahl auf die Hand auf ihrer Brust, beugte sich dann tiefer in den Container.
»Was Besonderes?«, fragte Davis.
»Einer ihrer Fingernägel ist abgebrochen … zwei sogar«, sagte Lucas.
»Sie hat versucht, sich zu verteidigen.«
»Wir haben einen Mitarbeiter, der da eine ganz bestimmte Theorie entwickelt hat«, sagte Lucas. »Wenn er damit richtig liegt, müssen wir uns den Teppich in Randys Wohnzimmer noch mal ganz genau ansehen.«
Als Lucas sich aufrichtete und Davis die Taschenlampe zurückgab, traf gerade Del auf dem Parkplatz ein und stieg aus dem Wagen. Sein Aufzug ließ nicht ohne weiteres darauf schließen, dass er
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