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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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verdrängt, aber ich habe dich einmal in die Garage gehen sehen, und später habe ich dann die tote Katze gefunden …«
    Sie brach plötzlich zusammen, begann zu weinen, schluchzte laut – ein Bild des Schmerzes, das auch Qatar Tränen in die Augen trieb. Nicht wegen des Kummers seiner Mutter, sondern wegen der Ungerechtigkeit und des Mangels an Verständnis im Allgemeinen – und im Besonderen wegen der Tatsache, dass sie ihm nicht glaubte und damit Verrat an ihm beging.
    »Ich habe es
nicht
getan«, beharrte er. »Mutter, mit wem hast du über diese Sache gesprochen?«
    »Mit niemandem«, antwortete sie schluchzend und schüttelte den Kopf. »Es ist mir klar, welche Auswirkungen es auf dein Leben haben könnte. Ich war vorsichtig – und jetzt bleibt mir nur noch, für dich zu beten. O Gott, mein eigenes Fleisch und Blut …«
    »Ach was, Mutter … Ich möchte eigentlich nicht länger über diese abstruse Sache reden, aber eines muss ich noch sagen: Du wirst derzeit offensichtlich von … von düsteren Gedanken gequält. Und in dieser Stimmung hast du dir das alles ausgedacht. Hast es konstruiert. Ich bin
nicht
dieser Mann auf dem Bildschirm. Und ich
habe
diese Zeichnungen im TV gesehen. Meinst du denn wirklich, ich könnte solche scheußlichen Dinge zeichnen? Ich bitte dich, Mutter!«
    Aber es funktionierte nicht. Er sah, dass sie ihm nicht glaubte. »Ich muss etwas trinken – Wasser«, sagte er. »Ich bin gleich zurück.«
    Er ging an ihr vorbei durchs Wohnzimmer in die Küche, holte ein Glas aus dem Schrank, ließ Wasser hineinlaufen, während vielerlei Überlegungen durch seinen Kopf zuckten. Als das Wasser überfloss, drehte er den Hahn zu, trank einen Schluck, atmete tief durch, goss den Rest des Wassers in den Abfluss.
    Nun ja, sie wusste es. Er musste reagieren.
    Sie saß noch in ihrem Schaukelstuhl, als er zurück ins Wohnzimmer kam; das Gesicht des Schauspielers war nach wie vor auf dem Bildschirm eingefroren, und der Mann schien sie zu beobachten. Helen wirkte verzweifelt, sah ihm jedoch ohne jede Furcht entgegen.
    »Es wäre am besten, wenn wir …«, begann sie.
    Und kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Er griff mit einer Hand in ihr Haar und zerrte sie aus dem Stuhl. Sie stieß einen kurzen Schrei aus, stürzte mit dem Gesicht nach unten auf den Teppich, und er ließ sich auf sie fallen, drückte sie mit seinem Gewicht auf den Boden. Sie keuchte verzweifelt und drehte den Kopf, starrte ihn ungläubig an, dann zuckten ihre Augen wild hin und her. Er schob eine Hand vor ihr Gesicht, presste die Handfläche fest auf ihren Mund und drückte mit Daumen und Zeigefinger ihre Nasenflügel zusammen. Er war vorsichtig: Er drückte nicht so hart zu, dass Druckstellen oder Quetschungen entstehen konnten, nur so fest, dass sie keine Luft mehr bekam. Sie strampelte, kämpfte um Atem – er spürte den Sog unter seiner Handfläche –, aber dann war alles recht schnell vorbei. Er drückte so lange zu, bis er sicher war, dass sie tot war – und zwang sich, den Griff erst eine Minute später zu lockern.
    Okay. Es war vollbracht. Das Haus lag vier Blocks von St. Patrick entfernt, und sie war meistens zu Fuß zum Museum gegangen. Ihr Wagen konnte also in der Garage bleiben. Sie war immer die Erste am Arbeitsplatz, und wenn man sie dort tot vorfand, würde das kein fragendes Stirnrunzeln hervorrufen.
    Er musste ihre Kleidung wechseln: kein bequemer Hausanzug, sondern angemessene Arbeitskleidung. Er ging ins Schlafzimmer, fand im Kleiderschrank eine Reihe Hosenanzüge, noch in Plastiküberzügen von der letzten Reinigung, suchte sich den aus, von dem er wusste, dass sie ihn besonders gern getragen hatte. Das Wechseln der Kleidung war äußerst unangenehm: Sie fühlte sich an wie ein geschlechtsloser toter Vogel, dessen Fleisch eingetrocknet ist. Er beeilte sich, stellte aber sicher, dass sie gepflegt aussah, wie sie auch zu Lebzeiten immer ausgesehen hatte.
    Er knipste das Verandalicht aus, trat vor die Haustür, blieb im Dunkeln stehen und schaute nach links und rechts, soweit er die Straße überblicken konnte. Solche Situationen waren ihm bestens vertraut, und er hatte sie stets gut gemeistert. Nichts rührte sich, und er trug sie mit schnellen Schritten zu seinem Wagen, legte sie auf den Rücksitz.
    Handtasche und Schlüsselbund … Er holte sie.
    Geld. Sie hatte fünfzig Dollar in der Handtasche; er nahm vierzig davon heraus. Und sie hatte immer Geld unter der Schöpfkelle in der Mehldose versteckt. Er nahm den

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