Toedlicher Blick
Totengräberfall«, sagte Lucas beim Rückruf. »Ich komme zum Essen, wenn es irgendwie geht, aber du solltest besser nicht mit mir rechnen.«
»Sieh mal einer an«, sagte sie. »Du klingst so vergnügt wie lange nicht.«
»Nun ja … es wird knifflig.« Es gefiel ihm, wenn ein Fall knifflig wurde. Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten, dann sah er, dass Marcy ihm durch die Verbindungstür ein Zeichen gab. »Ich muss Schluss machen. Titsy winkt mir.«
»Oh, dann
musst
du natürlich Schluss machen.«
Marcy hatte die Organisation des Lauschangriffs geregelt: »Wir haben Glück – Jim Gibson ist gerade frei. Er fährt zum Radisson und lässt sich von Barstad die Wohnungsschlüssel geben; von dort aus fährt er dann gleich weiter zu ihrer Wohnung, um mit der Arbeit zu beginnen. Barstad sagt, direkt nebenan sei ein Geschäft namens ›Culver Processing Sales‹, das als Versteck für uns gut geeignet sei. Ich habe gerade mit dem Besitzer telefoniert, einem Dave Culver. Er sagt, er will mit dem verantwortlichen Chef-Cop – also mit dir – sprechen, ehe er sein Einverständnis gibt.«
»Ich esse schnell was, dann fahre ich sofort hin«, sagte Lucas. »Gibson ist schon unterwegs?«
»Wahrscheinlich.«
Lucas ging in die Cafeteria, aß einen Maniok-Milchpudding und trank eine Tasse Kaffee dazu, warf einen Blick in die Morgenzeitung, fuhr dann los zu Barstads Wohnung. Dort angekommen, sah er Gibson auf dem Parkstreifen hinter seinem Van stehen – und Barstad damit beschäftigt, die Haustür aufzuschließen. »Verdammte Scheiße!« Was hatte sie hier zu suchen?
»Sie hat gesagt, es sei vorgesehen, dass sie mitkommt«, beantwortete Gibson Lucas’ Frage. »Ist das nicht in Ordnung?«
»Es wäre nicht in Ordnung, wenn Qatar für ein Nachmittags-Quickie vorbeikäme«, antwortete Lucas.
Im Haus sagte Barstad: »Ich hätte auf jeden Fall mitkommen müssen. Ich habe was Wichtiges vergessen – ich lehne es ab, mein Haar mit Hotel-Shampoo zu waschen. Man weiß nie, was da an Chemie drin ist.«
»Wir müssen aber verhindern, dass er Sie sieht.«
»James hält zu dieser Zeit eine Vorlesung«, sagte sie. »Und er würde niemals herkommen, ohne sich telefonisch anzumelden …« Sie hob die Schultern, lächelte und sagte: »Kommen Sie, ich mache Sie mit Dave Culver bekannt. Er ist ein netter Mann.«
»Was für ein Geschäft hat er?«
»Er verkauft große Fleisch-Schneidemaschinen, Fleischwölfe und so was an Restaurants.«
Culver war ein stämmiger Mann Ende fünfzig mit einem eckigen dunklen Gesicht und einem Stalin-Schnurrbart. Er war im hinteren Teil des Lagerraums mit dem Öffnen großer Kartons beschäftigt, als sie hereinkamen. Barstad rief: »Hey, Dave, ich bin’s. Mit den Cops.«
Sie standen in einem kleinen Empfangsraum, der mit drei Sesseln und einem Couchtisch möbliert war. Auf dem Tisch lagen drei Spezialmagazine über die Hirschjagd, eine Geländewagen-Zeitschrift, ein zerfleddertes Exemplar des
The New Yorker
und diverse Werbebroschüren für automatische Fleischschneider.
Culver kam angestapft, sagte »Hi Sweetie« zu Barstad und »Dave Culver« zu Lucas. Sie schüttelten sich die Hände, Lucas stellte sich vor und umriss in groben Zügen, was sie mit ihrer Aktion zu erreichen hofften.
»Bringt Miss Quilt ihren Arsch dabei nicht ganz schön in Gefahr?«, fragte Culver.
»Deshalb müssen wir ja so nahe wie möglich bei ihr sein«, sagte Lucas. »Wir glauben nicht, dass er irgendwie durchdreht, aber für den Fall des Falles …«
»Okay«, sagte Culver. »Ich hoffe nur, dass ich es nicht mit Gangstern zu tun kriege, die nachher hier auftauchen und meine Einrichtung kurz und klein schlagen. Ich habe hinten im Lager neue Maschinen im Wert von zweihundertfünfzigtausend Bucks stehen.«
»Er ist ein Einzeltäter«, sagte Lucas. »Er hat keinerlei Verbindungen zu anderen Verbrechern. Und wenn wir ihn hochnehmen, kommt er frühestens in vierzig Jahren aus Stillwater zurück.«
Culver nickte. »Okay, einverstanden, machen Sie Gebrauch von meinen Räumlichkeiten. Hier sind ein paar von meinen Geschäftskarten, für den Fall, dass Sie Freunde im Restaurant-Business haben …«
Culvers Geschäftsräume bestanden aus dem kleinen Empfang mit dem Couchtisch, zwei dahinter liegenden Büros und einer großen Lagerhalle im hinteren Teil. Gibson sah sich die Räume an, maß sie aus, ging hinüber zu Barstads Wohnung, stellte auch dort Messungen an, kam zurück und erklärte einen der Büroräume als geeigneten
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