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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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versuchte, über Géricaults
Das Floß der Medusa
zu sprechen; dabei passte er gut auf, dass sein Sportjackett seine immer wieder aufwallenden Erektionen verdeckte. In einer Ecke seines Bewusstseins sah er das Bild dieser blonden Jungfrau mit den klaren blauen Augen vor sich – wie sie ausgestreckt auf einem Bett liegt, wie sich die Vertiefung ihrer Wirbelsäule den Rücken entlang bis zum Nacken erstreckt, wie ihr Kopf unter den Wellen des Orgasmus hochzuckt, wie er das Seil in den Händen hält …
    Als er zu Ellen Barstads Wohnung aufbrach, hatte er es sehr eilig; er stand geradezu unter dem Zwang, Barstad sofort zu treffen. Seine Besorgnisse wegen der Ermittlungen gegen den Totengräber hatte er verdrängt.
    In seiner Hosentasche steckte das Seil.
    Lane rief an: »Lucas, ich habe ihn erwischt, als er aus dem Gebäude kam und zu seinem Wagen ging. Gute Fotos, denke ich. Ich lasse den Film schnell entwickeln – wenn du zurück ins Büro kommst, findest du die Fotos vor.«
    »Sehr gut, aber hast du heute schon mit Marcy gesprochen? Wir haben Schwierigkeiten mit Randy.«
    »Ja, ich habe mit ihr gesprochen. Sie weiß nicht, wie’s weitergehen soll, aber die Fotos können ja nichts schaden.«
    »Nein, bestimmt nicht. Mach wie geplant weiter. Du sagst, er ist von der Uni losgefahren?«
    »Ja, und zwar in eure Richtung. Er scheint’s eilig zu haben.«
    Lucas, Del, Marshall und Gibson saßen in Culvers Büroraum, umgeben von einer Ausstattung aus zwei TV-Bildschirmen mit jeweils eigenem Videorecorder, beide jedoch an dieselbe Kamera angeschlossen, zwei Bose-Lautsprechern und zwei Kassettenrekordern. Und jeder der vier Männer hatte sein eigenes Mobiltelefon dabei.
    Lucas wählte Barstads vorab gespeicherte Nummer in der Wohnung nebenan: »Ellen, er ist unterwegs. Noch mal – wenn es nicht funktioniert, wenn es ungemütlich wird, schmeißen Sie ihn raus. Und wenn er seinen Arsch nicht sofort in Bewegung setzt, rufen Sie um Hilfe. Fühlen Sie sich gut?«
    »Alles okay«, sagte sie. »Machen Sie sich keine Sorgen, Lucas. Ich lege jetzt besser auf …« Sie tat es.
    »Verrücktes Huhn«, sagte Gibson.
    Sie konnten Ellen auf den Monitoren nicht sehen. Sie war im Schlafzimmer, und dort hatte es keine gute Möglichkeit für die Installation einer Kamera gegeben. Selbst wenn es sie gegeben hätte – Lucas wollte nicht so weit in ihre Intimsphäre eindringen, selbst wenn Barstad keine Einwände gegen dieses Konzept erhoben hätte. Sie hatten aber auch festgestellt, dass das Zimmer einfach zu klein und zu spärlich möbliert war. Qatar war mehrmals in diesem Zimmer gewesen, wie Barstad bestätigt hatte, und sie durften keine auffälligen Veränderungen vornehmen, nur um eine Kamera zu verstecken. Die einzige installierte Kamera war hinter dem Gitter eines Luftschachts über der Eingangstür verborgen, von wo aus sie den großen Arbeitsraum beobachten konnten.
    Gibson konnte den Ton über einen einfachen Kipphebel von einem zum anderen Mikrofon umschalten. Die Mikrofone waren so empfindlich, dass sie hören konnten, wie Barstad in der Wohnung herumging, wie sie die Kühlschranktür öffnete, wie sie die Spülung der Toilette betätigte …
    »Noch ein Mikro mehr, und wir könnten sie beim Pipimachen belauschen«, sagte Gibson.
    »Das wäre genau das, was wir einem Geschworenengericht präsentieren sollten«, sagte Del. »Unsere Zeugin pinkelt deutlich hörbar …«
    Marshall missbilligte diese lockere Redensweise. »Ich mache mir Sorgen um dieses Mädchen. Sie denkt, sie weiß, worauf sie sich da einlässt, aber das trifft nicht zu. Sie ist im Grunde nicht mehr als ein naives kleines Kind.«
    »Sie sagt, er habe nie eine Schusswaffe dabei, nicht mal ein Taschenmesser. Wenn er sich in der Küche ein Messer holen will, schreit sie los, und wir sind in zwölf Sekunden bei ihr.«
    Die zwölf Sekunden waren keine Schätzung. Sie hatten es ausprobiert und die Zeit gestoppt.
    »Das ist eine verdammt lange Zeit, wenn dir jemand mit dem Messer an die Kehle geht oder mit einem Hammer ausholt, um dir den Schädel einzuschlagen«, sagte Marshall.
    »Ja, ja … ich bin natürlich auch besorgt«, sagte Lucas. »Aber dieses Unternehmen ist nach dem derzeitigen Stand der Dinge unsere einzige Chance, und ich denke, wir sind zu siebenundneunzig Prozent auf der sicheren Seite.«
    Del war während des Gesprächs zwischen Lucas und Marshall in das kleine Empfangszimmer gegangen; durch die Glasscheibe des Fensters konnte er den ganzen Parkstreifen

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