Toedlicher Blick
kriegst – im übertragenen Sinne natürlich –, haben wir Qatar heute Nachmittag am Kanthaken.«
Lansing wartete vor Randys Krankenzimmer auf sie. Er sah Marcy an und fragte Lucas: »Wer ist das?«
»Warum fragen Sie das nicht mich selbst?«, fauchte Marcy ihn an. »Ich stehe unübersehbar direkt vor Ihnen, oder?«
Lansing trat einen Schritt zurück. »Okay, okay … Wer sind Sie?«
»Ich bin Sergeant Marcy Sherrill von der Stadtpolizei Minneapolis, und ich bin heute Nachmittag verdammt schlecht gelaunt. Wenn Sie nicht wollen, dass ich Ihnen die Augen auskratze, sollten Sie sich um Höflichkeit bemühen. Ich bin diejenige, die mit Withcomb reden soll.«
Lansing sah Lucas an, der die Schultern hob und sagte: »Ich
bin
immer höflich zu ihr.«
Lansing nickte heftig, als ob er von der Stadtpolizei Minneapolis endgültig die Nase voll hätte. »Okay. Ich erkläre Mr. Withcomb, warum wir hier sind, dann können Sie Ihren Versuch starten. Von unserer Seite ist alles klar, sofern er auf den Deal eingeht – aber er ist ganz schön wütend.«
»Ich bin darauf vorbereitet«, sagte Marcy.
Lucas wartete im Flur, zog die Tür hinter den beiden nicht ganz zu, um mithören zu können. Lansing fing mit seiner Einführung an, aber Randy unterbrach ihn: »Raus hier! Raus hier, verdammt noch mal!«
Er klang, als ob er losbrüllen wollte, aber seine Stimme gab nicht mehr her als ein krächzendes Flüstern; vielleicht hatte er schon den ganzen Tag flüsternd herumgebrüllt.
Marcy sagte: »Ich weiß, wie Sie sich fühlen, Randy. Ich habe vor einem halben Jahr selbst eine Kugel in die Brust abgekriegt. Ich bin noch in der Rehabilitation.«
»Erzähl das einem, den’s int’ressiert, du dämliche Fotze«, krächzte Randy. »Ich wollt’, man hätt’ dich in den Schädel getroffen.«
Lansing schaltete sich ein. »Randy, Sie müssen sich das anhören. Wir wollen einen Deal machen, bei dem das Bestmögliche für Sie rausspringt, wir wollen …«
»Ich scheiß auf Sie. Sie sind gefeuert. Ich will einen anderen Anwalt. Ich habe keine verdammten Beine mehr … Seh’n Sie das?« Lucas hörte ein Klopfen, und er warf einen Blick durch den Türspalt. Randy lag flach auf dem Rücken und klopfte mit einer Hand auf seine Beine. »Da ist nichts, gar nichts …«
Lansing griff nach Randys Arm, sagte: »Kommen Sie, Randy, das dürfen Sie nicht, Sie verletzen sich doch selbst.«
Eine Krankenschwester stürmte an Lucas vorbei ins Zimmer. »Was ist hier los?«, rief sie.
Randy hörte mit dem Klopfen auf, sah die Schwester an und krächzte mit schwacher Stimme: »Schaffen Sie diese Leute raus. Verdammt, jagen Sie sie davon.«
»Ich hatte keine Chance«, sagte Marcy beim Verlassen des Krankenhauses. »Er hat mich nicht mal richtig zu Wort kommen lassen.«
»Ja, er war ziemlich aufgewühlt.«
»O Mann, ich hatte sogar Mitleid mit dem Kerl«, sagte Marcy. »Und das bringt mich auf einen Gedanken … Ich hatte Glück im vergangenen Jahr. Ein paar Zentimeter weiter nach links, und ich würde jetzt genauso daliegen wie er.«
»Nein.« Lucas schüttelte den Kopf.
»O doch.«
»Nein. Ein paar Zentimeter weiter nach links, und das Geschoss aus dem Gewehr hätte dazu geführt, dass du jetzt so tot wie eine Makrele wärst.«
Sie blieb stehen. »Ich fahre nicht mit dir zurück, wenn du Witzchen über diese Sache reißt.«
»Ich mache keine Witzchen.« Er schaute zurück zum Krankenhaus. »Elender kleiner Scheißer.«
Qatar war von Barstads Wohnung direkt nach Hause gefahren und hatte sich, von Ängsten geplagt, in sein Bett verkrochen. Aber es war ja nichts passiert … Waren seine Ängste nur auf eine Paranoia zurückzuführen?
Er ging in Gedanken noch einmal jeden Augenblick der hitzigen sexuellen Aktivitäten durch, die am Nachmittag mit Barstad stattgefunden hatten. Es waren eher besitzergreifende Aktionen von ihrer Seite gewesen, wie er mit geschlossenen Augen in der Stille seines Schlafzimmers realisierte.
Die falschen Untertöne hatte es zweifellos gegeben. Alles, was sie getan hatte, war ihm übersteigert dramatisch vorgekommen. Bei den vorangegangenen Treffen war sie die sexuelle Technikerin gewesen: Mach das, mach jenes, mach es anders. Diesmal hatte sie sich als Filmstar aufgespielt – und sich dabei als schlechte Schauspielerin erwiesen.
Er war besorgt wegen des Seils. Wenn sie in dem Regal herumkramte, würde sie es finden. Oder wenn sie frische Handtücher holte. Er musste das Seil dort wegschaffen und es an einem Platz
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