Toedlicher Blick
auszusuchen. Der Bestattungsunternehmer würde die Leiche von der Gerichtsmedizin übernehmen.
All das machte er wie ferngesteuert. Sein Bewusstsein war vornehmlich mit angstvollen Gedanken um das Seil beschäftigt.
Barstad würde es finden; es war nur eine Frage der Zeit. Und sie würde sofort erkennen, was es war und wer es dorthin gelegt hatte. Und wenn sie nicht irgendetwas Verrücktes damit anstellte – zum Beispiel Strangulationsspielchen an sich selbst ausprobierte –, wenn sie die Cops anrief und ihnen von ihrem Fund berichtete, würden sie seine Fingerabdrücke auf dem schönen Gummigriff finden.
Er musste das Seil möglichst schnell wieder an sich bringen.
Lucas und Weather gingen in ein neu eröffnetes französisches Restaurant namens »Grasses«. An der Tür entdeckte Lucas, dass der Name des Besitzers »Gras« lautete und man durchaus auch Bier servierte, was sehr zu seiner Erleichterung beitrug. »Ich hatte schon befürchtet, wir hätten hier nur die Wahl zwischen Whiskey aus den Körnern diverser Graspflanzen – Roggen oder Kentucky Bluegrass – und französischen Weinen«, witzelte er. »Scheiß-Franzosen.«
»Benimm dich. Ich weiß, dass du gerne in neue Restaurants gehst.«
Sie hatte Recht, und er mochte sogar die französische Küche, sofern sie sich nicht auf die Gebackene-Schnecken-an-weichen-Möhrchen-Variation beschränkte. Man brachte ihnen Speisekarten, und sie blätterten sie durch. Weather sagte schließlich: »Nichts dabei, was gut klingt.«
Er sah sie über den Rand der Karte an. »Du bist schwanger.«
»Nein … Das ist es nicht – ich bin einfach nicht besonders hungrig.«
»Hunger ist in einem französischen Restaurant aber eine unbedingte Voraussetzung«, sagte er. »Ich finde das Angebot auf der Karte nicht schlecht.«
»Vielleicht einen Salat«, sagte sie. »Und ein Glas Wein.«
Während des Essens sprachen sie über Randy. »Wir müssen ihn zu einer Aussage bringen«, sagte Lucas. »Ich gehe morgen wieder zu ihm und versuche es noch mal.«
»Und was ist mit dieser Miss Porno-Queen? Willst du sie erneut als Lockvogel einsetzen?«
»Vielleicht, aber auf jeden Fall anders. Wenn es mit Randy nicht klappt, müssen wir Qatar mit anderen Mitteln dazu bringen, Fehler zu machen oder sich sogar zu verraten. Aber diese Sache mit Barstad … Sie hat sich tausendmal verrückter benommen als Qatar. Er hat einfach nur mitgemacht.«
»Ich muss mir
unbedingt
dieses Video ansehen«, sagte sie.
»Niemals«, knurrte Lucas. »Wenn wir je damit vor Gericht gehen wollen, muss das Band so sicher aufbewahrt werden, dass niemand uns daraus einen Strick drehen kann. Sonst könnte es sich rumsprechen, was für ein toller Porno das ist. Ich habe dem verantwortlichen Cop im Dezernat ›Sicherstellung von Beweismaterial‹ gesagt, er würde in den Knast wandern, wenn ich jemals zu hören bekäme, dass dieses Videoband von irgendjemand abgespielt worden sei. Und ich hoffe, er hat meine Drohung ernst genommen.«
»Kann ich mir denken.«
»Es wäre tödlich für uns, wenn dieses Band in falsche Hände käme. Es wäre wie dieses Video von den Cops in Los Angeles, die da einen Mann zusammenschlagen. Man kann sich gut vorstellen, wie bei einer Gerichtsverhandlung der Verteidiger argumentieren würde, wir hätten diese junge Frau dazu
missbraucht
, den Angeklagten zu einem Geständnis zu bringen. Wir wussten ja aber nicht, was Barstad über alle Absprache hinaus anstellen würde, und als sie einmal zugange war, konnten wir sie nicht mehr bremsen. Aber das würde uns natürlich niemand abnehmen.«
»Du hast Rose Marie vorher unterrichtet, oder?«
»Natürlich.«
»Und was hast du nachher zu dem Mädchen gesagt?«
»Ich habe sie angebrüllt, aber nur ein bisschen. Wir müssen sie uns warm halten – vielleicht brauchen wir sie noch mal.«
»Für ein ähnliches Unternehmen?«
»Nein. Auf keinen Fall. Wenn sie Qatar noch einmal zu einem Strangulationsspielchen auffordern und er darauf eingehen würde, müsste ich ja sofort die Tür eintreten … Nein, so was machen wir nicht noch einmal.«
Während Lucas und Weather dieses Gespräch führten, verließ Qatar sein Haus.
Er hatte sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Soweit er beobachtet hatte, verfolgte ihn tagsüber nur ein einzelner Wagen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass man ein dichtes Beobachtungsnetz um ihn geknüpft hatte – wahrscheinlich ging es den Cops nur darum, über seinen jeweiligen Aufenthalt Bescheid zu wissen.
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