Toedlicher Blick
ist, ob ihm oder einem seiner Partygäste was Besonderes aufgefallen ist und so weiter.«
»Okay. Heute Nachmittag hast du das Ergebnis.«
»Ich hätte niemals gedacht, dass ich das noch erleben darf«, sagte Marshall. »Gottverdammt großartig …«
Lucas sah ihn an. Marshall schien zu schwitzen. Er hatte sich ein Coke im Wartezimmer des Krankenhauses aus dem Automaten geholt, und als er die Büchse zum Mund führte, zitterte seine Hand. »Alles okay mit Ihnen?«, fragte Lucas.
»Na ja, ich habe nicht gerade eine Herzattacke oder so was, aber mein Blutdruck ist im Moment wahrscheinlich bei neunhundert zu neunhundert. Ich möchte diesen Dreckskerl aus seinem Lehrsaal zerren … Er ist ein gottverdammter Professor, ein Lehrer, Lucas. Ein
Lehrer
!«
»Ja, die Lehrer … Sie rasten psychisch genauso oft aus wie andere Menschen. Mir sind schon ein paar solcher Typen über den Weg gelaufen.«
Marshall starrte aus dem Wagenfenster, und seine Lippen bewegten sich, als ob er ein stilles Gebet sprechen würde. Er hatte jedoch Lucas’ Kommentar gehört, und plötzlich überzog ein Lächeln sein Gesicht. »Ja, Sie haben Recht. Hab ich Ihnen mal von dieser beknackten, weißhaarigen alten Lehrerin aus River Falls erzählt? Ich habe einen Freund im County nebenan, der schwört, dass die Story wahr ist … Oder von diesem Lehrer und dem Lama auf dem Golfplatz? Nein? Also …«
Innerhalb von zwei Minuten brachte er Lucas zum Lachen. Aber Lucas, der ihn von der Seite ansah, erkannte die Hoffnungslosigkeit in seinen Augen, die das Lächeln auf seinem Gesicht beim Erzählen der lustigen Storys überlagerte …
Die Verhaftung spielte sich fast genauso ab, wie Qatar sie in seinen Albträumen befürchtet hatte, bis auf die Tatsache, dass die Polizisten, die sie vornahmen, keine breitrandigen Filzhüte trugen. Er saß in seinem Büro, hörte die Schritte und Stimmen im Flur – mehrere Leute näherten sich, gezischte Anweisungen … Er drehte den Kopf, richtete sich auf, horchte. Und dann wurde die Tür aufgestoßen, und ein dunkelhaariger, braun gebrannter Mann in einem todschicken anthrazitgrauen Anzug kam herein und fragte: »James Qatar?«
Hinter dem Mann in dem schicken Anzug tauchten zwei weitere Männer auf, dazu Burns Goodwin, der Präsident der Universität.
Qatar stand auf und gab sich Mühe, erstaunt auszusehen. »Ja?«
»Er ist fast ausgeflippt«, sagte Lucas zu Marcy. »Er leugnete alles heftig, und dann fing er an zu heulen – ich meine damit, dass er richtig weinte. Schluchzte. Ich glaube, es hat Marshall zutiefst enttäuscht. Er hatte Widerstand erwartet, vielleicht sogar darauf gehofft, und stattdessen trifft er auf einen flennenden Jammerlappen.«
»Wo ist er? Marshall?«
»Noch drüben im Gefängnis, redet mit den Leuten vom Bezirksstaatsanwalt über mögliche Beweise gegen Qatar in Wisconsin.«
»Was macht das für einen Unterschied? Qatar geht doch sowieso für dreißig Jahre in den Knast.«
»Aber nur, wenn wir ihn wegen der Verbrechen in Minneapolis tatsächlich überführen können. Wenn nicht, reicht die Beweislage in Wisconsin vielleicht für ein gesondertes Gerichtsverfahren dort aus.«
Nach dem Gespräch mit Marcy ging Lucas zu Rose Marie, um ihr von der Verhaftung Qatars zu berichten.
»Ein großer Fortschritt«, sagte sie.
»Ja, wenn unsere Beweislage ausreicht. Towson ist besorgt, dass Randys Identifizierung ein wenig wacklig sein könnte.«
»Ach was, wir haben ihn am Kanthaken«, sagte sie. »Mit Randy und dem Schmuck, mit Qatars nachweisbaren Kontakten zu den Opfern, mit dem Nachweis seines Aufenthalts in Wisconsin … Wir sind auf der sicheren Seite.«
Lucas ging zurück zu Marcy. »Ich fahre jetzt zu Qatars Haus und sehe mir an, was dort läuft«, sagte er. »Dann fahre ich nach Hause und lege mich eine Weile aufs Ohr. Mache dann ein paar Einkäufe. Bitte halt mich auf dem Laufenden.«
Das Telefon klingelte, und Marcy hielt entschuldigend den Zeigefinger hoch, hob ab, hörte zu, sagte dann: »Ich sehe mal nach, ob er da ist.« Sie legte die Hand auf die Sprechmuschel, fragte: »Bist du da? Es ist dieser Mr. Culver. Er sagt, er muss dich dringend sprechen.«
»Okay.« Er übernahm den Hörer, meldete sich: »Lucas Davenport.«
»Chief Davenport, haben Sie Ellen wieder irgendwo untergebracht? Ich meine, wissen Sie, wo sie sich aufhält?«
»Nein – sie war zu Hause, als ich sie zum letzten Mal sah. Was ist los?«
»Ich habe sie heute noch nicht gesehen. Sie kommt normalerweise
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