Toedlicher Blick
auf ’nen Kaffee zu mir, oder ich gehe zu ihr rüber, und als sie heute nicht kam, hab ich’s bei ihr versucht, aber die Haustür ist abgeschlossen. Und jetzt steht eine Gruppe von Frauen davor. Sie machen dort einen Quilt-Workshop, und sie sagen, wenn Ellen mal absagen musste, hätte sie immer rechtzeitig angerufen. Sie geht auch nicht ans Telefon. Ich kann wegen der Einweg-Verspiegelung der Tür nur am Rand ein Stück ins Innere sehen, aber es sieht aus, als ob einige Sachen umgekippt oder auf den Boden geworfen worden wären.«
»Warten Sie auf mich, ich komme sofort«, sagte Lucas. Er legte den Hörer auf, sah sich nach Del um, der jedoch nicht da war, rief: »Verdammte Scheiße!«, und stürzte zur Tür.
»Was ist? Was ist los?«, rief Marcy ihm nach. »Wo rennst du hin?«
»Ruf bei der Zentrale an, ich brauche einen Streifenwagen«, schrie er zurück. »Und zwar sofort, draußen vor der Tür … sofort!« Im Flur kam ihm Marshall mit einem Karton Joghurt und einem Becher Kaffee entgegen.
»Terry, kommen Sie, schnell …« Er rannte weiter, und Marshall machte kehrt, lief hinter ihm her, versuchte krampfhaft, den Inhalt seines Bechers nicht zu verschütten, rief: »Was ist los? Was ist passiert?«
Ein Streifenwagen kam mit quietschenden Reifen vor dem Eingang zum Stehen; der Fahrer gab Lucas ein Zeichen, und Lucas schwang sich auf den Beifahrersitz, Marshall auf die Rückbank. Lucas sagte zum Fahrer: »Diese Richtung, über die Hennepin Bridge, Warnlicht und Sirene!« Der Cop nickte, und sie rasten los, kurvten wie ein Hai auf Beutesuche durch den Verkehr. Lucas drehte sich zu Marshall um und sagte: »Ellen Barstad ist nicht aufzufinden. Ihr Nachbar Culver hat bei einem Blick durch die Glastür bemerkt, dass ziemliches Chaos in dem Laden herrscht.«
»Nein! O nein!« Marshall war schockiert. »Nicht auch noch dieses Mädchen – wir haben ihn doch beschattet, er kann es nicht getan haben …«
»Vielleicht ist ja auch alles ganz harmlos.«
Lucas gab dem Fahrer weitere Richtungsanweisungen, als sie die Hennepin Bridge überquert hatten. Dann sagte Marshall: »Aber ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Ein verdammt schlechtes Gefühl …«
»Sie stammt von irgendwo außerhalb der Stadt. Vielleicht hat sie’s mit der Angst zu tun gekriegt und sich nach Hause aus dem Staub gemacht.«
»Nein, das glaube ich nicht. Ich habe dieses verdammt schlechte Gefühl …«
Lucas nickte. »Ich auch.«
Sie waren etwa auf halber Strecke, als Del anrief: »Was zum Teufel ist los?«
Lucas erklärte es ihm in drei Sätzen, und Del sagte: »Wir treffen uns dort.«
Zehn Minuten nach Culvers Anruf bogen sie auf den Parkplatz vor Barstads Laden ein. Lucas sprang aus dem Wagen und ging, dicht gefolgt von Marshall, auf Culver zu, der vor dem Eingang seines Ladens mit zwei älteren Frauen sprach. »Wohnt der Hausbesitzer in der Nähe?«, fragte Lucas. »Oder wer sonst hat Zweitschlüssel für Barstads Laden?«
»Es gibt einen Hausmeister, aber der muss sich um verschiedene Gebäude in der Gegend kümmern. Ich habe seine Mobiltelefonnummer.«
»Rufen Sie ihn an und lassen Sie sich sagen, wo er gerade ist«, sagte Lucas.
Culver verschwand in seinem Laden. Marshall drückte bereits das Gesicht gegen das Silberglas von Barstads Ladentür. »Er hat Recht, es sieht aus, als ob einige Sachen umgekippt wären«, sagte er.
Auch Lucas presste die Stirn gegen das verspiegelte Glas, schirmte die Augen mit den Händen ab. Einer der Quiltrahmen war umgestürzt. »Verdammt!« Er trat zurück und ging hinüber zu Culvers Laden. Culver kam ihm mit dem Handy am Ohr entgegen, sagte ins Telefon: »Wo sind Sie? Wir müssen unbedingt rein.«
Lucas fragte: »Wo?«, und Culver antwortete: »Drüben in Hopkins. Er kann in zwanzig Minuten hier sein.«
»Scheiß drauf«, sagte Lucas. »Haben Sie irgendwas, mit dem wir das Glas einschlagen können?«
»Hier«, schaltete Marshall sich ein. Er zog seinen schweren 357er Magnum-Revolver unter der Jacke hervor, trat dicht vor die Tür, umklammerte die Pistole am Lauf und richtete den Kolben gegen die Scheibe – er schien so etwas schon öfter gemacht zu haben –, schlug dann vorsichtig zu. Ein faustgroßes Glasstück brach heraus. Er erweiterte das Loch durch einen zweiten sanften Schlag, griff dann hindurch und entriegelte das Türschloss.
Lucas ging voraus in den großen Werkstattraum. Der Quilt-Rahmen lag auf dem Boden.
»Vorsicht!«, zischte er. Und deutete auf eine Blutspur am
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