Toedlicher Blick
Kann sein, dass wir Sie dann in einer Stunde überhaupt nicht mehr brauchen.«
Der Mann sah von Lucas zu Rie, sagte dann: »Wenn ich mich darauf verlassen könnte … Geben Sie’s mir schriftlich.«
»Wir haben keine Zeit, uns mit so was zu beschäftigen.«
»Ich bin kein Krimineller. Ich versuche doch nur, meinen Lebensunterhalt mit ein paar Fotos zu verdienen. Normalerweise mache ich Fotos von der Natur und wild lebenden Tieren.«
»Oh, sehr schön.«
Henrey senkte den Kopf, und Rie blinzelte Lucas zu. Dann sagte Henrey: »Ich weiß nichts von irgendwelchen Porno-Sachen. Ich habe gehört, dass er so was macht, aber es wär’ dumm von mir, dabei mitzumachen. Geradezu tödlich. Es gibt aber viele Länder außerhalb der USA, in denen man auf dem Gebiet alles machen darf, was man nur will, und kein Mensch kümmert sich drum …«
»Ware gehört allerdings zu den Leuten, denen die Arbeit an solchen Sachen Spaß macht«, sagte Lucas.
Der Fotograf zuckte zusammen, fragte dann weinerlich: »Nur eine Sache wollen Sie wissen?«
»Ja.«
Er nickte. »Aber Sie müssen mir dann auch helfen … Also, manchmal, wenn wir Aufnahmen gemacht haben, waren Schauspieler dabei, die …«
»Schauspieler?«, hakte Rie ein.
»Models, wie immer Sie die auch nennen mögen. Jedenfalls waren Leute dabei, die’s gern haben, wenn’s in der Nase kribbelt, und Ware hatte immer ein bisschen Koks vorrätig. Ich habe mehrmals gesehen, wie er das Zeug geholt hat … Wo er’s geholt hat. Ich konnte natürlich nicht hingehen und das überprüfen, aber ich bin ziemlich sicher, dass eine der Steckdosen hinter seinem Schreibtisch nicht echt ist. Dort hat er das Koks versteckt.«
Lucas klopfte ihm auf die Schulter. »Sehen Sie? War doch kein Problem, oder? Und wenn es stimmt, dass Sie ein aufrechter Naturfreund sind, wie Sie sagen … Vielleicht können wir dann einen Deal machen. Okay? Und jetzt werden wir Sie zu Ware auf die Couch setzen. Sagen Sie kein Wort zu ihm.«
Lucas winkte Del zu sich in den Flur, berichtete ihm von der Steckdose, schickte Henrey zurück auf die Couch und holte Carr in seinen provisorischen Vernehmungsraum. Er ließ ihn auf demselben Stuhl Platz nehmen, auf dem Henrey gesessen hatte, und versuchte es mit derselben Tour.
»Hören Sie, ich mache nichts anderes, als seine Website zu betreuen«, sagte Carr. »Er hat sich nie die Mühe gemacht, es selbst zu lernen. Er brennt seine Fotos auf CDs, gibt mir die Index-Nummer, und ich stelle sie ins Netz und lege Thumbnails an. ErosFineArtPhotos.com …«
»Irgendwelche Kinderfotos auf der Website?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Carr.
»Macht er Kinderfotos?«
Carr war von der Frage unangenehm berührt. »Keine Ahnung. Ich kriege nicht alles mit, was er macht. Ich beschäftige mich mit Megabytes. Ich bin ein Megabyte-Manager.«
Lucas nickte, sagte: »Hören Sie zu, mein Freund – Sie holen sich wohl besser einen Anwalt. Wenn wir hier irgendwelche Fotos von Kids finden, wird man Sie als Komplizen betrachten, und das bedeutet ein paar Jahre Knast. Sie sollten sich überlegen, wie Sie uns helfen können, und mit Ihrem Anwalt reden, ob Sie was für einen Deal anzubieten haben … Das soll natürlich nicht heißen, dass ich Ihnen drohen will, aber wir haben es hier mit einer verdammt ernsten Scheiße zu tun.«
Carr blies die Wangen auf und stieß hörbar einen Schwall Luft aus. »Und wenn ich kein Geld für einen Anwalt habe?«
»Dann lassen wir einen Pflichtanwalt für Sie berufen«, sagte Lucas.
»Hören Sie, ich kann Ihnen ja vielleicht bei ein paar Dingen helfen … Ich habe nie was mit seinen Foto-Sessions zu tun gehabt, aber Morrie hat mir mal gesagt, er hätte manchmal ›Spezial-Sachen‹ auf Lager.«
»Aha, Spezial-Sachen …«
»Ja, so hat er es genannt. Er wollte sich wichtig machen, glaube ich. Er sagte, er würde sie direkt an einen Mann in Europa schicken, der sie dann dort auf einer Website platziert.« Er rieb die Hände aneinander, als ob er »Katzenwiege« spielen wolle. »Ich glaube … Morrie ist ein Content Provider. Es gibt Millionen Websites ohne Inhalt, und Morrie füllt ein paar davon.«
»Gibt es denn nicht schon genug Porno im Internet?«, fragte Rie verbittert.
»Ja, doch, eine ganze Menge, aber die Leute sind scharf auf immer neues Zeug.«
»Junges Zeug«, sagte Rie.
»Ja. Mindestens Teenager, wenn nicht jünger.«
»Ich schlage Ihnen einen Deal vor, auf der Stelle, ohne Anwalt«, sagte Lucas. »Geben Sie mir etwas, geben Sie
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