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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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er sie tötete, war er vielleicht auch erledigt, aber andererseits hatte er schon viele Morde begangen, und die Polizei war ihm nie auf die Spur gekommen. Wenn er schnell genug handelte, direkt genug, konnte er noch einmal davonkommen.
    Er verließ sein Büro, ging die Treppe hinunter, hinaus zu seinem Wagen. Er war zweimal in ihrem Haus gewesen. Es lag nicht weit entfernt, jenseits des Flusses, ein Stück nach Norden und dann nach Osten. Er fuhr los, überlegte … Sollte er den Wagen in der Nähe ihres Hauses abstellen oder einen Block entfernt? Bei Letzterem würde er zum Haus gehen müssen und sich der erhöhten Gefahr aussetzen, gesehen zu werden. Bei Ersterem würde sich jemand vielleicht an seinen Wagen erinnern können, wenn Neumann vermisst wurde. Er würde zum Haus gehen, entschied er. Es regnete. Im Regenmantel und mit dem Schirm würde ihn niemand erkennen.
    Und dann würde er … was tun? An die Tür klopfen? Sich auf ein Handgemenge mit ihr einlassen? Sie war eine große Frau. Selbst wenn es ihm gelang, sie niederzuringen – sie würde sich zur Wehr setzen, vielleicht würde Blut fließen, eventuell sogar
sein
Blut! Und sie schaffte es vielleicht, ihm zu entkommen. Aus dem Haus zu laufen und zu schreien, die Nachbarn aufzuwecken. Und es war nicht auszuschließen, dass jemand bei ihr im Haus war.
    Dann war er geliefert …
    Er musste nachdenken. Planen. Sein Geist wurde zur Rechenmaschine, die alle Möglichkeiten mit krankhafter Präzision durcharbeitete.
    Er fuhr zunächst einmal zur Erkundung langsam an ihrem Haus vorbei. Und sah, wie das Licht in ihrer Garage anging. Das Tor schwang auf, und ein Wagen setzte rückwärts hinaus auf die Zufahrt, auf die Straße, kam hinter ihm her.
Ihr
Wagen? Er hielt am Straßenrand an und ließ den Wagen vorbei. Saß sie am Steuer? Er konnte nur das Profil erkennen, meinte aber, es sei Neumann … War sich aber nicht sicher. Er kannte ihren Wagen nicht. Was jetzt?
    Sie bog an der Kreuzung rechts ab, und er folgte ihr langsam. Ein anderer Wagen überholte ihn, scherte vor ihm ein. Er behielt Neumanns Wagen – wenn es ihr Wagen war – im Auge. Sie fuhren hintereinander vier Blocks geradeaus, dann verlangsamte der fremde Wagen und bog ab, und Neumann war wieder direkt vor ihm. Sie fuhr auf die Grand Avenue, zu einem Supermarkt. Er folgte ihr auf den Parkplatz und beobachtete, wie sie ausstieg – es war tatsächlich Neumann – und in den Laden ging.
    Es standen nur wenige Wagen auf dem Parkplatz; wenn er eine Schusswaffe hätte, könnte er warten, bis sie … Aber er hatte keine Schusswaffe. Zwecklos, Gedanken daran zu verschwenden.
    Sie würde mit ziemlicher Sicherheit nach dem Einkauf wieder nach Hause fahren, überlegte er. Niemand kauft Lebensmittel ein und geht danach noch ins Kino. Man bringt die Sachen nach Hause und räumt sie weg. Stellt die Frikadellen in den Kühlschrank. Und wenn sie keine Lebensmittel kaufen wollte, sondern nur ein Päckchen Kaugummi, wäre sie vorhin nicht an einem Drugstore vorbeigefahren.
    Er fasste einen Entschluss. Fuhr los, so schnell es ging – natürlich streng auf Geschwindigkeitsbeschränkungen achtend –, zurück zu ihrem Haus. Stellte den Wagen einen Block vorher ab, holte seinen Faltschirm vom Rücksitz, stellte den Mantelkragen hoch und marschierte los.
    Niemand war auf der Straße unterwegs. Der Regen war kalt und rauschte unablässig nieder, und die Anwohner hockten wohl vor ihren mit Naturgas befeuerten Kaminen und guckten in die Glotze.
    Neumann wohnte in einem der holzverschalten Häuser aus der Vorkriegszeit. Es sah aus wie die Zeichnung eines Kindes: ein spitzes Dach mit einem einzelnen Fenster unter dem First, eine Haustür direkt unter diesem Fenster, je ein weiteres Fenster links und rechts neben der Tür und eine kleine Veranda davor. Die Garage an der Seite des Hauses war ursprünglich einmal frei gestanden, jetzt aber durch einen überdachten Gang mit dem Haus verbunden.
    Qatar streifte Handschuhe über und ging zügig über den Plattenweg zum Eingang, stieg die Treppe zur Veranda hoch, läutete an der Tür. Keine Reaktion. Er zog die Sturmtür auf, drehte den Türknopf. Verschlossen.
    Okay … Er ging zurück, die Verandatreppe hinunter, versuchte es an der Tür des überdachten Verbindungsganges. Verschlossen. Er schaute sich um, sah niemanden, hörte nichts als das Rauschen des Regens. In einem der Fenster des Hauses auf der anderen Straßenseite brannte Licht, aber die Vorhänge waren zugezogen. Er trat

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