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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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sagte Marcy. »Sie meinten, man sollte sich nicht auf die Post verlassen, kamen mit dem Wagen hergefahren, übernachteten in einem Motel und standen vor der Tür, als ich ankam.«
    Lucas sah sich die Fotos an. Sowohl die Perlenkette als auch der Ring waren vor einem schwarzen Hintergrund aufgenommen worden, dann hatte man die Fotos vergrößert, um die Details erkennen zu können. »Besser, als ich erwartet hatte«, sagte er. »Die Jungs vom Dezernat Eigentumsdelikte sollen sie den Hehlern in der Stadt zeigen. Jedem Einzelnen.«
    »Wir haben das in gewisser Weise schon angeleiert«, sagte Marcy. »Wir haben Kopien machen lassen, und Del ist damit unterwegs zu den Hehlern, die er kennt, und das sind ja die meisten in der Stadt … Das Dezernat Eigentumsdelikte kümmert sich um die restlichen.«
    »Okay … Weißt du, ob die Cops den Friedhofhügel noch bearbeiten?«
    »Ja, machen sie – McGrady hat angerufen. Sie haben die Identität einer weiteren Toten rausgefunden: Ellice Hampton aus Clear Lake, Iowa. Sie ist vor vier Jahren verschwunden, war damals achtundzwanzig. Zum Zeitpunkt des Verschwindens war sie arbeitslos und wohnte bei ihren Eltern. Sie hatte in der PR-Abteilung einer Versicherungsgesellschaft in Des Moines gearbeitet und Layouts für Inserate in den Printmedien gemacht. Hat sich aktiv bei sozialen Einrichtungen engagiert. Sie war auf der Suche nach Arbeit in Des Moines, aber auch hier in Minneapolis. Blond, attraktiv, klein, lebenslustig. Geschieden – ihr Ex-Mann war ein Cop in Mason City, und er ist sauber, wie die Ermittlungen ergaben.«
    »Wieder ein Künstler-Typ, diese Frau.«
    »Ja, sieht so aus. Ich habe die Cops in Clear Lake angerufen, aber sie haben nichts zu diesem Fall – sie verschwand, und ihre Eltern wussten nicht mal, was sie an diesem Tag vorhatte, sofern sie überhaupt vorhatte, irgendwo hinzugehen. Als die Eltern von der Arbeit kamen, war sie nicht zu Hause; ihr Wagen stand jedoch vor der Tür. Sie verschwand und kam einfach nie mehr zurück.«
    »Bringt es was, wenn wir über sie und ihr Umfeld eine Liste aufstellen?«
    »Nach den Aussagen des Cops in Clear Lake wussten ihre Eltern kaum etwas über ihre Freunde in Des Moines. Und sie hatten keine Ahnung, ob sie hier in Minneapolis überhaupt Freunde hatte.«
    »Verdammt …«
    »Unser Killer ist in dieser Hinsicht sehr vorsichtig. Er macht sich an die Frauen ran, schneidet sie von ihrem üblichen Umfeld ab und scheint ihnen irgendwas zu erzählen, das sie davon abhält, mit jemandem über ihren neuen Bekannten zu reden. Und dann bringt er sie um.«
    »Vielleicht erzählt er ihnen, er sei verheiratet oder so was«, sagte Lucas.
    »Trotzdem sollte man meinen …«
    »Ja. Irgendjemand sollte was darüber wissen.«
    Sie dachte einen Moment nach, sagte dann: »Wie auch immer, wir haben jedenfalls drei Frauen vom Friedhof identifiziert. Bleiben noch fünf übrig.«
    Für Lucas gab es im Moment nichts Spezielles zu erledigen, und er musste sich entscheiden, ob er zum Friedhof fahren sollte – wo es sicher kaum etwas für ihn zu tun gab – oder ob er sich wieder mit Papierkram beschäftigen sollte. Letzteres erschien ihm wenig attraktiv, und so machte er zunächst einmal einen Besuch bei Black im Morddezernat. Ein Sonnenstrahl zuckte draußen durch die Straßen.
    »Die Sonne scheint«, sagte er zu Black, als er sich wieder auf den Weg machte.
    »Nur heute«, sagte Black. »Am Wochenende regnet’s und schneit’s wieder.«
    Die Sonnenstrahlen nahmen ihm die Entscheidung ab. Noch vor dem Berufsverkehr hatte er die Stadt hinter sich gelassen und fuhr durch die von sonnigen Flecken aufgehellte ländliche Gegend. Noch waren die kalten Winterfarben vorherrschend, aber als er das Fenster ein Stück herunterließ, konnte er riechen, dass der Frühling nahte. An den nördlichen Schattenseiten der Hügel und Hecken um die Felder lag noch ein wenig Schnee, aber in den Straßengräben gurgelte das Schmelzwasser, und Farmer hatten ihre Traktoren aus den Schuppen geholt. Die Sonne schien wärmer als in den letzten zwei Wochen.
    Auf dem Friedhofhügel hatte sich vieles verändert. Er lag im Schatten der tief stehenden Nachmittagssonne, und die Erde unter den Eichen war ein einziger Matschsumpf, den Cops immer noch nach Knochen durchstöberten. Der Hügel, dachte Lucas, sieht aus wie eine alte sepiafarbene Fotografie von einer Schützengrabenlandschaft im Ersten Weltkrieg während einer Feuerpause – bis auf das Glitzern der blauen

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