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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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sondern
Automobile
.
    In L. A. hatte er einmal für eine Weile einen karmesinroten Jaguar gefahren – eine kurze Weile nur, bis ihm sowohl das Automobil als auch L. A. zu heiß geworden waren –, und er hatte den Namen des Wagens stets »Jag-u-war« ausgesprochen, was er einer Radio-Reklame entnommen hatte. Randy betrachtete sich irgendwie als schwarzen Zuhälter, obwohl er in Wahrheit ein weißer Junge aus einem heruntergekommenen Viertel von Minneapolis war. Diese Abstammung hielt ihn nicht davon ab, sich der Sprache der schwarzen Ghetto-Bewohner zu bedienen und Hiphop-Tänzchen aufzuführen, wenn ein wenig Crack durch seine Adern pulsierte.
    Randy war zweiundzwanzig Jahre alt, sah aber aus wie vierzig, mit tiefen Falten auf der Stirn, in den Augenwinkeln und auf den Wangen. Kokain, Speed, PCP – all dieses Zeug lässt einen nun mal schneller altern … Randy dealte mit Drogen, ließ ein paar Nutten für sich anschaffen gehen – und er war James Qatars Hehler.
    Randy tauschte Schmuck und andere Wertsachen – vor allem aber Handfeuerwaffen – in Chicago gegen Dope ein. Einen Teil der Drogen verkaufte er, den Rest konsumierte er selbst.
    Den gestohlenen Schmuck müsse er in Chicago für die Hälfte seines Wertes verkaufen, sagte Randy; die Leute in Chicago würden den Wert daran bemessen, was sie dafür erlösen konnten, und davon bekäme er dann die Hälfte. Demzufolge könne er, Randy, Qatar nur die Hälfte von dem geben, was er von den Leuten in Chicago bekäme – ein Achtel des Wertes. Qatar hielt das für unverschämt, aber so waren nun einmal die Gegebenheiten.
    »Bringen Sie mir Handfeuerwaffen statt diesem beschissenen Zeug, dann kriegen Sie gutes Geld von mir«, sagte Randy. »Nichts von dieser Schmuck-Scheiße kann eine gute Neun-Millimeter-Pistole aufwiegen.« Aber Qatar würde niemals eine Handfeuerwaffe anrühren: Mit Hilfe der modernen Methoden konnte man sie zu den Besitzern zurückverfolgen, und sie waren ganz allgemein eine Gefahrenquelle.
    Qatar hatte Randy durch einen recht unwahrscheinlichen Zufall kennen gelernt: Ein Marketing-Professor, der gern ein wenig Koks schnupfte, hatte die beiden bei einer Grillparty aus Anlass des Nationalfeiertages auf der hinteren Veranda seines Hauses zusammengebracht und dabei unverblümt den Hinweis fallen lassen, Randy sei sein »Freund aus dem kriminellen Milieu«. Qatar und Randy hatten eine recht komplizierte, vorsichtig abtastende Unterhaltung geführt, die schließlich darin gipfelte, dass Qatar fragte, ob Randy auch »inoffizielle« Schmuckverkäufe arrangieren könne.
    »Ja, das kann ich«, sagte Randy. »Ich habe da eine Connection nach Chicago.«
    »Aha, Chicago …«
    »Ja, dort sitzen meine Abnehmer«, sagte Randy.
    »Okay … Haben Sie eine Visitenkarte?«
    Randy runzelte die Stirn, und Qatar meinte, eine leichte Röte auf seinem Gesicht zu erkennen. »Meinen Sie, ich müsste so was haben?«
    »Nun, ich möchte vielleicht einmal mit Ihnen in Verbindung treten«, sagte Qatar. »Natürlich nicht wegen gestohlener Sachen, aber ich habe da einiges, das ich unauffällig loswerden möchte.«
    »Wenn diese Sachen nicht gestohlen sind, wären Sie ganz schön blöd, sie mir zu verkaufen. Sie könnten ja einfach damit zu einem Juwelier gehen. Und ’ne Menge mehr dafür kriegen.«
    »Ich muss das unter der Hand machen. Wenn ein Juwelier hier in der Stadt den Schmuck öffentlich zum Verkauf anbietet, könnten meine Schwiegereltern davon erfahren, und dann würde ich ganz schön in der Tinte sitzen.«
    Randy erkannte den Schwindel – natürlich war das Zeug geklaut! –, aber wenn Qatar es nicht zugeben wollte, war das sein Problem, nicht Randys. »Ich gebe Ihnen die Nummer meines Mobiltelefons«, sagte er. »Übrigens – wo kriege ich so ’ne Visitenkarte?«
    Als sie sich das nächste Mal trafen, besaß Randy Visitenkarten, und Qatar erhielt 1500,- Dollar für Schmuck, der von einer Frau aus Iowa stammte und dessen Wert er auf zehn- bis zwölftausend Dollar geschätzt hatte.
    Was Qatar nicht wusste: Randy unterhielt nicht wirklich eine Hehler-Connection nach Chicago. Er verkaufte das Zeug in den Straßen von Minneapolis, an jeden, der es haben wollte. Was Qatar nicht weiß, macht ihn nicht heiß, dachte Randy. Und außerdem, dieser Qatar konnte ihm doch scheißegal sein, oder?
    Qatar hatte Randy am Nachmittag angerufen und war zu einer Adresse in St. Paul, an der Selby Road, bestellt worden. Er komme aber erst spät nach Hause, hatte Randy gesagt. Nach

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